Berlin. Joko und Klaas lassen „Circus HalliGalli“ ruhen. Neue Ideen haben die beiden aber längst. Ein Gespräch über Fernsehen und Freundschaft.
Noch ein paar Wochen, dann ist Schluss mit „Circus HalliGalli“. Seit 2013 moderieren Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf die Sendung, die vorher als „neoParadise“ (ZDFneo) und „MTV Home“ (MTV) eigentlich nur andere Namen hatte und auf dem Weg zu ProSieben immer größer geworden ist.
Das Fernsehen lässt sie nicht los. Auch wenn Joko und Klaas diebische Freude daran haben, altgediente Formate wie zuletzt die Verleihung der „Goldenen Kamera“ durcheinander zu bringen. Wir treffen die beiden in Berlin. Joko kommt perfekt gekleidet, Klaas trägt eine Baseballkappe, die er bis zum Ende des Gesprächs nicht abnehmen wird.
Schön, dass Sie beide selbst kommen konnten und kein Double geschickt haben.
Joko Winterscheidt: Es war uns ein Anliegen.
Aber was haben Sie mit Ihren Haaren gemacht, Herr Heufer-Umlauf?
Klaas Heufer-Umlauf: Das musste ich. Das war keine persönliche Entscheidung, deshalb auch die Kappe. Ich spiele als Gast in einer NDR-Comedy-Serie mit, die heißt „Jennifer – Sehnsucht nach was Besseres“. Da gehe ich gewissermaßen zurück in mein altes Leben und spiele einen abgebrochenen Ex-Promi, der zurück in seinen alten Beruf geht und wieder als Frisör arbeitet. Das habe ich ja auch mal gelernt.
Und? Müssen Sie auch schneiden in der Rolle?
Heufer-Umlauf: Ja, muss ich auch. Geht sogar noch. Ich schneide einigen Freunden sowieso immer die Haare. Da kann man nicht so viel falsch machen und üben.
Schneiden Sie auch Joko die Haare?
Heufer-Umlauf: Nein, Joko lässt mich nicht ran.
Winterscheidt: Na, wenn du ohnehin nur Freunden die Haare schneidest, bin ich ja eh raus.
Heufer-Umlauf: Dabei war mein Abschluss damals echt gut. Ich hatte eine Eins in der Theorie und eine Zwei in der Praxis. Allerdings auch eine Fünf in der Dauerwelle.
Woher kennen Sie sich eigentlich?
Winterscheidt: Wir haben uns bei MTV/Viva kennengelernt. Wir saßen uns gegenüber, haben uns unterhalten und irgendwann zu einem Video-Abend verabredet.
Heufer-Umlauf: Wir haben einen Helge-Schneider-Film angeschaut.
Winterscheidt: Ja, stimmt. Wir haben uns kaum unterhalten, sondern nur den Film geschaut, Bier getrunken – und dann bin ich gegangen. Da wusste ich: Das ist ein spezieller Typ, aber gut und liebevoll in seiner Art. Richtig zueinander gefunden haben wir, als wir die erste Sendung miteinander gemacht haben.
Ein klassischer Fall von: „Das hat sich entwickelt zwischen uns“?
Winterscheidt: Auf jeden Fall. Ich kann gar nicht sagen, ob wir beste Freunde sind oder gar keine Freunde, ob wir uns lieben oder hassen. Wir haben uns aneinander gewöhnt. Wenn wir uns ein paar Wochen nicht sehen, dann vermisse ich ihn aber.
Das ist dann wohl eher sowas wie Liebe.
Heufer-Umlauf: Ich habe das schon mal gesagt, aber Joko ist der Bruder, den ich mir nie gewünscht habe. Bei Geschwistern stellt man ja auch nicht infrage, ob man sich mag oder nicht, man gehört halt irgendwie zusammen und wenn sie nicht da sind, vermisst man sie.
Es scheppert auch schon Mal?
Klaas Heufer-Umlauf: Im Fernsehen schon, ja. Darüberhinaus nicht.
Winterscheidt: Ganz selten.
Heufer-Umlauf: Ich bin irgendwann mal bei einem Festival mit deinem Mietwagen abgehauen, weil ich früher ins Hotel wollte. Da warst du richtig sauer. Das ist aber auch schon acht Jahre her oder so.
Der Werdegang von Joko und Klaas
Winterscheidt: Du hast damals gesagt, du brauchst meinen Autoschlüssel, weil du dich ins Auto legen willst zum Schlafen. Als ich dann drei Stunden später zum Parkplatz kam, warst du weg.
Klingt ja überwiegend harmonisch.
Heufer-Umlauf: Wir machen das ganz gut, finde ich auch. Joko hat mir sogar angeboten, dass er mich bei sich im Garten beerdigt, falls ich vor ihm sterben sollte.
Winterscheidt: Ich würde natürlich ein Start-Up daraus machen. So ein großes Grab, wie es sich Klaas vorstellt, ist nämlich recht kostenintensiv. Deshalb würde ich da einen Pott hinstellen, da können die Leute dann Geld reinwerfen, wenn sie das Grab besuchen. Wie eine Klo-Frau, nur eben vor einem Grab. Ich glaube, davon könnte ich leben.
Bis es soweit ist: Treffen Sie alle Entscheidungen gemeinsam?
Heufer-Umlauf: Bei uns gibt es ein Vetorecht. Wenn einer nein sagt, dann muss der andere das akzeptieren, ohne zu meckern.
Die Entscheidung, „Circus HalliGalli“ im Sommer nach neun Staffeln zu beenden, war das eine gemeinsame? Gab es da einen Punkt, an dem klar war: Es reicht jetzt?
