Essen. Die Tampa Bay Buccaneers von Quarterback-Superstar Tom Brady stehen im Super Bowl der NFL. Dort kommt es zum Duell zweier Generationen.

Als es vollbracht war, als er die American-Football-Welt noch einmal überrascht hatte, wollte Tom Brady nur einen sehen: seinen Sohn. Zum zehnten Mal steht Tom Brady in der Eliteliga NFL im Finale um den Super Bowl, und das in seinem ersten Jahr bei den Tampa Bay Buccaneers. Der 43-Jährige hätte diesen besonderen Moment mit seinen Teamkollegen feiern können, aber er stand an der Tribüne und sagte zu den Ordnern: „Kann ich kurz meinem Sohn ,Hi‘ sagen?“ Der 13-jährige John sprintete die Stufen hinunter, die beiden umarmten sich, und Tom Brady sagte: „Love you kiddo. How ´bout that?“ Ich liebe Dich, Kleiner. Und: Na, wie findest Du das? Mit 31:26 hatten die Buccaneers das Halbfinale bei den Green Bay Packers gewonnen, im Winter des Bundesstaates Wisconsin bei minus 1,7 Grad. Brady hatte nicht das beste Spiel in seiner 21-jährigen Karriere absolviert. Er warf zwar drei Touchdown-Pässe, aber auch drei Interceptions – also dreimal den Ball direkt in die Arme eines Gegenspielers. Aber in den entscheidenden Momenten war er hellwach, zum Beispiel sieben Sekunden vor der Pause, als er einen Pass über 40 Yards in die Arme von Scotty Miller warf – Touchdown zum 21:10, eine Vorentscheidung. In den USA gratulierten deshalb viele NFL-Profis anderer Teams, aber auch gewöhnlich kritische Experten. Und es fiel meist nur ein Satz: „Er ist einfach der GOAT.“ GOAT steht als Abkürzung für „Greatest of all time“, der Größte aller Zeiten.

Historischer Einzug in den Super Bowl

Brady selbst lobte nach dem Triumph seine Teamkollegen: „Football ist der ultimative Teamsport. Jeder hat seine Rolle gespielt, und ich bin stolz auf die Mannschaft und darauf, ein Teil davon zu sein. Jetzt kommt ein großes Spiel. Aber lasst uns das jetzt ein bisschen genießen.“ Denn historisch ist der Einzug in den Super Bowl nicht nur für Brady, sondern auch für sein Team.

Die Buccaneers, übersetzt Freibeuter, aus dem Sonnenstaat Florida waren so etwas wie der SV Werder Bremen der NFL. Sympathische Mannschaft, die Erfolge aber lagen weit zurück. Vor 13 Jahren gelang letztmals der Einzug in die Play-offs, im Jahr 2003 feierten die „Bucs“ ihren einzigen Super-Bowl-Sieg.

Tom Brady wollte es noch einmal wissen

Im Sommer 2020 starteten sie aber eine große Offensive auf dem Spielermarkt – und das hatte einen Grund: In der Nacht zum 8. Februar (0.30 Uhr/Pro7) steigt der 55. Super Bowl im Raymond-James-Stadion in Tampa Bay – in einem Stadion mit einem 43 Meter langen Piratenschiff aus Holz und Stahl auf einer Tribünenseite. Obwohl es noch keiner Mannschaft zuvor gelungen war, ein Finale im eigenen Stadion zu erreichen: Die Bucs wollten es wenigstens versuchen.

Und sie fanden Tom Brady. Der „GOAT“ bei den Bucs – als würde Lionel Messi seine Karriere irgendwann in Bremen ausklingen lassen. Nach 20 Jahren mit sechs Super-Bowl-Siegen bei den New England Patriots hatten sich Brady und Patriots-Cheftrainer Bill Belichick auseinandergelebt. Nicht wenige spekulierten auf ein Karriere-Ende Bradys. Doch trotz aller Warnungen und Gefahren wollte er es noch einmal wissen. Und während die Patriots schon in der regulären Saison scheiterten, triumphierten die Bucs mit dem 68-jährigen Cheftrainer Bruce Arians.

Der baute um Brady ein Team mit zahlreichen Routiniers zusammen: Wegen Brady beendeten die Pass-Empfänger Antonio Brown (32) und Rob Gronkowski (31) ihre Karrierepause. Die Bucs-Spieler Mike Evans (27), Jason Pierre-Paul (32) und Ndamukong Suh (34) blieben in Tampa. Arians und Brady bauten eine besondere Beziehung auf. „In New England durfte er nicht auch mal selbst coachen – ich erlaube ihm, er selbst zu sein. Manchmal lehne ich mich einfach zurück und schaue zu“, sagte Arians. Zunächst benötigte das Team eine Weile, um sich einzuspielen. Nach zwölf Spieltagen lautete die Zwischenbilanz 7:5, die Play-off-Teilnahme geriet in Gefahr. Seitdem ist das Team aber unbesiegt.

Buccaneers beim Super Bowl nur Außenseiter

Dass den Buccaneers das auch im Super Bowl gelingt, ist aber unwahrscheinlich. Denn obwohl Brady den Titel schon sechsmal gewann, ist sein Team Außenseiter. Die Bucs treffen auf den Titelverteidiger Kansas City Chiefs, der im zweiten Halbfinale die Buffalo Bills locker mit 38:24 besiegte. Die Chiefs waren auch in dieser NFL-Saison das beste Team.

Duell der Superstars: Tom Brady (r.) trifft im NFL-Finale auf seinen möglichen Nachfolger Patrick Mahomes.
Duell der Superstars: Tom Brady (r.) trifft im NFL-Finale auf seinen möglichen Nachfolger Patrick Mahomes. © AFP

Nun kommt es zum Duell der Generationen: Brady trifft auf den Quarterback, der am ehesten seine Nachfolge als bestimmender Spieler über Jahrzehnte antreten könnte: Patrick Mahomes (25) spielt erst seine dritte NFL-Saison, steht aber bereits zum zweiten Mal im Super Bowl. Er ist begeistert von der Finalpaarung und bedient sich eines bewusst stark übertriebenen Vergleichs: „Gegen einen der besten, wenn nicht den besten Quarterback aller Zeiten spielen zu können, in seinem 150. Super Bowl: Das ist auf jeden Fall etwas Besonderes.“