Berlin. Jan Böhmermann übt harsche Kritik am Musikpreis Echo und der deutschen Popmusikindustrie. Er ist nicht der einzige, der Probleme sieht.

Ein Helene-Fischer-Abend wird die Echo-Verleihung in diesem Jahr nicht. Deutschlands Schlagerkönigin – gefühlte Daueranwärterin auf den Musikpreis – ist nicht nominiert. Und auch sonst soll einiges anders werden, wenn sich die Branche am Donnerstag zu ihrem Gipfeltreffen in Berlin versammelt. Die Echo-Macher proben den Neuanfang. Aber es gibt auch einige Kritik.

Neue Regeln, neuer Sender, stärkere Jury: Die Verleihung soll straffer werden, die Juroren sollen mehr Stimmgewicht bekommen. Moderieren werden die Sänger Sascha und Xavier Naidoo. Und nicht mehr das Erste, sondern der Privatsender Vox überträgt die Show – allerdings zeitversetzt um 24 Stunden, am Freitagabend um 20.15 Uhr.

Ärger um Nominierte

Auf den Sänger und Songwriter Max Giesinger hat sich Satiriker Jan Böhmermann besonders eingeschossen.
Auf den Sänger und Songwriter Max Giesinger hat sich Satiriker Jan Böhmermann besonders eingeschossen. © dpa | Ursula Düren

Während Florian Drücke, Geschäftsführer des Bundesverbands Musikindustrie (BVMI), ein Programm mit enormer stilistischer „Bandbreite der aktuellen Popmusik“ verspricht, wird jedoch Kritik zu den Nominierten laut – und die ist nicht neu. Die 2013 wegen ihres rechtslastigen Images nach Protesten nachträglich von der Liste der Echo-Nominierten gestrichene Band Frei.Wild, die dann allerdings im vergangenen Jahr doch ausgezeichnet wurde, ist auch dieses Jahr wieder nominiert. Die ebenfalls umstrittenen Böhsen Onkelz können sogar auf zwei Preise hoffen. Bei Künstlern und einigen Musik-Journalisten sorgt das für Verstimmung.

Aber nicht nur das: Frei.Wild soll Berichten zufolge zu den Echo-Juroren gehören. Eine zunächst im Internet einsehbare Liste der Juoren ist mittlerweile jedoch wieder offline genommen worden. Zu den rund 500 Juroren gehören Journalisten, Händler, Produzenten, ehemalige Preisträger und Nominierte sowie Label-Vertreter.

Harsche Echo-Kritik von Jan Böhmermann

Auch Jan Böhmermann übt harsche Kritik an dem Musikpreis. Es werde zu oft „seelenlose Kommerzkacke“ geehrt, beschwerte sich der Satiriker in einem Video, das am Donnerstag auf der Youtube-Seite seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ veröffentlicht wurde. Songs wie die des zweifach nominierten Sängers Max Giesinger zeichneten sich vor allem durch leere Songtexte und unverfängliche Inhalte aus.

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Die deutsche Popmusik der letzten Jahre sei vom Schlager kaum noch zu unterscheiden, findet Böhmermann: „Gefühle abklappern, Trost spenden, Tiefe vorgaukeln, Millionen erreichen und verdienen und dabei immer schön unpolitisch und abwaschbar bleiben.“ Neben dem „Heile-Welt-Getue“ kritisierte er Schleichwerbung in Musikvideos und fragte: „Ist der Echo eigentlich der Preis der deutschen Musikindustrie oder der Preis der deutschen Industriemusik?“

Kategorien wurden zusammengekürzt

Im Dezember vergangenen Jahres hatte der Musikverband nach einem schleichenden Verfall der TV-Quoten eine Neuausrichtung des Preises angekündigt. Die inhaltliche Kritik lautete: langatmiger Ablauf, zu viele Preise und einige Skandale.

Als Konsequenz wurde 2017 die Zahl der Kategorien von 31 auf 22 gekürzt. Außerdem setzen die Echo-Macher dieses Jahr neben den neuen Moderatoren Sascha und Xavier Naidoo vor allem auch auf ein breitgefächertes Live-Musik-Programm. Auftreten sollen unter anderem Udo Lindenberg mit BAP-Sänger Wolfgang Niedecken, Beth Ditto von der Indie-Band Gossip, die jetzt solo unterwegs ist, und Die Toten Hosen mit ihrer neuen Single „Unter den Wolken“. (jei/dpa)