Berlin. Bei „Sing meinen Song“ dreht sich am Dienstag alles um Lena Meyer-Landrut. Dabei gibt die ESC-Siegerin ganz neue Seiten von sich preis.

Sehr geehrter Herr Franz Beckenbauer, sollten Sie, aus welchen Fußball-Gründen auch immer, am Dienstagabend nicht vor dem Fernseher gesessen haben, sei Ihnen eines gesagt: Sie haben da was verpasst. Während Sie nämlich Ihre ganze Aufmerksamkeit dem Ballsport gewidmet haben, ist auf VOX Ihr Name gefallen. Nur in einem positiven Zusammenhang, versteht sich.

In der jüngsten Folge von „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“, bei dem Künstler die Lieder ihrer Kollegen interpretieren, stand nämlich Lena im Vordergrund, Lena Meyer-Landrut. Und falls Sie dachten, ach, das ist doch die Pop-Prinzessin, die den Eurovision Song Contest gewonnen hat, dann heißt es: Richtig (ESC) und falsch (Pop-Prinzessin). Denn, holla, was aus ihr geworden ist – „der Franz Beckenbauer der Popmusik“. Behauptet zumindest Sänger und Tauschkonzert-Gast Mark Forster, und, Herrschaftszeiten, hat er damit recht. Und das ist gar nicht selbstverständlich.

Lena wurde lange Zeit unterschätzt

Denn zu Beginn der Sendung geben Lenas Kollegen gerne zu, dass auch sie die 26-Jährige lange Zeit unterschätzt haben. Glashaus-Produzent Moses Pelham (46) zeigt sich „positiv überrascht“ von ihrem letzten Album – „es könnte auch von Rihanna stammen“. Der Vergleich mit einer der kommerziell erfolgreichsten Sängerinnen der Welt? Na wenn das keine Ansage ist.

„Sing meinen Song“: So emotional waren die Dreharbeiten wirklich

weitere Videos

    Und auch Michael Patrick Kelly (39), anno dazumal als „Paddy“ unterwegs, „wusste nicht, dass sie eine so großartige Künstlern ist“. Da hat sich der Gute wohl mächtig in unserer Lena geirrt. Aber Schwamm drüber, hat er gleich wieder gut gemacht mit seiner herausragenden Darbietung von „Traffic Lights“.

    Michael Patrick Kelly erfindet neue Stilrichtung

    Begleitet von einer irischen Flöte und einer Geige transferiert der Sohn der berühmten Musikerfamilie den Song in die Stilrichtung des „Irish Grunge“, die sich Kelly kurzerhand selbst ausdenkt. Lena gefällt’s: „I’m dying!“ (Sonst hat sie sich mit dem Denglisch sehr zurückgehalten). Und tatsächlich stehen ihr schon die Tränen in den Augen, da hat Kelly noch keine Silbe gesungen.

    Aber so kennen – und lieben – es die Zuschauer. „Sing meinen Song“ ist auch in seiner jüngsten Folge ein Abend für Fans guter, echter Musik. Für Menschen, die für Künstler brennen, die etwas von ihrem Fach verstehen. So wie inzwischen auch Lena, die, heute auch als Model und Synchronsprecherin unterwegs, gar keine Sängerin, sondern lieber „Unterhalterin“ werden wollte.

    Lena: „Ich war fucking 18“

    Weswegen sie nach dem Erfolg in Oslo 2010 auch ganz schön mit sich und ihrer Musik zu hadern hat. „Ich war fucking 18, als ich den ESC gewonnen habe. Ich war on top of my feelings“ (Ha, da war es dann doch wieder, der feine Mix aus Mutter- und Fremdsprache). Ihre ersten beiden Platten möge sie deswegen auch weniger, „sie sind nicht aus meinem Herzen“.

