Paris. Frankreichs Präsidentschaftskandidaten debattierten im TV. Der parteiunabhängige Emmanuel Macron behält weiter seine Favoritenrolle.

Die Frage eines möglichen EU-Austritts polarisiert den französischen Präsidentenwahlkampf. Neben der Rechtspopulistin Marine Le Pen griffen bei einer TV-Debatte am Dienstagabend weitere Bewerber von links und rechts die Europäische Union scharf an. Sie wollen eine radikale Umgestaltung oder den Ausstieg aus der Gemeinschaft.

Der als Favorit gehandelte Sozialliberale Emmanuel Macron und der Konservative François Fillon verteidigten dagegen die EU-Mitgliedschaft.

Frankreich-Wahl: Darum reden alle nur über die Affären der Kandidaten

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    Schießen gegen die EU

    Der fast vierstündige Schlagabtausch aller elf Präsidentschaftskandidaten verdeutlichte die tiefen Gräben in der Europa-Frage. Ein großer Teil der Politiker trat stark EU-kritisch auf – allen voran Front-National-Chefin Le Pen, die im Fall eines Wahlsiegs ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft ansetzen will. Sie sprach sich für einen „intelligenten Protektionismus“ aus, um die wirtschaftlichen Interessen Frankreichs zu verteidigen.

    Der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon forderte eine Neuverhandlung der EU-Verträge: „Man muss die europäischen Verträge verlassen.“ Auch Kandidaten ohne Siegchancen wie Nicolas Dupont-Aignan, François Asselineau und Jacques Cheminade schossen gegen die EU.

    Die Kandidaten der Frankreich-Wahl

    Am 23. April wählen die Franzosen im ersten Wahlgang einen neuen Präsidenten. Gute Chancen rechnet sich Marine Le Pen aus.
    Am 23. April wählen die Franzosen im ersten Wahlgang einen neuen Präsidenten. Gute Chancen rechnet sich Marine Le Pen aus. © REUTERS | CHRISTIAN HARTMANN
    Die Vorsitzende des rechtsradikalen Front National (FN) und Tochter von Parteigründer Jean-Marie verfolgt eine antieuropäische Linie, vertritt Protektionismus und Fremdenfeindlichkeit und wirbt mit dem möglichen Austritt aus dem Euro.
    Die Vorsitzende des rechtsradikalen Front National (FN) und Tochter von Parteigründer Jean-Marie verfolgt eine antieuropäische Linie, vertritt Protektionismus und Fremdenfeindlichkeit und wirbt mit dem möglichen Austritt aus dem Euro. © REUTERS | JEAN-PAUL PELISSIER
    Steigende Chancen hat der parteilose Emmanuel Macron. Der wirtschaftsliberale, proeuropäische Kandidat will mit seiner Bewegung „En Marche!“ die traditionelle Spaltung des französischen Parteien in Rechts und Links überwinden.
    Steigende Chancen hat der parteilose Emmanuel Macron. Der wirtschaftsliberale, proeuropäische Kandidat will mit seiner Bewegung „En Marche!“ die traditionelle Spaltung des französischen Parteien in Rechts und Links überwinden. © REUTERS | GONZALO FUENTES
    Damit hat Frankreichs Ex-Wirtschaftsminister zurzeit gute Chancen auf den Sieg. Umfragen sehen Macron im ersten Wahlgang bei etwa 22 Prozent der Stimmen – und mit 64 Prozent als Sieger in der Stichwahl am 7. Mai.
    Damit hat Frankreichs Ex-Wirtschaftsminister zurzeit gute Chancen auf den Sieg. Umfragen sehen Macron im ersten Wahlgang bei etwa 22 Prozent der Stimmen – und mit 64 Prozent als Sieger in der Stichwahl am 7. Mai. © dpa | Christophe Ena
    Der frühere französische Premierminister François Fillon tritt für die Konservativen an. Doch der Wahlkampf läuft für ihn immer schlechter. Der 63-Jährige ist wegen der Affäre um die Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau und teure Maßanzüge als Geschenk mit Ermittlungen konfrontiert.
    Der frühere französische Premierminister François Fillon tritt für die Konservativen an. Doch der Wahlkampf läuft für ihn immer schlechter. Der 63-Jährige ist wegen der Affäre um die Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau und teure Maßanzüge als Geschenk mit Ermittlungen konfrontiert. © REUTERS | CHARLES PLATIAU
    Seine politischen Vorschläge bergen Sprengstoff. 500.000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sollen dem Rotstift zum Opfer fallen. Dies kommt in dem zentralistisch geführten Frankreich einer Revolution gleich. Der praktizierende Katholik hält zudem beispielsweise nichts davon, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren.
    Seine politischen Vorschläge bergen Sprengstoff. 500.000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sollen dem Rotstift zum Opfer fallen. Dies kommt in dem zentralistisch geführten Frankreich einer Revolution gleich. Der praktizierende Katholik hält zudem beispielsweise nichts davon, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren. © REUTERS | STEPHANE MAHE
    Der 65-Jährige Jean-Luc Mélenchon war drei Jahrzehnte Mitglied der Sozialisten und tritt für die Bewegung La France Insoumise (Das Frankreich der Widerspenstigen) an, deren Gründer er ist.
    Der 65-Jährige Jean-Luc Mélenchon war drei Jahrzehnte Mitglied der Sozialisten und tritt für die Bewegung La France Insoumise (Das Frankreich der Widerspenstigen) an, deren Gründer er ist. © REUTERS | GONZALO FUENTES
    Wie Le Pen sitzt Mélenchon im Europäischen Parlament. Sollte er gewählt werden, würde er 100 Milliarden Euro Schulden aufnehmen und sie in den Wohnungsbau und erneuerbare Energien stecken. Mélenchon liegt in Umfragen bei 18 Prozent.
    Wie Le Pen sitzt Mélenchon im Europäischen Parlament. Sollte er gewählt werden, würde er 100 Milliarden Euro Schulden aufnehmen und sie in den Wohnungsbau und erneuerbare Energien stecken. Mélenchon liegt in Umfragen bei 18 Prozent. © REUTERS | REGIS DUVIGNAU
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    Macron: „Nationalismus ist Krieg“