Winterscheidt: Das war eher eine Genese. Wir wussten von Anfang an, dass sich unsere Idee irgendwann mal auserzählt hat. Dann kam der Punkt, an dem wir gemerkt haben: Das ist tatsächlich so. Ich wollte nicht irgendwann sagen müssen, das ist nicht mehr meine Sendung, sondern nur noch ein Job.
Heufer-Umlauf: Das war irgendwie total erwachsen. Wir haben ja damals nicht angefangen, weil wir einen sicheren Job wollten oder Planungssicherheit für die nächsten 20 Jahre. Da hätte ich auch Frisör bleiben können. Es muss sich auch was ändern.
Und es hat nichts damit zu tun, dass Sie sich gegenseitig auf den Wecker gegangen sind?
Heufer-Umlauf: Nein, wirklich nicht. Man darf nicht den Fehler machen und sich ständig außerhalb der Arbeit anrufen und treffen.
Winterscheidt: Das ist tatsächlich das Geheimnis. Wir machen privat kaum was miteinander, weil wir uns beruflich ja ständig sehen.
Was kommt denn jetzt als nächstes?
Heufer-Umlauf: Wir haben ja noch andere Formate, die es weiter geben wird. Und gerade entwickeln wir eine neue Samstagabend-Show für ProSieben.
Worum geht es da?
Heufer-Umlauf: Nur so viel: Das kann sehr spannend werden und wird nochmal ganz andere Leute ansprechen als „Circus HalliGalli“.
Also weniger Nische, sondern mehr Mainstream? Familienfernsehen?
Heufer-Umlauf: Ich denke, dass das Format mehr Leute vereint. Das ist eine Show, die das leistet, was wir mit unserer Fernseh-Prägung von so einer Sendung erwarten. Da muss jetzt nicht Hugh Grant zu Gast sein oder Phil Collins singen, aber am Samstagabend hat man den Anspruch, familienorientierte Unterhaltung zu machen.
Es wird also zahmer?
Winterscheidt: Nein, das wird es nicht, es wird hart bleiben.
In der „Besten Show der Welt” hat jeder von Ihnen pro Sendung vier Show-Ideen, über die das Publikum abstimmt. Im Rest des Fernsehens gibt es kaum Show-Innovationen. Wie kommt das eigentlich?
Heufer-Umlauf: Zum einen hat das was mit der Nachfrage zu tun. Wenn alte Formate gut funktionieren, die Erfolge messbar sind, dann macht man da eben weiter. Ich bin kein Fan davon, das deutsche Fernsehen zu verurteilen. Man muss halt akzeptieren, dass es unterschiedliche Geschmäcker gibt.
Die große Samstagabend-Show ist Ihnen also wichtig. Dabei könnte man ja meinen, Sie brauchen das Fernsehen gar nicht, weil Sie im Internet Ihre Zuschauer auch erreichen.
Heufer-Umlauf: Diesen Konkurrenzkampf muss man noch gar nicht führen, glaube ich. Fernsehen darf als Medium nicht unterschätzt werden. Bis sich die Gesellschaft so sehr verändert, dass das lineare Fernsehen abgeschafft wird, vergeht noch eine ganze Weile. Für viele ist das Gewohnheit und auch Teil des Zuhause-Seins.
Winterscheidt: Es ist doch so: Nur weil es Streaming-Dienste gibt, hören wir ja nicht auf, Fernsehen zu schauen, das Angebot wird eben größer. Bei einer gut gemachten Samstagabend-Show im Fernsehen kriegt man die Zuschauer auch heute immer noch.
Sie wurden jahrelang als die Hoffnung des deutschen Fernsehens gehandelt. Wie war das für Sie?
Heufer-Umlauf: Ehrlicherweise war das oft auch einfach ein Mangel an Alternativen. Viele Sender haben sich nicht um Nachwuchs gekümmert. Die einzigen, die vom sinkenden Schiff MTV/Viva gesprungen sind, das waren wir.
Fehlt also eine Talentschmiede wie es MTV und Viva waren?
Heufer-Umlauf: Ja, auf jeden Fall. Ich hatte am Sonntag meinen letzten Tag als Zivi im Krankenhaus und habe am Montag meine erste Livesendung moderiert. Das gab es woanders nicht. Wir konnten uns ausprobieren und auch mal schlecht sein, ohne dass es viele Leute mitbekommen haben.
Sie konnten sich damals relativ unbemerkt entwickeln, Fehler machen, einfach loslegen. Das ist heute in Zeiten von Twitter, Facebook und Snapchat nicht mehr so einfach. Was hat das verändert?
Winterscheidt: Als wir anfingen, waren die sozialen Medien zum Glück noch nicht so weit. Es ist viel schwerer geworden. Heute bekommt man sofort eine Hasstirade an Kommentaren ab. Egal, ob die Sendung gut oder schlecht war. In der heutigen Zeit würde ich nicht nochmal anfangen wollen.
Die Stars bei der Goldenen Kamera
Als Anfänger hätten Sie sich so eine Aktion wie bei der Goldenen Kamera wohl auch sicher nicht getraut.
Heufer-Umlauf: Stimmt. Wir wollten das Ding jetzt einfach haben. Wir waren nicht nominiert und das war die letzte Chance, mit „Circus HalliGalli“ ausgezeichnet zu werden, bevor wir aufhören im Sommer.
Winterscheidt: Wir wurden einfach vergessen – und jetzt vergisst uns niemand mehr.
Heufer-Umlauf: Wir waren bereit, für die Goldene Kamera recht weit zu gehen. Wir wollten einen Witz machen, leider ist uns das Ding in der Hand explodiert. Das passiert uns ab und zu.
„Die Beste Show der Welt“, 22. April, ProSieben, 20.15 Uhr