    Haben ihre Musiker-Freunde verstanden und sich bei „Sing meinen Song“ fast ausschließlich bei Titeln der jüngeren Vergangenheit bedient. Stefanie Kloß (32), Frontfrau von Silbermond, schickt „Stardust“ (2012) in die Country-/Folk-Ecke und treibt mit ihrer Darbietung sogar Mark Forster „das Pipi in die Augen“. Watt is et wieder schön. Und kein Gefühlsende in Sicht: Denn der 33-Jährige versucht sich an dem Lena-Klassiker schlechthin, und wie könnte dieser anders lauten als „Satellite“?

    Forster macht aus „Satellite“ einen „todtraurigen“ Song

    Aber, Forster wäre nicht Forster, wenn er den Titel nicht komplett auf den Kopf stellen würde. „Aus dem positiven, fröhlichem Lied will ich ein todtrauriges machen.“ Den britischen Akzent (hat Lena von ihrem Englischlehrer adaptiert) lässt er, ein Glück, weg – und gleich entsteht eine Ohrwurm-Nummer für die Ewigkeit. Lena: „Boah, ist das heftig.“ Das ist es allerdings.

    So wie übrigens auch der Auftritt von Lena selbst, vielleicht der emotionalste Moment des ganzen Abends. Ungewohnt offen äußert sich die 26-Jährige zu den Beweggründen für ihren neuesten Titel „If I Wasn’t Your Daughter“. Dieser sei autobiografisch, beruhe auf der Tatsache, dass ihr Vater die Familie früh verlassen habe.

    Songtext spreche für sich

    Mehr möchte sie dazu nicht sagen – der englischsprachige Song spreche für sich, erklärt die Künstlerin („Papa, was ist passiert?/ Willst du denn gar nichts über mich wissen?/ Ich bin einer deiner größten Fehler“). Gruppenumarmung, aber flott! Und im Großen und Ganzen, so die gute Nachricht, habe Lena eine prima Kindheit verlebt, nicht zuletzt dank Britney Spears – und ihrer Mutter, einer „Knaller-Alten“.

    Als „Knaller-Alte“ erweisen sich auch einmal mehr die Ü-40-Herren des Abends. Moses Pelham nimmt sich Lenas Lied „Home“ aus dem Jahr 2015 an, das sie für eine verstorbene Freundin geschrieben hat. Pelham tauft den Titel zwar in „Meine Heimat“ um, bringt die Botschaft aber herüber, als sei der Song sein eigener. „Ich habe gemerkt, dass Moses mich verstanden hat“, sagt Lena.

    Lena fordert wild Zugabe von Gentleman

    Auch Kollege Gentleman (42) bringt die „Dudes und Dudettes“ in Stimmung: Dank seiner ganz eigenen Version von „Beat To My Melody“ (2015, eines von Lenas Lieblingsliedern) hält es die „Sing meinen Song“-Truppe nicht lange auf der Couch, Lena fordert wie wild Zugabe. „Noch mal! Noch mal!“ Selbst Moses Pelham, der alte Papa-Bär, erhebt sich.

    Das hatte er für die Nummer von The BossHoss Minuten zuvor noch nicht gemacht (Da qualmte Pelhalm noch seine E-Zigarette). Aber aufstehen war auch gar nicht nötig, schließlich kamen Alec Völkel (45) und Sascha Vollmer (45) zu den Kollegen.

    Drei Musiker müssen sich Ukulele teilen

    Auf dem Holztisch tanzend spielen sie Lenas „Taken By A Stranger“ (2011), einen „guten Song ohne viel Tamtam“. Aus dem sich trotz allem etwas einzigartig Neues formen lässt. Lena versteht die Musikwelt nicht mehr: „Was passiert hier gerade? Wie kann das sein, dass mein Song so klingt?“

    Was für ein Abend auf Vox, was für eine Folge „Sing meinen Song“. Die Ukulele für die beste Interpretation müssen sich dann auch gleich drei Herren der Musikschöpfung teilen: Mark Forster, Moses Pelham und Gentleman. Ja, Herr Beckenbauer, Sie merken schon – da haben Sie was verpasst.