Berlin. Im deutschen Taxigewerbe werden bundesweit ungebremst Milliardensummen an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen hinterzogen. Das geht aus Zahlen aus Berlin sowie einer weiteren deutschen Großstadt hervor, die der Nachrichtenagentur dapd vorliegen. Die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Claudia Hämmerling, sagte der Nachrichtenagentur dapd dazu: „Zwar haben wir keine genauen Daten für das gesamte Bundesgebiet. Aber ich fürchte, diese Zahlen sind ein klares Indiz dafür, dass die Betrügereien in Milliardenhöhe weiter ungebremst stattfinden.“ Im Jahr 2001 hatte eine spezielle Expertengruppe von Bund und Ländern den Betrug beim Umsatz im Taxigewerbe auf rund 1,3 Milliarden Euro geschätzt. Schwarz gezahlte Löhne machten demnach bis zu 750 Millionen Euro aus.
Hämmerling hat von der Berufsgenossenschaft Verkehr Ende Dezember Daten zu den Beitragszahlungen der Taxiunternehmer erhalten, aus denen der systematische Betrug bei Steuern und Sozialabgaben im Berliner Taxigewerbe hervorgeht. Die Beitragszahlungen liegen zwischen 150 und 750 pro Konzession. Aus diesen Zahlen lassen sich die zugrunde liegenden Löhne berechnen. Hämmerling stellte fest, dass Taxen angeblich mit Lohnkosten von insgesamt 480 Euro im Monat betrieben wurden, was wirtschaftlich sinnlos sei. „In der Branche wird davon ausgegangen, dass die Lohnkosten 40 Prozent des Umsatzes ausmachen, das heißt, mit der Taxe, die nur 480 Euro im Monat Lohnkosten verursacht, wird so gut wie kein Umsatz rein gefahren“, sagte Hämmerling der dapd. Wenn, wie aus den Daten hervorgeht, manche Unternehmer fünf mal weniger ausgeben als andere, ist für sie klar, dass „viel Geld schwarz kassiert wird“.
Der Vorstand des Taxiverbands Berlin-Brandenburg, Detlev Freutel, erklärte der dapd Nachrichtenagentur: „Legal kann kein Unternehmer ein Taxi betreiben und dafür nur 150 Euro Beitrag zur Berufsgenossenschaft zahlen.“ Taxiunternehmer müssten 180 Schichten im Jahr haben, um ihre Konzession zu behalten. Wenn der einzige Fahrer des Fahrzeuges im Monat nur 480 Euro verdient, „würde das nach den bekannten Standardwerten für Taxiumsätze bedeuten, dass der Wagen mindestens drei von vier Wochen rumsteht“. Freutel geht davon aus, dass jeder zweite Euro Umsatz schwarz eingesteckt wird. Zusätzlich kassierten die offiziell geringfügig beschäftigten Fahrer dann noch Transferleistungen vom Staat. Daten der Berufsgenossenschaft aus einer weiteren Großstadt, die der Nachrichtenagentur dapd vorliegen, zeigen, dass dort teilweise mit noch geringeren Zahlen operiert wird. Seit dem Jahr 2001 hatte unter anderem der Bundesrechnungshof die Politik aufgefordert, die Milliardenbetrügereien zu beenden.
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Wirtschaft