FC St. Pauli

Es ist offiziell: Der Aufstieg ist kein Tabuthema mehr

| Lesedauer: 7 Minuten
Carsten Harms und Julius Allzeit

St. Pauli – Rostock

Beschreibung anzeigen

Kiezclub untermauert mit dem beeindruckenden 4:0 gegen Rostock Platz eins. Kapitän Ziereis: „Wir können uns nur selbst aufhalten“.

Hamburg.  Guido Burgstaller schenkte sein Trikot einem Fan auf der Gegengeraden, Jakov Medic tat es ihm gleich und machte einen Anhänger auf der Haupttribüne froh. Nach einer weiteren Fußballgala, dem 4:0 (2:0) gegen den FC Hansa Rostock, und dem sechsten Heimsieg in Folge herrschte bei schönstem Herbstwetter wieder einmal eitel Sonnenschein beim FC St. Pauli und seinen Anhängern.

Nicht nur an der Bilanz von 25 Punkten aus den ersten elf Saisonspielen, sondern auch an der fast schon schwindelerregenden Zahl von 27 eigenen Treffern lässt es sich trefflich berauschen. Dass mit dem – von den ersten zehn Minuten einmal abgesehen – höchst überzeugenden 4:0 gegen den Nordrivalen die Tabellenführung mit drei Punkten Vorsprung bestätigt wurde, war ein hübscher Nebeneffekt.

FC St. Pauli: Ziereis bringt den Aufstieg ins Spiel

Schon nach einigen vorherigen Spielen hatten die gegnerischen Trainer nach Niederlagen ihrer Mannschaft gegen St. Pauli das Millerntorteam zum Aufstiegsanwärter gekürt. Jetzt traute sich nach dem Spiel auch Kapitän Philipp Ziereis aus der bisher praktizierten Deckung. „Wenn wir solche Spiele Woche für Woche abliefern, dann ist klar, dass das Thema Bundesliga immer wieder hochkommt“, sagte der Innenverteidiger bei Sky.

Die Fans hatten zuvor schon gesungen: „Wir holen die Meisterschaft...“ Ihnen versprach Ziereis: „Wir arbeiten Woche für Woche hart, geben weiter Gas und wollen weiter das Maximum rausholen.“ Und angesichts dessen, dass sein Team nun seit der 0:1-Niederlage in Hannover fünf Spiele in Folge gewonnen und dabei immer mindestens drei Treffer erzielt hat, befand er auch noch: „Wahrscheinlich können wir uns nur noch selbst aufhalten.“

Ziereis: „Wir haben noch einen sehr langen Weg vor uns"

Immer mehr erinnert das aktuelle Auftreten der St.-Pauli-Mannschaft an den Weg von Arminia Bielefeld und des VfL Bochum, die in den beiden vergangenen Spielzeiten nach einer zunächst starken Rückrunde mit einer eingespielten und stimmig zusammengestellten Mannschaft eine überragende Saison hinlegten und jeweils als Zweitligameister den Sprung in die Bundesliga schafften.

Dabei hatte Bielefeld vor zwei Jahren nach elf Spielen, also knapp einem Drittel der Saison noch drei Punkte weniger als jetzt St. Pauli. Bochum hatte zum selben Zeitpunkt sogar „nur“ 20 Zähler gesammelt. Wohl um zu zeigen, dass ihn die Euphorie noch nicht völlig übermannt hat, fügte Ziereis an: „Wir haben aber noch einen sehr langen Weg vor uns. Vor der Saison haben nicht viele mit uns gerechnet, deswegen genießen wir das. Mal schauen, was am Ende rauskommt.“

Rostocker bekamen Stärke von St. Pauli zu spüren

Welche Qualität St. Pauli mittlerweile besitzt, hatten die Rostocker nach knapp einer Viertelstunde zu spüren bekommen, nachdem sie sehr mutig gestartet waren und das Spiel zehn Minuten lang bestimmt hatten. Schon die zweite eigene Torannäherung nutzten die Hamburger zur 1:0-Führung. Dabei erreichte Außenverteidiger Luca Zander einen Steilpass von Daniel-Kofi Kyereh knapp vor der Torauslinie, sein Pass nach innen war aber immer noch so präzise, dass ihn der heranstürmende Jackson Irvine per Kopf aus kurzer Distanz ins Tor (12.) beförderte.

