Berlin. Die AfD klagt derzeit darüber, dass sie bei Talkshows zu kurz komme. Wenn sie aber drin sitzt, hat sie nicht sonderlich viel zu sagen.

Seit Mittwoch ist es offiziell: Großbritannien hat die Scheidungspapiere bei der EU eingereicht, der Brexit ist damit auf den Weg gebracht. Die endgültige Trennung kann es allerdings erst in zwei Jahren geben. Bis dahin wird noch verhandelt – ob in Form eines Rosenkriegs oder verständnisvoll, weil man Freunde bleiben will? Abwarten.

Der Rest der EU scheint sich seit der kriselnden Beziehung zu den Briten jedenfalls so gut wie lange nicht zu verstehen. Gehen die Europäer durch den Brexit etwa auf Schmusekurs? Kuscheln sie die Populisten ins Abseits? „Brexit stärkt Europa! Nationalisten am Ende?“, fragte am Mittwochabend Sandra Maischberger.

AfD bekommt wieder Sendezeit

Antworten sollten geben: der ehemalige Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD), Bayerns CSU-Finanzminister Markus Söder, der frühere Brüssel-Korrespondent der ARD, Rolf-Dieter Krause, die Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck, Axel Antoni, der als deutscher Unternehmensberater in London lebt, und AfD-Vize-Chefin Beatrix von Storch.

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    Ja, ganz recht. Die AfD durfte eine Vertreterin ins Fernsehen schicken. Das wurde aus Sicht der Partei aber auch höchste Zeit. Hatte man doch im Vorfeld festgestellt, von den TV-Talkshows derzeit stiefmütterlich behandelt zu werden. Wenn sich also schon mal die vermeintlich rare Chance ergibt, seine Ansichten kundzutun, wird die AfD sie doch auch nutzen, oder? Nun ja.

    Das Märchen von Pest und Krieg

    Beatrix von Storch ist eine Frau mit Gefühlen. Sie habe geweint, als am Mittwoch der Brexit-Antrag zugestellt worden war. „Weil ich mich gefreut habe, dass es nicht nur einen Weg hinein, sondern auch hinaus gibt aus der EU.“ Und weil nichts von dem eingetreten sei, was zuvor heraufbeschworen worden war, nämlich: „Die Insel geht sofort unter, es gibt Pest, es gibt Krieg.“ Wer das gesagt haben soll? Wusste von Storch dann auch nicht mehr so genau.

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      Gerade beim Kernthema des Abends hätte man von der AfD-Vize-Chefin mehr erwartet. Da stellt jemand die These auf, die Nationalisten seien am Ende, weil sich Europa einig zeige, und was sagt von Storch? Sie findet es toll, dass bei „Pulse of Europe“, einer Bewegung, die Populisten die Stirn bieten will, Menschen für ihre Meinung einstehen. Dem ist nicht zu widersprechen, aber damit überließ sie das Feld quasi kampflos den anderen Gästen.

      Wem schadet die Scheidung mehr?

      Die debattierten auch mehr oder weniger alleine darüber, wem die Scheidung mehr schadet – der EU oder Großbritannien. Von von Storch ist lediglich eine Einsicht überliefert: Freihandel ist toll. Dass der frühere ARD-Korrespondent Krause argumentierte, Großbritannien werde kein bilaterales Freihandelsabkommen mit der EU schließen können, weil das Modell sonst Schule machen und die EU zerfallen könnte, ließ von Storch unwidersprochen.

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        Letztendlich war man sich ohne von Storch einig, dass die Briten am Ende wohl mehr leiden werden. „Wenn dort Zölle eingeführt werden, werden sich die ausländischen Unternehmen überlegen, ob sie weiter dort produzieren“, sagte Krause. „Ich fürchte, dass es einen großen Arbeitsplatzverlust geben wird.“

        Lebenszeichen beim Thema Flüchtlinge

        Aufzuwachen schien von Storch erst, als es längst nicht mehr um den Brexit ging, sondern um ein Problem, das die EU darüber hinaus zu bewältigen hat. Und das so selten Thema in Talkshows war, dass es dringend noch in diese hineingestopft werden musste: die Flüchtlingskrise.

        „Wir stellen fest, dass wir die Probleme hier nicht lösen können“, sagte von Storch. „Wir brauchen ein gemeinsames europäisches Handeln. Wir brauchen die Festung Europa.“ Na, also: Da war sie doch, die AfD-Rhetorik. Ob sich der Talkshow-Auftritt dafür gelohnt hat? Eher nicht.

        Die komplette Sendung in der ARD-Mediathek.