Berlin. Die Koalition will Druck auf Maghrebstaaten ausüben und die Fußfessel für Gefährder einführen. Verfassungsrechtler sehen das kritisch.

Drei Stunden saßen die Minister Heiko Maas (Justiz, SPD) und Thomas de Maizière (Innen, CDU) am Dienstag zusammen und einigten sich auf Konsequenzen aus dem Fall Amri. „Wir fangen bei keinem Thema bei null an“, sagte Maas und deutete eine zügige Verabschiedung der Pläne im Bundestag an. Maßnahmen, für die de Maizière schon 2016 geworben hatte – nicht aber so drastisch wie jetzt.

Fußfessel für Gefährder

Die Regierung plant, im BKA-Gesetz die elektronische Fußfessel für „Gefährder“ einzuführen. Die Fußfessel sei kein „Heilmittel, aber sie wird unseren Sicherheitsbehörden die Arbeit erleichtern“, sagte Maas. Aus Sicht ihrer Befürworter ist die Fußfessel weniger einschneidend für die Freiheitsrechte des Verurteilten. Die Person kann trotz heftiger Einschränkungen ihren Alltag leben. Chancen auf eine Resozialisierung sind größer. Ein Gefährder weiß zugleich, dass sein Aufenthaltsort bekannt ist.

Experten warnen: diese Maßnahme widerspricht der Unschuldsvermutung, da Gefährder noch keine Straftat begangen haben. Dass die Fußfessel vor Terror schützt, ist zweifelhaft. Beim Attentat auf einen Priester in Frankreich im Sommer 2016 trug einer der beiden Täter eine Fußfessel. Auch der Einsatz dieser Maßnahme für ausreisepflichtige Ausländer soll vereinfacht werden.

So funktioniert eine elektronische Fußfessel

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    Strengere Abschiebehaft

    Bis zu 18 Monate kann die Abschiebehaft schon heute dauern, wenn ein abgelehnter Asylbewerber seine Zwangsausreise sabotiert. Nun soll sie ebenfalls für „Gefährder“ gelten. Zudem wird ein Hemmschuh beseitigt: Bisher kann die Haft nur verhängt werden, wenn die Abschiebung innerhalb von drei Monaten angestrebt wird. Das bedeutet nun, dass man ausreisepflichtige Gefährder auch inhaftieren kann, wenn das Herkunftsland keine Ausweispapiere liefert.

    Zugleich will der Bund das Ausreisegewahrsam von vier auf zehn Tage verlängern. Ausreisegewahrsam wird verhängt, wenn eine Abschiebung bereits feststeht.

    Druck auf Herkunftsstaaten

    Auf Herkunftsstaaten, die nicht bei der Abschiebung helfen, wollen beide Druck machen: durch Anreize, aber auch durch Sanktionen bei Wirtschaftsförderung, Visavergabe und Entwicklungshilfe. Streit mit Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) ist vorhersehbar. Müller nimmt die Maghrebstaaten Tunesien, Algerien und Marokko in Schutz. „Diese Länder leisten Enormes. Wenn wir sie destabilisieren, indem wir die Wirtschaftsbeziehungen kappen, dann werden Hunderttausende sich aufmachen in Richtung Europa“, sagte Müller.

    Grünen-Chef Cem Özdemir sprach sich für Handelserleichterungen für Staaten aus, die ihre Bürger zurücknähmen.

    Verschärfte Residenzpflicht

    Die Regierung will Auflagen zum Wohnsitz von Asylbewerbern verschärfen, die falsche Angaben zu ihrer Identität machen. Die Bewegungsfreiheit solle sich auf einen bestimmten Bezirk begrenzen, sagte Maas. Ein Verstoß gegen diese Art der Wohnsitzauflage solle als Straftat gelten.

    Die sogenannte Residenzpflicht war vor dem großen Andrang von Geflüchteten seit dem Sommer 2015 weitestgehend abgeschafft worden. Mittlerweile haben einige Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg die Wohnsitzauflage wieder eingeführt, andere Länder hatten dies zuletzt geplant.