Die Einzelkritik von St. Pauli:

Hatte der Australier einige Tage zuvor noch angekündigt, bei seinem ersten Tor für St. Pauli „etwas Verrücktes“ als Torjubel machen zu wollen, so rannte er jetzt nur mit erhobenem Zeigefinger Richtung Eckfahne, ehe ihn seine Mitspieler beglückwünschten. Vielleicht war gerade dieses Normale für ihn schon verrückt. Nüchterner Fakt ist, dass Irvine nun bereits der zehnte Torschütze seines Teams in der Liga in dieser Saison ist, was ein deutliches Indiz für die offensive Unberechenbarkeit des gesamten Teams ist.

Burgstaller traf zum 3:0

Als sechs Minuten später Kyereh ebenfalls per Kopf das 2:0 erzielt hatte, befand sich St. Pauli schon wieder auf dem richtigen Weg, seiner Rolle als Tabellenführer gerecht zu werden. Linksverteidiger Leart Paqarada hatte die Flanke auf Kyereh mit seinem schwächeren rechten Fuß geschlagen. Wenn man vor Selbstvertrauen nur so strotzt, traut man sich eben auch dies zu und kann sich freuen, dass es gelingt.

Im Torreigen durfte auch diesmal Guido Burgstaller nicht fehlen. Nachdem Videoassistent Daniel Siebert das vermeintliche 3:0 in der 50. Minute wegen einer Abseitsstellung von Passgeber Irvine aberkannt hatte, spürte man bis auf die Tribüne den Ehrgeiz des Torjägers. Prompt traf er nach einer weiten Flanke von Marcel Hartel volley zum regulären 3:0 mit einer faszinierenden Selbstverständlichkeit.

Schultz hatte seinen Anteil am 4:0

Am 4:0 (78.) schließlich hatte Trainer Timo Schultz einen wichtigen Anteil. Als es Ecke für sein Team gab, bestand er beim vierten Offiziellen darauf, dass er noch vor der Ausführung die bereitstehenden Simon Makienok und James Lawrence einwechselt. Beide orientierten sich in Rostocks Strafraum, Lawrence kam prompt an den Ball, leitete diesen weiter zu Makienok, der aus kurzer Distanz unter das Tordach traf.

„Wenn man ein Spiel nach dem anderen gewinnt, ist klar, dass das Selbstvertrauen sehr hoch ist, dann klappen dann auch solche Joker-Tore“, sagte Schultz später, der an diesem sportlich berauschenden Nachmittag keinerlei Beanstandungen an der Leistung seiner Mannschaft hatte.

FC St. Pauli: Leistungsträger vor DFB-Pokalspiel entlastet

Die deutliche Führung in der zweiten Halbzeit ermöglichte es ihm zudem, im Hinblick auf das schon am Mittwoch (18.30 Uhr) anstehende DFB-Pokalspiel einige frühe Auswechslungen vorzunehmen, um Leistungsträger zu entlasten. Auch hier wartet ein lohnendes Ziel: Die dritte Pokalrunde hat St. Pauli seit 2005 nicht mehr erreicht. Da spielte Schutz noch selbst...

FC St. Pauli: Vasilj – Zander (69. Dzwigala), Ziereis, Medic (77. Lawrence), Paqarada (69. Ritzka) – Aremu – Irvine, Hartel – Kyereh (82. Amenyido) – Burgstaller (77. Makienok), Dittgen.

Hansa Rostock: Kolke – Neidhart (70. Riedel), Meißner, Roßbach, Meier – Fröde, Rother – Omladic (61. Munsy), Behrens (78. Bahn), Schumacher (61. Duljevic) – Verhoek (61. Mamba).

Schiedsrichter: Harm Osmers (Hannover)

Tore: 1:0 Irvine (12.), 2:0 Kyereh (18.), 3:0 Burgstaller (62.), 4:0 Makienok (78.).

Zuschauende: 22.006.

Gelbe Karten: Verhoek (3), Rother (2).

Statistik: Torschüsse: 17:5, Ecken: 6:0, Ballbesitz: 52:48 Prozent, Zweikämpfe: 109:67, Laufleistung: 116,43:111,48 km.

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: St. Pauli