Moskau/Washington. US-Außenminister Rex Tillerson ist in Moskau kühl empfangen worden. Die Themen Syrien, Ukraine und Nordkorea bleiben weiter schwierig.

Gleich zu Beginn war die Stimmung geladen. „Wer hat Ihnen Manieren beigebracht?“, herrschte der russische Außenminister Sergej Lawrow amerikanische Journalisten an, die ihn vor dem Treffen mit seinem US-Amtskollegen Rex Tillerson mit Fragen bestürmten.

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war mit Erwartungen überfrachtet worden. Würde es eine Annäherung im Syrienkonflikt geben? Kann nach dem Giftgasangriff und dem amerikanischen Luftschlag in Syrien eine Eskalation verhindert werden? Schließlich sollte auch die Atomkrise in Nordkorea und der Dauerbrenner Ostukraine auf die Tagesordnung.

Wladimir Putin sieht deutlich abgekühlte Beziehung

Die Gespräche zwischen den Chefdiplomaten begannen am Mittwoch gegen 11 Uhr im Gästehaus des russischen Außenministeriums und endeten erst gegen 16 Uhr. Tillerson kehrte dann ins Hotel zurück. Am Abend empfing ihn Wladimir Putin im Kreml.

Zuvor hatte Putin bereits für einen atmosphärischen Klimasturz gesorgt. Die Beziehungen zwischen Russland und Amerika hätten sich seit dem Amtsantritt von Donald Trump deutlich abgekühlt. „Man kann sagen, dass das Vertrauensniveau auf Arbeitsebene nicht besser geworden ist, sondern eher schlechter, vor allem auf militärischer Ebene“, sagte der Präsident dem TV-Sender Mir. Russland ist einer der engsten Verbündeten des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Forderungen des Westens, Assad fallen zu lassen, wollen die Russen nicht nachgeben.

Auch Tillerson betonte die Verschlechterung des Verhältnisses der beiden Nationen. Die russisch-amerikanischen Beziehungen seien auf einem Tiefpunkt angelangt. Es gebe nur wenig Vertrauen, hatte Tillerson nach seinem Treffen mit Lawrow gesagt.

Putin erklärte allerdings Russlands Bereitschaft zu einer Normalisierung der zerrütteten Beziehungen. „Bei allen Problemen, das ist mein persönlicher Eindruck, gibt es nicht wenige Perspektiven zum Dialog“, sagte Außenminister Lawrow.

Putin drängt weiter auf Untersuchung des Giftgasangriffs

Zu dem Giftgasangriff in der Provinz Idlib vergangene Woche sagte Putin in dem TV-Interview, er sehe zwei mögliche Erklärungen. Entweder handele es sich um eine Inszenierung, um die syrische Führung zu diskreditieren. Oder die syrische Luftwaffe habe eine geheime Chemiewaffenfabrik getroffen. Russland verdächtigt syrische Rebellen, über Chemiewaffen zu verfügen.

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Eine UN-Resolution zum Giftgasangriff verhinderte Russland am Mittwochabend. Der Entwurf sah vor, die tödliche Attacke zu verurteilen und die syrische Regierung aufzufordern, mit Ermittlern zusammenzuarbeiten. Auf die Resolution hatten westliche Staaten gedrungen.

Bei einer Pressekonferenz hatte der Kremlchef jüngst die Vorwürfe, syrische Regierungstruppen hätten Giftgas gegen Zivilisten eingesetzt, mit den amerikanischen Behauptungen von 2003 verglichen, der irakische Machthaber Saddam Hussein sei im Besitz von Massenvernichtungswaffen – eine Behauptung von US-Geheimdiensten, die sich später als falsch herausstellte. Putin kritisierte, dass sich die Nato-Mitgliedsländer nach dem US-Angriff in Syrien hinter Trump gestellt hätten: „Sie nicken wie chinesische Götzenbilder.“

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    Russland ist für Amerika wieder Feind und Fallensteller

    Umgekehrt hatte das Weiße Haus seine Anschuldigung bekräftigt, Assad habe das Giftgas Sarin eingesetzt, Russland aber versuche, seine Schuld zu vertuschen. Trump nannte Assad in einem ABC-Interview „ein Tier“. Tillerson hatte vor seinem Abflug nach Moskau erklärt, entweder unterstütze Russland Amerika und seine Alliierten in Syrien, oder es stelle sich in eine Reihe mit Assad, dem Iran und der Hisbollah.

    Tillersons Aufgabe am Mittwoch war heikel: Er sollte ausloten, unter welchen Bedingungen Putin bereit wäre, Assad schrittweise fallen zu lassen und sich stattdessen mit Amerika auf einen konzertierten Kampf gegen das Terrornetzwerk „Islamischer Staat“ einzulassen. Was Tillerson aus der Heimat mitbrachte, konnte Putin nicht erfreuen. Russland ist für Amerika wieder Feind und Fallensteller. Und nicht, wie Trump im Wahlkampf laut und leichtgläubig geträumt hat: Waffenbruder.

    Rex Tillerson war zuletzt weitgehend unsichtbar

    Dass ausgerechnet Tillerson Assads Abgang fordert, Moskau bei der versprochenen Beseitigung von Giftgasdepots des Diktators Inkompetenz vorwirft und (mit dem Iran und Hisbollah) in Komplizenschaft mit dem Schlächter in Damaskus sieht, hätte man vor zehn Tagen kaum für möglich gehalten. Bis dahin war der von der Spitze des Weltkonzerns ExxonMobil ins Außenministerium gewechselte Texaner öffentlich mehr oder weniger ein politisches Neu­trum.

    Wo Vorgänger John Kerry und Vorvorgängerin Hillary Clinton von Minute eins an Amerikas Gesicht in der Welt sein wollten, machte sich der privat auf über 500 Millionen Dollar taxierte Geschäftsmann unsichtbar. Tillerson ignorierte, überhörte, kniff. Und ließ zu, dass sich die lupenreinen Militärs James Mattis (Verteidigungsminister), H. R. McMaster (Nationaler Sicherheitsberater) und der Strategie-Rasputin Stephen Bannon hinter den Kulissen als die Alphatiere der Außenpolitik gerieren konnten.

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