Rom. Er ballt noch einmal die Fäuste, grinst verschmitzt. Aber Stehen und Laufen fallen ihm schwer. Es geht nicht mehr so wie früher, als er sich – 250 Pfund schwer und gemeinsam mit seinem Filmpartner Terence Hill – in Spaghettiwestern kloppte. Doch weil Bud Spencer sich „im Kopf ja immer noch wie 28“ fühlt, Lust auf neue Abenteuer hat und man nicht herumlaufen muss, um einen Computer zu bedienen, ist er nun in sozialen Netzwerken unterwegs. Mit 86 Jahren hat der Italo-Haudegen einen Facebook-Account eröffnet. In wenigen Wochen hatte „Bud Spencer Official“ über eine Million Fans. Aber auch beim ihm zu Hause ist ziemlich viel los.
Spencers Ehefrau Maria öffnet die Tür. Eine Apartmentresidenz mit Park und Pinien in der noblen Via Cortina d’Ampezzo im Norden Roms: Man muss bei Pedersoli klingeln, denn das ist ja Spencers wirklicher Nachname, seit er 1929 in Neapel zur Welt kam und seine Eltern ihn auf den Namen Carlo tauften.
Bud Spencer liebt die Gesellschaft
Ein Pförtner begleitet zum Fahrstuhl, der hinauf ins Penthouse führt, direkt in das weiträumige Wohnzimmer: feine Sofas und Sessel, Leinen mit Blumenmuster, antikes Chinaporzellan, englische Antiquitäten, Landschaftsmalerei, ein Klavier. In Kürze bringt Spencer eine neue CD mit neapolitanischen Liedern auf den Markt, die er komponiert und gesungen hat.
Er liebt es, Leute um sich zu haben: Sohn Giuseppe ist da, auch Spencers Co-Autor Lorenzo De Luca. Außerdem ein alter Freund, ein Regisseur, die Schwiegertochter und ein Enkel.
Er hält sein jüngstes Buch in der Hand, das am Montag in Deutschland erscheint, „Was ich euch noch sagen wollte“, dritter Teil seiner Autobiografie, aber kein Abschied: „Ich habe noch viel vor“, stellt er gleich klar. „Es ist noch nicht vorbei!“ Da bricht das Eis, denn die erste Frage fällt immer schwer, wenn man einen Mythos der eigenen Kindheit vor sich hat, der nun aber weiße Haare hat und dem die Knie beim Aufstehen zittern. Und Bud Spencer ist so einer.
Neugierig auf das Leben nach dem Tod
Sein neues Buch ist daher dem Abenteuer Internet gewidmet. Eine Sammlung von Dingen, die ihm beim Chatten durch den Kopf gingen, während er Leuten aus Argentinien oder China oder Deutschland Fragen beantwortete, die ihm Komplimente machten oder einfach einen Sketch posteten. Sein Buch ist voller Aphorismen, schlichten Weisheiten, die sein abenteuerliches Leben ihm mitgegeben hat. Einige davon zählt er auch an diesem Nachmittag auf. Seine Frau Maria bringt Espresso in Ginori-Porzellan und Mandelgebäck. Endlich hat sie ihn auf 110 Kilo runtergeholt, letztes Jahr hatte er eine gefährliche Magenblutung. Vor dem Tod hat er keine Angst: „Ich bin neugierig darauf, was danach passiert“, sagt er schlicht. Er sei ja auch sehr religiös, mit dem Alter immer mehr. Das Leben sei nur ein Traum, ein Geschenk jener „wundervollen Frauen, unserer Mütter. Nach dem Tod, da kommt die Wahrheit.“
Seine Frau setzt sich zu ihm, schmiegt sich an seine Schulter, er nimmt ihre Hand, sie zeigen ihre Verbundenheit nach all den Jahren. „Ich hab ihn geheiratet, als er noch ein Nobody war“, sagt sie. 57 Jahre ist das her.
Wie Spencers Gewicht ihn zum Star machte
„Es ist ein großes Glück für mein Leben, dass ich nur einmal verheiratet war“, sagt er. „Eine große Liebe“, sagt sie. Carlo Pedersoli war fast 40, als er zum Film kam und Bud Spencer wurde. Heute weiß er: „Das Schicksal ist der beste Regisseur.“ Zum Beispiel, als Italo-Western-Regisseur Giuseppe Colizzi für seinen Streifen „Gott vergibt … Django nie!“ keinen Schauspieler fand, der füllig genug für Rolle war. „Er rief mich an“, erinnert sich Maria, „und fragte: Ist dein Mann eigentlich immer noch so dick?“ Terence Hill, der ja auch Italiener ist und Mario Girotti heißt, kam durch einen ähnlichen Zufall hinzu – der eigentlich vorgesehene Peter Martell brach sich am Abend vor Drehstart den Fuß.
Die beiden wurden als Raufbolde berühmt, haben aber im Leben nie gestritten, das sei „ganz selten für ein Filmpaar“. Überhaupt verachtet Spencer Gewalt, versteht nicht, wie man „Menschen an die Front und Frauen und Kinder in den Tod schicken kann“.
„Anstand hat mein Leben gekennzeichnet“, sagt er. Er tauge nicht für die Klatschpresse. Federico Fellini wollte ihn einmal für eine Rolle in „Satyricon“, aber Bud Spencer lehnte ab – da hätte er nackt auftreten müssen. Eigentlich schade – einen Fellini auszuschlagen! Aber so etwas kommentiert Spencer gern: „Futtitene!“, scher dich nicht drum. Auch eine Weisheit. Der Nachmittag endet. Auch die Autorin hat gelernt: Der Mythos ist ein weiser Mann.
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