Leipzig/Werne. An zwei Standorten streiken Mitarbeiter von Amazon. Verdi will den Onlineversandhändler seit fünf Jahren zu Tarifverhandlungen bewegen.

Alle Jahre wieder: Mitarbeiter des Online-Händlers Amazon streiken seit diesem Montag an zwei Standorten, um das Weihnachtsgeschäft zu torpedieren.

Der Streik soll der Gewerkschaft Verdi zufolge mehrere Tage andauern und könnte auch Bestellungen für Weihnachten betreffen. „Es besteht die Gefahr, dass Weihnachtsgeschenke nicht rechtzeitig ankommen“, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi.

Amazon hingegen erklärte, an den Streiks hätten am Montag weniger als 350 Mitarbeiter teilgenommen. Alle Lieferversprechen könnten gehalten werden: „Der Streik hat keinen Einfluss auf die Einhaltung unseres Lieferversprechens“, hieß es. Die „überwältigende Mehrheit“ der Mitarbeiter arbeite normal.

Die Gewerkschaft rief Amazon-Mitarbeiter des Versandhandelszentrum Sachsen in Leipzig auf, bis Heiligabend zu streiken. Wie lange der Streik dauern soll, konnte der Sprecher zunächst nicht sagen. Amazon war in der Nacht auf Montag für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Ab der Nacht zum Montag bis Heiligabend sind jeweils Früh- und Spätschicht zum Ausstand aufgefordert.

Streik könnte bald an mehreren Standorten ausgetragen werden

Im Versandhandelszentrum in Werne in Nordrhein-Westfalen soll zunächst bis Dienstagabend die Arbeit niedergelegt werden.

Streikende Mitarbeiter vor der Amazon-Betriebsstätte in Leipzig.
Streikende Mitarbeiter vor der Amazon-Betriebsstätte in Leipzig. © dpa | Peter Endig

Der Streik könnte bald auf mehr Standorte und längere Zeit ausgeweitet werden, sagte ein Sprecher. Amazon war am frühen Montagmorgen nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Die Gewerkschaft hatte die Beschäftigten am Standort Rheinberg bereits in der vergangenen Woche zum Arbeitskampf aufgerufen.

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    Forderungen nach Tarifverhandlungen seit fünf Jahren

    Mit dem Streik wollen Mitarbeiter des Versandhändlers gemeinsam mit Verdi den Druck auf Amazon erhöhen, in Tarifverhandlungen einzutreten. Dass sich Amazon der Aufnahme von Tarifverhandlungen weiter verweigere, sei eine Provokation.

    Verdi fordert Amazon seit mehr als fünf Jahren dazu auf, Tarifverhandlungen analog zum Einzel- und Versandhandel zu führen. Das US-Unternehmen lehnt dies ab. Man brauche keine Gewerkschaften, hatte Amazon-Chef Jeff Bezos immer wieder betont. Amazon sieht sich als Logistiker und verweist auf eine Bezahlung am oberen Ende dessen, was in der Logistikbranche üblich sei.

    Die Vorweihnachtszeit ist seit Jahren die Zeit, zu der Verdi den Online-Händler zu treffen versucht – erstmals kam es 2013 zum vorweihnachtlichen Arbeitskampf. Schon Anfang Dezember und Ende November zur Rabattschlacht am Black Friday hatte Verdi zu Streiks aufgerufen.

    Amazon bietet Mitarbeitern Boni für Anwesenheit

    „Wir sind auf viele Szenarien eingestellt. Streiks sind aber nur eine Variable, wie etwa das Wetter mit Eis und Schnee und erschwerten Bedingungen“, sagte Amazon-Sprecher Stephan Eichenseher Anfang Dezmer.

    Ein Faktor könnte auch werden, inwiefern Amazon seine Mannschaft in den Lieferzentren mit Geld zu motivieren vermag – und damit Argumente gegen eine Teilnahme an Streiks liefert. Es gebe ein umfangreiches Bonus-System für die Mitarbeiter in einem Großteil der zwölf Logistikzentren bundesweit, sagte Eichenseher. „Wer zuverlässig arbeitet, hat auch einen Bonus verdient.“

    Am größten Standort bundesweit in Bad Hersfeld gebe es beispielsweise eine Vereinbarung vom 10. bis 22. Dezember für einen Anwesenheitsbonus. Es gibt zusätzlich für jeden Tag, an dem der Mitarbeiter arbeitet, 10 Euro Bonus. Dazu gibt es noch mal 50 Euro pro Woche, wenn der Beschäftigte die ganze Woche da ist. Zusätzlich erhalten Mitarbeiter eine Jahressonderzahlung von 400 Euro, wie Eichenseher erklärte. Die Botschaft soll sein: „Es lohnt sich.“

    Da das Waren- und Logistiknetz von Amazon in Deutschland und Europa immer dichter wird, ist es für die Gewerkschaften schwer, mit Streiks einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.

    Handelsexperten glauben, dass Verdi in der Auseinandersetzung mit Amazon keine Chance hat. „Verdi beißt sich an Amazon wie an einer harten Nuss die Zähne aus. Sie sollten es einfach sein lassen mit den Streiks“, sagt etwa Gerrit Heinemann, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Niederrhein.

    (dpa/aba/ba)