Hamburg. Noch immer sind die klassischen Heizkörper weitaus verbreiteter als Fußbodenheizungen. Zwar wird nach Angaben des Bundesverbands Flächenheizungen und Flächenkühlungen (BVF) heute nahezu jeder zweite Neubau mit einer Fußbodenheizung ausgestattet. Aber der Aufwand, sie nachträglich in Bestandsobjekte einzubauen, gilt als sehr hoch – was nicht zuletzt deshalb ein Problem ist, weil die Heizschleifen im Fußboden mit einer niedrigen Vorlauftemperatur von rund 35 Grad auskommen und damit gut für den Betrieb mit einer Wärmepumpe geeignet sind.
Wärmepumpe: Hamburger Betrieb will Nachrüstung einfacher und günstiger machen
Ein junger Hamburger Betrieb will nun die Nachrüstung von Fußbodenheizungen wesentlich einfacher und günstiger machen. Zwar kommen die beiden Gründer der Rissener Firma Nordwærme, die Schulfreunde David Burckhardt und Sönke Löser, beide nicht aus der Branche: Burckhard hat den Osteuropa-Vertrieb eines US-amerikanischen Medizintechnikunternehmens aufgebaut, und Löser war Vertriebsingenieur bei einem Hamburger Schweißtechnik-Spezialisten. „Aber wir haben mit unseren Familien jeweils ziemlich alte Häuser renoviert und sind dabei auf das Fußbodenheizungs-Thema gestoßen“, sagt Burckhardt.
Wie sich herausstellte, gibt es durchaus eine Alternative zur sehr teuren und zeitaufwendigen Kompletterneuerung der Böden: Mit speziellen Maschinen kann man die Kanäle für die Heizungsrohschleifen in den bestehenden Estrich fräsen. „In den Niederlanden arbeitet man seit etwa 20 Jahren nach diesem Verfahren“, so Burckhardt. „Aber die darauf spezialisierten Betriebe in Deutschland haben ihren Sitz nahe der holländischen Grenze. Wir dachten: So etwas braucht unsere Region hier auch selber.“
Wärmepumpe nachrüsten ist aufwendig und kostspielig
Weil Burckhardt wie auch Löser schon zuvor den Plan hatten, einmal ein eigenes Unternehmen zu gründen, reduzierten sie beide ihre Arbeitszeit bei den damaligen Arbeitgebern im vergangenen Jahr auf 50 Prozent und legten nebenberuflich los. Inzwischen haben sie ihre Jobs gekündigt und bei Nordwærme sieben zusätzliche Beschäftigte eingestellt. „In den nächsten Monaten sollen einige weitere hinzukommen“, sagt Burckhardt.
Wollte man bisher eine Fußbodenheizung nachrüsten, musste man nach seinen Angaben entweder die Böden vollständig erneuern oder eine weitere Lage Estrich auf den bestehenden Fußboden auftragen. Durch die Aufschüttung neuen Estrichs liege der Boden dann aber um fünf bis zehn Zentimeter höher als zuvor, sodass Türen und Treppen angepasst werden müssten. „Alles zusammen kann das 40.000 bis 50.000 Euro kosten und zwei bis drei Monate dauern, davon allein gut vier bis sechs für die Trocknung des Estrichs“, sagt Burckhardt, „von dem enormen CO2-Ausstoß bei der Estrich-Produktion ganz zu schweigen.“
Pro Stockwerk kostet das Estrich-Fräsen bis zu rund 4000 Euro
„Wir dagegen schaffen mit dem Fräsverfahren 80 Quadratmeter in maximal zwei Tagen“, erklärt er. Einschließlich der Arbeiten, die dann ein Bodenleger vornehme, wie etwa dem Verlegen neuen Parketts oder Teppichs, müsse man höchstens zwei Wochen einplanen. Pro Stockwerk koste das Fräsen und das Verlegen der Heizrohre durch Nordwærme rund 2000 bis 4000 Euro pro Stockwerk.
Allerdings lasse sich ein Teil der Ausgaben durch die staatliche Förderung wieder hereinholen: „Die Förderquote beim Einbau einer Wärmepumpe von zur Zeit 30 bis 40 Prozent gilt meistens auch für sogenannte Nebenmaßnahmen, also auch für unsere Arbeiten.“ Doch auch ohne Wärmepumpe komme eine Förderung infrage, weil die Erwärmung von Räumen mittels Fußbodenheizung weniger Energie benötige als mit klassischen Heizkörpern. Voraussetzung für das Fräs-Verfahren sei, dass der Estrich mindestens vier Zentimeter dick ist: „Bei Häusern, die seit den 1980er-Jahren gebaut wurden, ist das fast immer der Fall, aber auch in der Mehrzahl der älteren.“
- Immobilien in Hamburg: Wie man Zinsen senkt und Zuschüsse erhält
- Wärmepumpe im Altbau: Dieser einfache Test schafft Klarheit für Eigentümer
- Heizung & Co.: Tödliche Gefahr im Altbau - Kommt Abwrack-Prämie für Häuser?
Natürlich verursacht das Estrich-Fräsen mit den Spezialmaschinen, die aus den Niederlanden kommen, erhebliche Mengen an Staub. „Wir setzen aber sehr starke Industriesauger ein, daher bleiben die Räume recht sauber“, verspricht Burckhardt. „Einige Hundert“ solcher Fußbodenheizungsnachrüstungen habe die Firma bisher abgeschlossen, aktuell seien es knapp 50 im Monat. „Wir verlegen pro Woche 10 bis 15 Kilometer Heizrohre und arbeiten auf bis zu vier Baustellen parallel.“
Prinzipiell lässt sich eine Fußbodenheizung auch in Wohnungen nachrüsten
Bislang sind das in der Regel Ein- und Zweifamilienhäuser. „Aus technischer Sicht ist es kein Problem, unser Verfahren auch in Geschosswohnungen anzuwenden“, so Burckhardt. „Wir hatten auch schon solche Aufträge, bisher war das aber die Ausnahme.“ Denn manchmal muss die Eigentümergemeinschaft den Arbeiten zustimmen. Hinzu kommt eine juristische Voraussetzung: „Der Estrich muss dem Wohnungseigentümer gehören. Ob das so ist, hängt von der Teilungserklärung ab.“
Konkrete Pläne für die Weiterentwicklung von Nordwærme – die Schreibweise mit dem skandinavischen „ae“ soll an eine intakte Umwelt und an Gemütlichkeit im Sinne des dänischen Begriffs „hygge“ denken lassen – kann der Mitgründer noch nicht nennen. „Wir haben ja gerade ein wildes Wachstum hinter uns – von zwei halben Mitarbeiterstellen auf jetzt neun volle“, so Burckhardt.
Das Ziel laute, jedem, der sich in Hamburg und den angrenzenden Landkreisen die Nachrüstung einer Fußbodenheizung wünsche, „zeitnah“ helfen zu können. „Und mit Inkrafttreten des geplanten Heizungsgesetzes wird die Nachfrage sicher nicht geringer.“ Vorgesehen ist zudem, die komplette Leistung künftig aus einer Hand anbieten zu können. Den Anschluss der Rohrleitungen muss bisher noch ein Heizungsinstallateur vornehmen.
Auch ist die Firma noch nicht so groß, dass Burckhardt sich auf Geschäftsleitungsaufgaben beschränken könnte: „Ich stehe noch fast jeden Tag selber an der Maschine.“
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Wirtschaft