Vor 650 Zuschauern

Nach Corona-Zwangspause: HSV-Handballer feiern Traumstart

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Tim Parge
Leif Tissier (l.) wirft den Ball an den Konstanzern Tom Wolf, Markus Dangers und dem Hamburger Kreisläufer Niklas Weller vorbei aufs Tor.

Leif Tissier (l.) wirft den Ball an den Konstanzern Tom Wolf, Markus Dangers und dem Hamburger Kreisläufer Niklas Weller vorbei aufs Tor.

Foto: ValeriaWitters / WITTERS

Die Zweitligamänner des HSV Hamburg feiern einen Heimsieg zum Saisonauftakt gegen Konstanz. 650 Zuschauer klatschen mit.

Hamburg. Wer Thies Bergemann am Sonntagnachmittag in der Sporthalle Hamburg über „Automatismen“ sprechen hörte, „die einfach da sind“, der konnte den Eindruck gewinnen, dass dies mittlerweile nicht nur für das Spielen auf dem Handballfeld gilt.

Auch neben dem Platz, auf der von 650 zugelassenen Fans besuchten Tribüne, im Umlauf der Sporthalle in Winterhude, waren Automatismen gefragt. Eingeübte Handlungsweisen, die in Corona-Zeiten längst geschliffen sind: Abstand halten, Maske tragen, Wegeführung beachten, Schlangestehen beim Toilettenbesuch. All dies riefen die Zuschauer nach siebenmonatiger Spielpause vorbildlich ab, trommelten und klatschten – Singen und Rufen war untersagt – ihre zuvor Quarantäne-geplagte Mannschaft nach vorn.

Mit 32:23 (16:14) gegen die HSG Konstanz gewannen die Zweitligamänner des Handball Sport Vereins Hamburg (HSVH) ihren verspäteten Saisoneinstieg. Nachdem es zunächst fünf positive Corona-Fälle gegeben hatte, hatte sich das gesamte Team bis zum vergangenen Mittwoch in 14-tägiger Quarantäne befunden. Nach einem erneuten positiven Test eines Spielers kehrte Rechtsaußen Bergemann gar erst am Freitag zurück ins Mannschaftstraining.

HSV-Handballer schütteln Quarantäne weg

Doch von mangelnder Fitness keine Spur, der 24-Jährige warf fehlerfrei bei acht Versuchen achtmal ins Tor. „Die Puste ist mir am Ende ein wenig ausgegangen. Aber ich spiele seit 20 Jahren Handball, das verlernt man auch in 14 Tagen Quarantäne nicht“, sagte Bergemann.

Gegen die Gäste aus dem Schwarzwald, die eine Woche zuvor ihr erstes Saisonspiel gegen Dresden (21:27) verloren hatten, brauchte die Mannschaft von Trainer Torsten Jansen gut eine Halbzeit lang, um besser hineinzufinden. Der Wettkampfcharakter lasse sich eben nicht auf dem Cardio-Fahrrad im heimischen Wohnzimmer simulieren, bekannte Jansen. „Einige Abläufe passten noch nicht. Wir haben in der Halbzeit den Fokus auf die Baustelle Abwehr gelegt. Die Mannschaft hat sich dann gesteigert.“ Nur neun Gegentreffer im zweiten Abschnitt sprechen eine deutliche Sprache.

Wie vom Trainer erhofft, gerieten viele Sorgen für die Dauer der Partie in den Hintergrund – Sorgen um den Trainingsstand oder um finanzielle Lasten dieser Pandemie-Saison, die auch die monatelang kurzarbeitenden Spieler zu spüren bekommen hatten.

HSV-Handballer nehmen Gegner die Stärken

Mit dem Anpfiff zählte nur Passen, Werfen, Angreifen, Abwehren. „Unser Vorteil ist, dass wir eingespielt sind. Die typische Nervosität vor einem ersten Saisonspiel war da, wir können uns überall noch steigern“, sagte Kapitän und Kreisläufer Niklas Weller, der zum Neustart mit neun Toren bester Werfer der Partie war. Früh (17.) hatte der 27-Jährige die zweite Zweiminutenstrafe gesehen. Weller agierte im Abwehrmittelblock fortan laut Trainer Jansen jedoch „schlauer“ und im Verbund mit Lukas Ossenkopp stärker. Tore über den Kreis, in Person von Markus Dangers (sieben Treffer), waren die stärkste Konstanzer Option.

„Zwei von drei Stärken haben wir ihnen genommen“, sagte Jansen und meinte den Rückraum des Tabellen-16. der vergangenen Saison, über den der HSVH wenig zuließ. In der entscheidenden Phase, als die Hamburger über 20:16 (36.) und 28:20 (53.) wegzogen, führte Youngster Leif Tissier im Angriff Regie. Der 20-Jährige holte auch die Rote Karte für Kon­stanz Joschua Braun heraus (34.), der Tissier mit der Hand im Gesicht traf.

Das Torwartduell gewann Jonas Maier (zehn Paraden) zudem deutlich. Die aushelfenden A-Junioren des HSVH, Thore Feit (17/Kreisläufer) und Jan Möller (18/Außen), gaben ihr Zweitligadebüt. Sie hatten am Vortag noch mit dem Bundesliganachwuchs 26:25 beim VfL Horneburg gewonnen. Feit ist am Freitagabend (19 Uhr) beim EHV Aue wieder eingeplant, ein erneuter Corona-Test bei Dominik Axmann fiel zudem negativ aus.

650 Fans beim Handball – ein Verlustgeschäft

Wirtschaftlich sind die 650 von 3500 möglichen Fans in der Sporthalle Hamburg ein Verlustgeschäft, emotional dagegen ein Gewinn. „Ich war positiv überrascht, wie laut es war“, sagte Weller: „Leider mussten immer noch viele zu Hause bleiben.“ Mehr als 1300 Saisontickets hat der Club verkauft. Das Team lief in Sondertrikots auf, dankte darauf namentlich jedem Fan, der auf Rückzahlungen für entgangene Spiele verzichtete.

Bei allen Automatismen – die Hoffnung auf mehr Zuschauer bleibt vage. Am Mittwoch, 21. Oktober (20 Uhr), kommt Bayer Dormagen, Tickets sind in der Online-Bestellung von Mittwoch an nur Dauerkarteninhabern vorbehalten, wenn es am Dienstag vonseiten der Stadt keine weiteren Einschränkungen gibt.

Die Aufstellung des HSV Hamburg: Maier (10 Paraden) – Weller (9 Tore/3 Siebenmeter), Bergemann (8), Ossenkopp (4), Bauer (3), Tissier, Gertges, Schimmelbauer, Forstbauer (je 2), Kleineidam, Feit, Fick, Möller.