    Le Pen und Macron gelten derzeit als Favoriten für den ersten Wahlgang am 23. April. Für die Stichwahl am 7. Mai sehen Umfragen Macron bei einem Duell gegen Le Pen deutlich vorn.

    Der frühere Wirtschaftsminister Macron betonte, er habe „Europa im Herzen“ und griff Le Pen an: „Der Nationalismus ist Krieg.“ Auch der Konservative Fillon, in Umfragen auf dem dritten Platz, verteidigte Frankreichs Platz in der EU. „Wir brauchen Europa, um uns zu beschützen“, sagte er. Die Union müsse sich aber auf bestimmte strategische Ziele konzentrieren. Der Euro müsse so stark werden, dass er längerfristig die weltweite Vorherrschaft des US-Dollar brechen könne.

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    Emotionale Debatte über Terrorismus

    Der in Umfragen abgeschlagene sozialistische Anwärter Benoît Hamon stellte zwar die europäische Sparpolitik infrage, unterstützte aber grundsätzlich Europa.

    Hitzig wurde auch über den Kampf gegen Terrorismus diskutiert. Frankreich sei eine „Dschihadisten-Universität“, polterte Le Pen. „Wir müssen unsere Grenzen wiederbekommen. Denn es ist absolut unmöglich, gegen den Terrorismus zu kämpfen, wenn wir nicht wissen, wer in unser Land kommt.“

    Mélenchon kritisierte dagegen den seit den Terroranschlägen vom 13. November 2015 geltenden Ausnahmezustand: „Wir müssen aus dem permanenten Ausnahmezustand aussteigen.“

    Mélenchon, der Favorit

    Macron behält seine Favoritenrolle auch nach der zweiten Fernsehdebatte. Nach Meinung der Zuschauer präsentierte der ehemalige Wirtschaftsminister einer Umfrage zufolge in der vierstündigen Diskussion das beste politische Programm. Im Rennen um die überzeugendsten Argumente belegte Macron Platz zwei hinter dem Linken Jean-Luc Melenchon. Nach Angaben des Instituts Elabe hielten 25 Prozent der befragten Zuschauer ihn für den überzeugendsten Kandidaten, vor Macron (21 Prozent) und Fillon (15 Prozent).

    Die fünf aussichtsreichsten Kandidaten hatten bereits vor rund zwei Wochen im Fernsehen debattiert. Nun trafen in den Sendern BFMTV und CNews erstmals alle elf Kandidaten aufeinander. Unter ihnen sind auch zwei Anwärter der extremen Linken, Nathalie Arthaud von der Lutte Ouvrière (Arbeiterkampf) und der Ford-Arbeiter Philippe Poutou von der Nouveau Parti Anticapitaliste (NPA). (dpa/rtr)