Bereits zu Beginn der Produktionskette in dem südamerikanischen Schwellenland herrschten auf den Plantagen „üble Arbeitsbedingungen“, heißt es in der Studie.

Hamburg. Orangensaft aus dem Supermarkt wird einer Studie zufolge häufig unter schlechten Arbeitsbedingungen produziert und für Endverbraucher weiterverarbeitet. In der gesamten Produktions- und Lieferkette von der Plantage bis in den Einzelhandel sei eine „zunehmende Ausbeutung auf der Beschäftigtenseite“ festzustellen, heißt es in einer Untersuchung der Gewerkschaft Ver.di und der Christlichen Initiative Romero (CIR) zu den Bedingungen in der Branche am Beispiel des Hauptexportlandes Brasilien.

Bereits zu Beginn der Produktionskette in dem südamerikanischen Schwellenland herrschten auf den Plantagen „üble Arbeitsbedingungen“, heißt es in der Studie. In der Region São Paulo etwa sei nur rund ein Fünftel der Arbeitskräfte fest angestellt. Der Großteil arbeite mit Saisonverträgen. Die Erntehelfer verdienten im Schnitt für zwei Tonnen gepflückte Orangen neun Euro pro Tag – aus Sicht brasilianischer Gewerkschaften stellen 14 Euro das absolute Existenzminimum dar.

Viele Pflücker verunglückten schwer, da unzureichende Leitern aufgestellt würden, heißt es in der Untersuchung weiter. Außerdem führten die auf den Plantagen „allgegenwärtigen Pestizide“ zu schleichend verlaufenden Erkrankungen. Auch in den Fabriken, die Saftkonzentrat produzieren, arbeiteten die Beschäftigten unter „extremen Bedingungen“, bemängelt die Studie. Es sei sehr laut und heiß. Zugleich werde aber nur selten Schutzkleidung gestellt. Frauen würden meist nicht fest angestellt oder entlassen, wenn sie schwanger seien.

Aus Sicht der Gewerkschaft Ver.di und der Christlichen Initiative sind die großen deutschen Supermarktketten wie Aldi, Lidl, Edeka und Rewe mitverantwortlich für die Zustände in Brasilien. Europa und Deutschland führten weltweit mit am meisten Orangensaft aus dem südamerikanischen Land ein. Auf die EU entfielen etwa zwei Drittel der Exporte aus dem Anbauland.

Am heutigen Mittwoch wollen die Organisationen die Studie an Edeka in Hamburg übergeben. „Edeka ist einer der größten Fruchtimporteure in Europa und bestimmt durch seine Einkaufspolitik maßgeblich die Arbeitsbedingungen entlang der Lieferkette mit – so auch im Orangenanbau in Brasilien“, sagt Sandra Dusch Silva von CIR.

Edeka verweist hingegen auf die Marktmacht der brasilianischen Produzenten. Die Herstellung von Orangensaftkonzentrat werde von wenigen großen Anbietern beherrscht. „Dies schränkt die Möglichkeiten ihrer Abnehmer, auf die Produktionsbedingungen Einfluss zu nehmen, deutlich ein“, verteidigt sich das Unternehmen. Dennoch „sehen wir als Lebensmittelhändler unsere Verantwortung darin, gemeinsam mit unseren Lieferanten im Rahmen unserer Möglichkeiten Einfluss auf die Lieferkette zu nehmen“.

In den vergangenen Monaten habe Edeka alle Orangensaftlieferanten der Eigenmarken dazu aufgefordert, ihre Produkte durch den international anerkannten Standard der Business Social Compliance Initiative (BSCI) abzusichern. Ziel sei es, in „risikobehafteten Warengruppen“ zukünftig nur noch Produkte von Lieferanten zu handeln, die durch BSCI oder vergleichbare Organisationen oder Standards abgesichert seien.