Führung

Wie Chefs ihre Mitarbeiter stärker motivieren

| Lesedauer: 7 Minuten
Roland Jäger

Foto: gam htf / dpa

Mitarbeiter, die gut arbeiten, aber wenig auffallen, könnten ihre Leistung steigern. Oft sind sie der Rückhalt eines Teams, aber sie finden bei ihren Chefs wenig Beachtung. WELT ONLINE gibt Tipps, wie Vorgesetzte mit richtig gesetzten Worten für mehr Arbeitszufriedenheit und mehr Leistung sorgen können.

Führungskräfte kümmern sich meist intensiv um die Spitzenkräfte und die „Nieten“ in ihrem Team. Wenig Beachtung schenken sie hingegen den „fleißigen Bienen“, die ohne zu murren ihren Job machen. Dabei bilden sie das Rückgrat jeder Organisation.


„Das tun wir doch“, erwidern Führungskräfte oft, wenn man zu ihnen sagt: „Kümmert euch um euere Mitarbeiter.“ Fragt man jedoch nach, dann zeigt sich meist, dass sie sich vor allem mit folgenden Mitarbeitergruppen befassen: den Low-Performern – also den Mitarbeitern, deren Arbeitsverhalten und -einstellung nicht den Erwartungen entspricht, und den High-Performern – also den Mitarbeitern, die fachlich fit und hochmotiviert sind. Denn diese Mitarbeiter sind zumeist auch recht selbst- und karrierebewusst und fordern von ihren Führungskräften eine aktive Unterstützung.

Eher wenig Beachtung schenken die Führungskräfte jedoch zumeist den „grauen Mäusen“ oder treffender formuliert den „fleißigen Bienen“ in ihrem Team, die ohne zu Murren und große Forderungen zu stellen, zuverlässig ihre Arbeit verrichten. Sich mit diesen Mitarbeitern zu befassen, besteht für die Führungskräfte auch kein Anlass. Sie funktionieren ja.

Dabei bestünde hierzu durchaus Anlass. Denn die „fleißigen Bienen“ machen in der Regel 60 bis 80 Prozent der Beschäftigten aus. Sie sind zwar nicht das Herz und Hirn, aber das Rückgrat jedes Unternehmens. Und sie leisten aufgrund ihrer Zahl und Zuverlässigkeit den größten Beitrag zum Erfolg jeder Organisation. Also sollten Sie als Führungskraft diesen Mitarbeitern die verdiente Beachtung schenken – auch wenn es darum geht, die Leistung Ihres Bereichs zu steigern.


Zum Steigern ihrer Leistung sind die „fleißigen Bienen“ in der Regel fähig und bereit. Unter drei Voraussetzungen: Führungskräfte nehmen die Leistung der „fleißigen Bienen“ wahr, suchen den Dialog mit ihnen und besprechen eine Leistungssteigerung, die realistisch ist.


Problematisch ist es, wenn eine Führungskraft eine „fleißige Biene“ mit einer unrealistischen Forderung konfrontiert wie „im kommenden Jahr müssen Sie 50 Prozent mehr Umsatz erzielen“. Eine solche Forderung wird als Affront erlebt. Nicht nur, weil sie von den „fleißigen Bienen“ als mangelnde Wertschätzung ihrer bisherigen Arbeit erfahren wird, sondern auch weil diese wissen: Wenn ich dieses Ziel auch nur annähernd erreichen möchte, dann bedeutet dies für mich so viel Mehrarbeit, dass ich noch spät nachts hier sitze. Das heißt: Die „fleißigen Bienen“ erleben einen solchen Anspruch auch als mangelnde Rücksichtnahme auf ihre persönlichen Interessen. Also beginnen sie innerlich zu rebellieren und zu opponieren. Das heißt, das Rückgrat der Organisation wird geschwächt.


Anders reagieren diese Mitarbeiter jedoch, wenn Sie als Führungskraft beispielsweise zu ihnen sagen: „Frau Maier, Sie haben bisher von 100 Angeboten im Schnitt 17 in Aufträge umgewandelt. Eine gute Quote. Erachten Sie es unter gewissen Umständen als möglich, im Schnitt 20 von 100 Angeboten in Aufträge umzuwandeln?“ Dann antwortet jede „fleißige Biene“ mit Ja.

