Karlsruhe/Berlin. Kein Haftbefehl gegen Tunesier: Der Mann wurde am Mittwoch als möglicher Komplize des mutmaßlichen Berlin-Attentäters festgenommen.

Der am Mittwoch in Berlin als möglicher Komplize des mutmaßlichen Weihnachtsmarkt-Attentäters von Berlin festgenommene Tunesier kommt wieder frei. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe teilte am Donnerstag mit, sie habe keinen Haftbefehl gegen den 40-Jährigen beantragt.

Der 24-jährige Anis Amri war den Ermittlungen zufolge am 19. Dezember mit einem Lastwagen in den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche in Berlin gefahren. Zwölf Menschen starben, 55 wurden verletzt. Auf seiner Flucht wurde Amri am 23. Dezember in Mailand von Polizisten erschossen.

Fluchtweg führte auch über Niederlande

Nach aktuellem Ermittlungsstand war Amri über die Niederlande nach Frankreich und weiter nach Italien gereist, sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft weiter. Darauf habe ein Zugticket hingewiesen, das bei Amri gefunden wurde. Zudem habe er eine SIM-Karte bei sich gehabt, die vor Weihnachten in den Niederlanden kostenlos ausgegeben wurde.

Das Video, in dem der mutmaßliche Attentäter sich zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekennt, ist nach Angaben der Bundesanwaltschaft authentisch. Amri sei den Ermittlungen zufolge der Mann in dem Clip, sagte die Sprecherin.

Clip könnte in Deutschland aufgenommen worden sein

Das IS-Sprachrohr Amak hatte vier Tage nach dem Anschlag, am 23. Dezember, das Video veröffentlicht. Auf der knapp dreiminütigen Aufnahme schwört Amri dem Anführer der IS-Miliz, Abu Bakr al-Bagdadi, die Treue. Er richtet sich dabei an die „Kreuzzügler“: „Wir kommen zu Euch, um Euch zu schlachten, Ihr Schweine.“

Es werde Rache für das Blut von Muslimen geben, das vergossen wurde. Dabei steht Amri offensichtlich auf einer Brücke. Hinter ihm ist ein Gewässer zu sehen. Die Aufnahme könnte in Deutschland entstanden sein.

Weitere ballistische Untersuchungen nötig

Die Bundesanwaltschaft teilte weiter mit, dass das Kaliber der Waffe, mit dem Amri in Italien auf Polizisten geschossen hatte, das gleiche sei wie das der Waffe, mit der ursprüngliche Lkw-Fahrer im Führerhaus erschossen wurde. Ob das Projektil im Lkw aus der selben Waffe stamme, müsse aber noch genauer ballistisch untersucht werden. Ein Abdruck des Projektils sei für weitere Untersuchungen an die italienischen Behörden übermittelt worden.

Der Todeszeitpunkt des polnischen Fahrers, mit dessen Lkw der Anschlag verübt wurde, konnte laut Bundesanwaltschaft noch nicht genau festgestellt werden. Nach dem vorläufigen Obduktionsbericht bestehe „eine zeitliche Nähe“ zum Anschlag, informierte die Sprecherin. Messerstiche seien nicht festgestellt worden. Die genaue Klärung des Todeszeitpunkts erfolge mit dem abschließenden Obduktionsbericht Mitte Januar.

Die Todes-Route des Lkw

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    Bundesanwaltschaft setzt Ermittlungen weiter fort

    Der Lastwagen sei durch ein automatisches Bremssystem gestoppt worden. Er sei dadurch nach etwa 70 bis 80 Metern zum Stehen gekommen, wodurch „noch schlimmere Folgen“ ausgeblieben seien, sagte die Sprecherin zudem. Die Ermittlungen zu Hintermännern und Mitwissern liefen „mit unverminderte Intensität weiter“, sagte die Sprecherin zum Abschluss der Pressekonferenz.

    Amri stand offenbar schon länger im Fokus der Ermittlungsbehörden. Nach Informationen von „Süddeutscher Zeitung“, NDR und WDR wurde im Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) in Berlin zwischen Februar und November 2016 mindestens siebenmal über Amri gesprochen. Behördenunterlagen, die nur fünf Tage vor der Tat entstanden, würden seinen Werdegang in Deutschland beschreiben. (rtr/dpa/jkali)

    Trauer um die Opfer der Todesfahrt

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