Frankfurt a.M. Über Fake News wird derzeit viel diskutiert. Aber falsche Meldungen sind schon viel länger ein Thema. Manche hatten dramatische Folgen.

Papst Franziskus unterstützt Donald Trump im US-Wahlkampf. Die Grünen-Politikerin Renate Künast fordert in einem Zeitungsinterview Verständnis für einen Asylbewerber, der im Verdacht steht, eine junge Frau getötet zu haben. Der Keller einer Pizzeria in Washington ist die Zentrale eines von Hillary Clinton gesteuerten Kinderpornorings. Diese Nachrichten kursierten in den vergangenen Monaten in sozialen Netzwerken. Alle waren falsch.

Im Internet erreichen sogenannte Fake News oft eine hohe Reichweite – häufig verstärkt von Social Bots, also Fake-Accounts, die von einer Software gesteuert automatisierte Posts absetzen. In Deutschland wird seit einigen Wochen über den richtigen Weg diskutiert, um Fake News zu bekämpfen.

Klatschzeitschriften veröffentlichen immer wieder Falschmeldungen

Falschmeldungen sind jedoch kein reines Netzphänomen. Klatschzeitschriften etwa, die in Deutschland immerhin einige Millionen Leser erreichen, haben mit Blick auf die Verbreitung von Tatsachen einen wenig verlässlichen Ruf. Regelmäßig müssen sie Texte im Nachhinein schwärzen.

So auch die „Freizeitwoche“ vor wenigen Monaten. Hollywood-Schauspielerin Sandra Bullock hatte eine einstweilige Verfügung gegen eine der auflagenstärksten deutschen Frauenzeitschriften erwirken lassen. Die hatte ein Interview mit der Schauspielerin veröffentlicht, in dem Bullock vermeintlich von ihrem neuen Freund schwärmte. Laut ihrer Anwältin hat sich die Schauspielerin jedoch nie mit der „Freizeitwoche“ darüber unterhalten.

Schauspielerin Sandra Bullock wehrte sich gegen ein gefälschtes Interview.
Schauspielerin Sandra Bullock wehrte sich gegen ein gefälschtes Interview. © imago/United Archives International | imago stock&people

Bisons und Einhörner auf dem Mond

Schon immer fürchteten Journalisten die „Zeitungsente“: Eine Nachricht, die schlecht recherchiert und deshalb falsch ist – oder bewusst gestreut wird, um falsche Tatsachenbehauptungen in die Welt zu setzen. Falsche Nachrichten blicken auf eine lange Historie zurück.

Im August 1835 veröffentlicht die „New York Sun“ Bilder vom Mond. Grasende Bisons und Einhörner sind darauf zu sehen, Fledermausmenschen schweben durch die Luft. Die Zeitung beruft sich auf angebliche Beobachtungen des Astronomen John Herschel und bekommt große Aufmerksamkeit. Baptistische Missionare fordern gar, den Mondbewohnern das Evangelium näher zu bringen. Nach sechs Artikeln ist der „große Mond-Schwindel“ vorbei.

Wie erkenne ich Fake News?

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    Kunstbetrieb reagierte begeistert auf erfundenen Künstler

    Am 1. April 1998 sorgt der schottische Autor William Boyd in der Kunstwelt für Aufregung. Boyd präsentiert in einer New Yorker Galerie seine Biografie des Malers Nat Tate, in der auch Kunstwerke und Fotografien des „vergessenen Genies“ abgedruckt sind. Größen aus Kunst und Medien zeigen sich begeistert über Tate, der nach seinem Selbstmord 1960 in Vergessenheit geraten war. Sie fallen herein auf Boyd, der mit der vermeintlichen Biografie eines erfundenen Künstlers und von ihm selbst gemalten Bildern dem Kunstbetrieb den Spiegel vorhalten wollte.

    Einige Falschmeldungen waren jedoch weit folgenreicher als bloße Scherze. Am 30. Juli 1914 ist die Lage in Europa angespannt. Nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand schlittert der Kontinent einem Krieg entgegen. Der russische Zar Nikolaus II. zögert noch, seine Truppen endgültig gegen das Deutsche Reich in Stellung zu bringen. Teile der Armee hat er schon mobilisiert.

    Mann machte Falschaussage zu Waffenarsenal des Iraks

    Journalisten erwarten nun eine Reaktion von Kaiser Wilhelm II. Der „Berliner Lokal-Anzeiger“ will nicht warten und lässt ein Extrablatt drucken – mit der falschen Nachricht, Wilhelm habe die sofortige Mobilmachung der Truppen befohlen. Obwohl die Zeitung später einen Rückzieher macht, ist die Nachricht in der Welt. Nikolaus II. ordnet die Generalmobilmachung an.

    Im Jahr 2000 treffen Agenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) den Informanten „Curveball“. Der irakische Flüchtling, ein Chemiker, berichtet von mobilen Biowaffen-Laboren in seinem Heimatland, erfindet einen gefährlichen Giftunfall. Der BND reicht die Information weiter an ausländische Partner, auch an den US-Geheimdienst CIA.

    Drei Jahre später wird die US-Regierung die Informationen von „Curveball“ vor der UN-Generalversammlung präsentieren – als Beweis für die Notwendigkeit der geplanten Invasion im Irak. Einen Diktator mit Massenvernichtungswaffen muss man mit allen Mitteln stoppen, schreiben nun auch renommierte US-Medien wie die „New York Times“. Aber die Information war falsch, „Curveball“ hatte gelogen, um dem Diktator Saddam Hussein zu schaden, wie er später einräumte. (epd)