Also stehen Sie als Führungskraft nur noch vor der Herausforderung, mit dem Mitarbeiter herauszuarbeiten, was die „gewissen Umstände“ sind. Dies können die unterschiedlichsten Dinge sein: „Wenn ich besser im Verhandeln geschult wäre“, „wenn ich mehr Entscheidungsspielräume hätte“, „wenn ich ...“. Ihr Job als Führungskraft ist es, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen. Tun Sie dies, können Sie sich auf die „fleißigen Bienen“ verlassen. Unter anderem, weil sie die Erfahrung gesammelt haben: Mein Chef fordert von mir nichts, was unrealistisch ist.

So bleiben Sie im Gespräch

Ungeachtet dessen sollten Sie am Ball bleiben – also regelmäßig nachfragen „Frau Maier, wie läuft es? Schaffen Sie es ...“. Und wenn das Signal „Nein“ lautet, dann sollten Sie dem Mitarbeiter das Angebot unterbreiten „Lassen Sie uns noch mal zusammensetzen und ...“. Dies ist wichtig, denn selbst wenn die vereinbarten Ziele realistisch sind, dann setzen diese beim Mitarbeiter doch ein teilweise verändertes Verhalten voraus. Das heißt, Sie reißen ihn aus seiner „Komfortzone“. Und diese zu verlassen, fällt vielen „fleißigen Bienen“ schwer. Also benötigen sie eine angemessene Unterstützung.

Und hier liegt in der Regel das Problem. Spricht man mit Führungskräften hierüber, dann erwidern sie meist: „Zu einem so intensiven Betreuen so vieler Mitarbeiter fehlt mir die Zeit.“ Schließlich bilden die „fleißigen Bienen“ die Mehrzahl der Mitarbeiter. Teilweise lässt sich dieses Problem dadurch lösen, dass man den Führungskräften vermittelt: Auch ihr müsst mehr Selbstdisziplin im Arbeitsalltag zeigen. Denn noch immer delegieren die meisten Führungskräfte anspruchsvolle Fachaufgaben nicht konsequent genug. Die Folge: Das Tagesgeschäft frisst sie auf und Führungsaufgaben bleiben liegen.

Delegieren stärkt das Team und entlastet den Chef

Dabei gäbe es durchaus Mitarbeiter, an die sie diese Aufgaben delegieren könnten: nämlich die High-Performer. Hierdurch würden die Führungskräfte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – sich selbst entlasten und den High-Performern die gewünschte Chance geben, sich zu bewähren. Teilweise kann zudem das Betreuen der „fleißigen Bienen“ den High-Performern übertragen werden – zum Beispiel, indem Sie als Führungskraft gezielt aus einem High-Performer und zwei oder drei „fleißigen Bienen“ ein Arbeitsteam bilden, das gemeinsam gewisse Herausforderungen meistern soll.

Auch diese Möglichkeit nutzen Führungskräfte viel zu selten, um die Mehrzahl der Mitarbeiter in Bewegung zu versetzen und die gewünschte Mehrleistung zu erzielen.

Dabei müsste dies das Ziel von Führung sein, denn hierdurch setzt sich eine Spirale nach oben in Gang. Wenn eine Organisation zu den Top-Performern im Markt zählt, dann erwirbt sie sich mit der Zeit auch einen entsprechenden Ruf. Das heißt, ihr haftet das Image „Die sind gut“ an. Dadurch wird die Organisation auch attraktiver für gute Bewerber. Also kann sie höhere Maßstäbe an neue Mitarbeiter stellen, wodurch sich das Leistungsniveau Schritt für Schritt erhöht. Diese Spirale in Gang zu setzen, ist gerade in Zeiten, in denen gute Fach- und Führungskräfte rar werden, wichtig. Denn Hand auf Herz: Für wen würden Sie als Bewerber sich entscheiden, wenn Sie die Wahl hätten: für den Champion im Markt oder für ein Unternehmen, das zur grauen Masse zählt?

Roland Jäger ist Inhaber der Unternehmensberatung rj management in Wiesbaden.

Internet: www.konsequent-fuehren.de

Quelle: Welt Online

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Wirtschaft