Leipzig/Rotterdam. Im Spiel der Niederlande gegen Frankreich am Freitagabend könnten die Deutschen Zeuge ihrer eigenen Degradierung werden.

Gewissermaßen machtlos zu sein, ist nicht gerade ein behagliches Gefühl. Zusehen zu müssen, wenn an anderer Stelle die eigene Zukunft in nicht ganz unbeträchtlichem Maße beeinflusst wird. „Aus eigener Kraft können wir die Nations League nicht halten“, beschreibt Bundestrainer Joachim Löw das ungewohnte Szenario, das sich am Freitagabend ergeben wird. Dann nämlich empfangen die Niederlande den Fußball-Weltmeister Frankreich in Rotterdam (20.45 Uhr/DAZN live).

Es ist jene Partie, die darüber entscheidet, ob die bislang mit nur einem mickrigen Pünktchen ausgestatteten Deutschen als Absteiger aus dem neu erschaffenen Wettbewerb feststehen. Oder ob sie noch eine Chance erhalten, die Klasse zu wahren. Am Tag nach dem Freundschaftsspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Russland (nach Andruck dieser Ausgabe) ist dieser abendliche Termin der wichtigste Eintrag im gemeinsamen Kalender. Die Nationalspieler werden im Mannschaftshotel in Leipzig zusammen hinschauen und hoffen, dass sie nicht Zeuge ihrer eigenen Degradierung werden. Abstieg auf der Couch? Bitte nicht!

Finale DFB-Partie am Montag gegen Niederlande

„Absteigen tut keiner gern“, sagt einer von denen, die zuletzt zu den Lichtblicken in der deutschen Mannschaft zählten: Serge Gnabry, Profi beim FC Bayern München. „Wir müssen darauf hoffen, dass das Spiel so ausgeht, dass wir am Montag noch eine Chance haben.“ Am Montag steht die finale deutsche Partie gegen eben jene Niederländer an. Und was in dieser Begegnung möglich und nötig ist, entscheidet sich am Freitagabend.

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Gewinnen die Niederlande gegen Frankreich, steigt Deutschland gewiss in die Division B ab und muss mit stärkeren Gegner in der Qualifikationsrunde zur EM 2020 rechnen. Bei einem Unentschieden müsste Löws Elf am Montag mit vier Toren Unterschied gewinnen. Behält Frankreich die Oberhand, tut es ein deutscher Sieg ohne Anspruch auf eine bestimmte Höhe.

Es ist eine hübsche Pointe, dass es ausgerechnet der gern verlachte Rivale („Ohne Holland fah‘n wir zur WM“) ist, der es nun in zwei Spielen in der Hand hat, dem oft ungeliebten Nachbarn den nächsten schweren Wirkungstreffer nach dem Vorrunden-Aus bei der WM in Russland und einem Kalenderjahr 2018 mit bislang schon historisch vielen Niederlagen (sechs) zu versetzen. Zumal jene Niederländer als krasse Außenseiter in diese Gruppe mit den beiden jüngsten Weltmeistern gegangen waren. Doch ihr Vorteil: Den Umbruch, den die deutsche Mannschaft gerade erst probiert, hat sie schon hinter sich gebracht. Prachtvoll zu bestaunen beim 3:0-Sieg gegen die Deutschen vor einem Monat.

Koeman verkneift sich Häme in Richtung der Deutschen

„Schön, dass das Vertrauen in die Mannschaft wieder da ist“, sagt Ronald Koeman, der Bondscoach. Er hat das Land aus der sportlichen Schockstarre befreit. Häme in Richtung der Deutschen verkneift nicht nur er sich. Vermutlich auch weil die eigenen Blamagen noch nicht so weit zurück liegen: Die EM in Frankreich 2016 und die WM im Sommer verpasste das stolze Fußball-Völkchen. Vor den letzten beiden Spielen in der Nations League ist auch die Endrunden-Teilnahme in der Nations League im Sommer 2019 noch drin.

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Aber ist ein Sieg gegen Frankreich, das einen Punkt zum Gruppensieg benötigt, wirklich realistisch? Zumindest reist das Star-Ensemble nicht im Vollbesitz seiner Kräfte an. Trainer Didier Deschamps muss auf Stars wie Paul Pogba, Anthony Martial (beide Manchester United), Alxenadre Lacazette (FC Arsenal) und Benjamin Mendy (Manchester City) aufgrund von Verletzungen verzichten. Weil besonders in der Offensive die Personaldecke dünn zu werden droht, nominierte Deschamps erstmals den Mönchengladbacher Stürmer Alassane Pléa, der gegen die Niederlande sein Debüt geben könnte.

„Wenn wir absteigen, dann müssen wir das hinnehmen, weil unsere Ergebnisse nicht so waren, wie wir uns das vorgestellt haben“, sagt Bundestrainer Joachim Löw und lässt wissen, dass selbst dieses unschöne Szenario „kein Weltuntergang“ wäre, was vermutlich stimmt. Doch die deutsche Hoffnung auf der Couch dürfte groß sein, dass sich Didier Deschamps und seine Mannschaft wie angekündigt nicht zu Nachlässigkeiten hinreißen lassen werden. „Wir sind Weltmeister“, sagt der Franzose, „und werden uns auch so benehmen.“