Hamburg. Als Filiz Christoph 2006 die erste Filiale ihrer Kosmetikstudiokette Adam & Eve in der Hamburger Neustadt eröffnet, hatte sie einen großen Plan. „Ich wollte eine neue Art von Beauty-Behandlungen schaffen“, sagt die Unternehmerin. Statt ihre Kundinnen in geschlossenen Kabinen und gepflegter Ruhe von Mitarbeiterinnen im weißen Kittel behandeln zu lassen, stellte sie in ihrem Laden die Stühle nebeneinander, schaffte Lounge-Atmosphäre und garnierte alles mit einem großen Herz in Pink – ihrem Markenzeichen.
Das Konzept des kleinen Studios in der Steinwegpassage sprach sich schnell rum. Inzwischen betreibt Filiz Christoph die Kette mit acht Standorten in Hamburg gemeinsam mit ihrem Ehemann Roald. Eine weitere Filiale in Eppendorf ist in Planung.
Hübsches Gesicht wichtiger als gute Figur
Der kleine Stammladen in der Neustadt war für das Beauty-Imperium irgendwann zu klein und stand fast ein Jahr leer. Inzwischen ist das Unternehmerpaar mit einer neuen Geschäftsidee an den Gründungsort zurückgekehrt. Gemeinsam mit Bülent Ugurlu, Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohren-Heilkunde, bieten sie jetzt auch medizinische Schönheitskorrekturen ohne Skalpell an.
Docboom heißt die neue Firma. Der Name ist Programm: Im 20-Minuten-Takt werden Termine für Lippenaufbau, Kinnkorrektur und Fältchenglätten vergeben. Für die Entfernung von Krähenfüßen sind nur 15 Minuten angesetzt, für einen kompletten Facelift eine Stunde. Im Zweifelsfall schafft man das auch in der Mittagspause. „Frischekick“, nennt Ugurlu, der eine Praxis für plastische Gesichtschirurgie am Neuen Wall betreibt, die Eingriffe mit Mitteln wie Botox oder Hyaluron.
Markt für schnelle Schönheitskorrekturen wächst
Der Markt für schnelle Schönheitskorrekturen wächst seit Jahren. Was mit „Botox to go“ anfing, ist längst ein Milliardengeschäft. Und zwar nicht nur in den USA, Brasilien oder Südkorea, auch in Deutschland haben sogenannte Unterspritzungen das gesellschaftliche Stigma verloren.
Für 2018 meldet die Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC) 44.281 minimalinvasive Behandlungen. Das sind etwa 15 Prozent mehr als im Vorjahr. „Ein hübsches Gesicht ist vielen wichtiger als eine gute Figur“, sagt der VDÄPC-Präsident Dennis von Heimburg. Dabei sind die Mittel nicht so harmlos, wie sie manchen scheinen. Botox etwa ist ein langsam wirkendes Nervengift. In Deutschland dürfen deshalb nur Ärzte, ausgenommen Zahnärzte, oder Heilpraktiker die Eingriffe durchführen.
Längst lassen sich nicht mehr nur Frauen behandeln, auch bei Männern steigt die Nachfrage. Der Selfieboom vor allem in sozialen Medien verlockt immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene zur Behandlung.
2020 will die Kette fünf Standorte eröffnen
Von dem Trend wollen die Docboom-Gründer profitieren. „2020 planen wir fünf Standorte in Norddeutschland“, sagt Roald Christoph. Ein Jahr lang haben die Geschäftspartner ihr Konzept entwickelt, das neue Zielgruppen in der Schnittmenge zwischen Kosmetiksalon und Schönheitsklinik erschließen soll. „Aber wir sind ganz klar eine Arztpraxis und arbeiten mit dem Material und der Ernsthaftigkeit einer Arztpraxis“, betont Dr. Bülent Ugurlu.
Als Bundeswehrarzt war der Mediziner auf zahlreichen Auslandseinsätzen, bevor er 2007 ans Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg wechselte und sich auf plastische Gesichtschirurgie spezialisierte. 2012 ließ er sich mit eigener Praxis am Neuen Wall nieder. Der umtriebige Geschäftsmann hat zudem das Unternehmen Livion Healthcare gegründet, wo auch Schönheitsbehandlungen durchgeführt werden.
Mit Docboom will das Trio jetzt nicht weniger als „den Markt mit neuen Behandlungsmethoden und Dienstleistungen revolutionieren“. Bislang steckt eine sechsstellige Summe in dem Gemeinschaftsprojekt.
In den Räumen an der Steinwegpassage dominieren Creme-Töne, Rosa und Gold. Die Handschrift von „Adam & Eve“-Gründerin Filiz Christoph. Patienten können im Internet Termine buchen, auch die Patientenakten, Dokumentationen und Sicherheitshinweise werden elektronisch geführt. „So sollen die Prozesse effizienter gemacht werden“, sagt Roald Christoph, der lange als Finanzmanager in großen Unternehmen tätig war.
Die reine Behandlungsdauer liegt im Schnitt bei 15 Minuten. Aber, betont Mediziner Ugurlu, es gebe genug Zeit für Beratung, auch um die möglichen Risiken einer Behandlung zu besprechen.
Wirkungsdauer der Mittel gering
In der Docboom-Praxis kommen vor allen Frauen, das Mindestalter ist 18 Jahre. Behandelt werden sie von drei jungen Medizinern, die Weiterbildungen für den Bereich absolviert haben und von Ugurlu geschult wurden. Die Kosten liegen laut Preisliste zwischen 99 Euro für eine Lippenkorrektur (Aqua Lips) und 1149 Euro für ein komplettes Facelift.
Dabei gehört Wiederholung zum Geschäftsmodell – denn die Wirkungsdauer der Mittel beträgt in der Regel nur einige Monate. Bei höheren Beträgen ist Ratenzahlung möglich. „Wir waren schon im ersten Monat kostendeckend“, sagt Roald Christoph zufrieden über den Start von Docboom. Aktuell denken die Gründer über weitere Standorte nach. Die Finanzierung der Expansion sei gesichert, betonen sie. Jetzt suchen sie Räume und vor allem Ärzte.
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