Berlin. „Sing meinen Song“ ist vorbei. Das große Finale ist für einen Musiker jedoch erst der Anfang – für eine potenzielle Zweitkarriere .

Mann stelle sich vor: Barbara Schöneberger, Markus Lanz und Florian Silbereisen sitzen Dienstagabend zusammen auf dem Sofa. Flori hat auf Vox gezappt, es läuft das Finale von „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“. Das Trio ist fasziniert: „Schau mal, Babsi“, ruft Lanz, er rückt den Schlips zurecht. „Der Mark Forster, der macht das gar nicht schlecht.“ Babsis blaue Augen, groß wie Murmeln, schauen angestrengt zum Fernseher. „Und singen kann er auch noch!“, flüstert Flori, ganz in sich zusammengesackt. Hat sich da etwa gerade ein Moderationstalent ins TV-Scheinwerferlicht geschummelt?

Denn obwohl in der letzten Sendung der Staffel eigentlich The BossHoss im Mittelpunkt stehen sollten – so richtig gefeiert wird Mark Forster. Der 33-Jährige hat, lässig in Jeansjacke und mit Käppi, die Moderation der Rock’n’Roll-Country-Kompagnons übernommen und macht seine Sache super! Die Kollegen johlen bei jeder geschickten Überleitung, jauchzen, wenn Forster das Wort ergreift. Sieh an, der Sänger kann auch Moderator.

Songfindung war ein langer Weg

Und, na klar, Alec Völkel (45) und Sascha Vollmer (45) gehen selbstredend nicht unter. Schließlich dürfen sie zum Staffelfinale endlich auch ihre Band-Geschichte zum Besten geben. Dabei gestaltet sich das Erzählen, wie sich die beiden in einer Berlin-Kreuzberger Grafik-Agentur kennenlernten und erst mit 30 ihren Traum vom Rocker-Leben beginnen, als weitaus einfacher als die eigentlichen Höhepunkte der Show.

Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß.
Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß. © VOX / Markus Hertrich | VOX / Markus Hertrich

Denn mit dem Musik-Stil des Duos, einer Mischung aus Rock und Country, können die Kollegen so erstmal gar nichts anfangen. „Das Einzige, was Silbermond und The BossHoss gemeinsam haben, sind die Gitarren“, gibt Silbermond-Frontfrau Stefanie Kloß (32) ohne mit den Mascara-bepinselten Wimpern zu zucken zu. Den richtigen Song zu finden, sei dementsprechend „ein langer Weg der Erkenntnis“ gewesen.

Ihre Interpretation von „Liberty Of Action“ aus dem Jahr 2011 erinnert laut Vollmer zwar eher an Lenny Kravitz. Aber gut: Silbermonds BossHoss-Beitrag ähnelte dem Original noch am ehesten (Hallo, Ukulele für den „Song des Abends“!).

Sascha Vollmer von Lenas Auftritt gerührt

Lena (26) krempelt ihren Song dagegen völlig um. Die ESC-Siegerin entscheidet sich für den BossHoss-Titel „Break Free“ von 2009. Warum? „Weil die Lyrics hammermäßig geil sind“ und natürlich, viel entscheidender, weil Lena in dem Stück eine Symbiose aus ihrem Song „Crystal Sky“ und ein wenig Lana Del Rey erkennt. Bescheidenheit ist eine Tugend, aber Textzeilen drüber, hat se jut jemacht.

Lena sang den BossHoss-Song „Break Free“.
Lena sang den BossHoss-Song „Break Free“. © VOX / Markus Hertrich | VOX / Markus Hertrich

Tja, wenn nur die Lacklederhose noch mehr glänzt als der eigene Auftritt, dann kommt die (zweite) Ukulele für den „Song des Abends“ wie – zurecht – gerufen. Da klappt selbst Papabär Moses Pelham die Kinnlade runter. Und Sascha Vollmer ist sowieso gerührt: „Meine Tochter ist ein Lena-Fan, und jetzt singst du einen Song von Papa.“ Schnief.

Stimmung bleibt ausgeruht

Wobei: Geschnieft haben die Musiker in diesem Finale so wenig wie in keiner Folge zuvor. Auch wenn Neu-Moderator Forster „eine Partynacht“ verspricht, bleibt die Stimmung ausgeruht. Daran kann auch Gentleman (43) nur kurzfristig etwas ändern. Er verwandelt den BossHoss-Titel „Today Tomorrow Too Long Too Late“ von 2015 in seine ganz eigene Version: Er holt die Reggae-Roots raus, schreibt die Strophen neu, rockt die Bühne. Die Kollegen stehen, noch bevor er die ersten Silben singt. Moses Pelham: „So nice, play twice“. Michael Patrick Kelly: „Gentleman hat mich voll abgeholt heute.“

Was die Kollegen wiederum auch von ihm behaupten können. Denn der Kelly-Family-Veteran schmettert die „heimliche BossHoss-Hymne“, den Titel „Stallion Bataillon“ von 2007, als habe er die Musik gerade erst für sich entdeckt. „Ich habe mich einfach in den Song verliebt“, erzählt der 39-Jährige, der mit BossHoss die Leidenschaft für Lederjacken und E-Gitarren teilt. Und sogleich liefert der Ire das volle Programm: Headbanging, Wasserdusche, ein hohes C (und was für eins). Völkel: „Was für ein Rockbrett! Das mit dem Wasser gucke ich mir ab!“

Alec Völkel (l.) und Sascha Vollmer von The BossHoss standen in dieser Folge im Mittelpunkt.
Alec Völkel (l.) und Sascha Vollmer von The BossHoss standen in dieser Folge im Mittelpunkt. © VOX / Markus Hertrich | VOX / Markus Hertrich

Ob sich die BossHoss-Genossen auch vom Stil eines Moses Pelham inspirieren lassen, sei mal dahingestellt. Die „Sex on Legs“-Version des Glashaus-Produzenten finden sie in jedem Fall famos – nicht zuletzt, weil der 46-Jährige in den Refrain seine eigenen Initialen einbaut. Kann ein Rapper mit Kangoo- statt Cowboy-Hut schon machen. Sowieso hat sein Song total „geflowt“ (Denglisch-Expertin Lena).

Forster macht Schöneberger und Co. Konkurrenz

Und damit noch einmal zum Ober-Flower des Abends, Mark Forster, Multitalent und Charme-Bolzen Numero uno. Auch für ihn sei die Auseinandersetzung mit den Stücken von BossHoss „eine musikalische Herausforderung“ gewesen. Er habe eher andere Gemeinsamkeiten mit der Band der beiden Familienväter festgestellt: „Mit neun Jahren wollte ich beim Fasching das erreichen, was ihr heute seid: die berühmtesten Cowboys Deutschlands werden.“

Na ja, Mann kann ja nicht alles können, zumal Forster – siehe da – auch noch ein Talent für das Übersetzen und Neu-Interpretieren englischsprachiger BossHoss-Texte besitzt. Er schreibt den Hit „A Cowboy’s Work Is Never Done“ von 2015 kurzerhand um – und holt die Truppe einmal mehr von der Couch. Alec: „Wir hätten nicht erwartet, dass der Text auf Deutsch so eine Kraft hat.“

Eine gewisse Kraft geht am Ende einer erfolgreichen „Sing meinen Song“-Staffel übrigens auch von den „Mark!“, „Mark!“, „Mark!“-Sprechchören aus. Obacht, Frau Schöneberger, Achtung, Herr Lanz, Herr Silbereisen. Die Konkurrenz schläft nicht. Schon gar nicht am Dienstagabend.