Leverkusen. Kevin Volland von Bayer Leverkusen kann die Zukunft im DFB-Angriff gehören. Hier redet er über seine Chancen. Das Interview.

Kevin Volland sitzt frisch geduscht beim Interview-Termin. Gerade hat er mit Bayer Leverkusen trainiert. Mal wieder war es warm. „Wie die ganze Vorbereitung“, sagt Volland. Die harten Einheiten wurden so noch härter, doch der 26-jährige Stürmer weiß, wofür er arbeitet. Nachdem Sandro Wagner und Mario Gomez aus der Nationalmannschaft zurückgetreten sind, sucht Bundestrainer Joachim Löw neue Angreifer. Schon in der vergangenen Spielzeit erzielte Volland 14 Tore. Die WM-Blamage verfolgte er trotzdem vor dem Fernseher. Jetzt hat er die Chance, seinen zehn Länderspielen weitere hinzuzufügen.

Herr Volland, wie war der Urlaub?

Kevin Volland: Der Urlaub war für mich relativ entspannt, meine Tochter ist ja noch klein. Deswegen sind wir die meiste Zeit im Allgäu geblieben, da konnten sich die Oma und Opa auch mal um die Kleine kümmern.

Wären Sie nicht gerne etwas später in den Urlaub gefahren, um vorher bei der WM dabei zu sein?

Kevin Volland: Klar, war ich enttäuscht und wäre gerne dabei gewesen. Aber ich konnte die Entscheidung realistisch einschätzen. Ich war schon vorher anderthalb Jahre nicht mehr dabei, deswegen habe ich mir nicht mehr die größten Chancen ausgerechnet.

Sie haben immerhin 14 Tore geschossen, da hätte man auch auf Sie kommen können.

Kevin Volland: Die Entscheidung trifft der Bundestrainer, ich kann nur Gas geben. Es wäre chön, wenn es wieder klappt. Auch wenn die Konkurrenz groß ist.

Einige vermissen nach dem WM-Aus die guten Stürmer in Deutschland. Wie erleben Sie die Diskussion?

Kevin Volland: Nach so einem WM-Abschneiden wird immer diskutiert. Ich sehe das aber nicht so. Wir haben gute Stürmer in Deutschland.

Trotzdem wird nach dem WM-Aus Vieles hinterfragt.

Entspannter Blick: Kevin Volland mit Reporter Marian Laske.
Entspannter Blick: Kevin Volland mit Reporter Marian Laske.

Kevin Volland: Ich würde mir wünschen, dass in Deutschland nicht alles so dramatisch gesehen wird. Kritik ist okay, aber der Ton ist mitunter grenzwertig. Hier schießt uns ein Spieler zum Weltmeister-Titel und wird kurze Zeit später wieder durch den Dreck gezogen. Das geht eigentlich nicht. Natürlich gehören negative Kommentare zum Job dazu, aber es werden Grenzen überschritten.

Wie haben Sie das WM-Aus denn erlebt?

Kevin Volland: Ich habe die Spiele natürlich verfolgt. Das Aus war bitter, auch für mich als Deutschland-Fan. Es ist ein Dämpfer, das gehört zum Sport dazu. Das haben wir in Leverkusen auch gemerkt.

Sie sprechen die Krise vor zwei Jahren an. Warum kommt es zu solchen Leistungseinbrüchen?

Kevin Volland: Bei uns in Leverkusen gab es damals einen kleinen Umbruch. Wir dachten vielleicht auch, dass es von alleine geht, nachdem wir vorher regelmäßig in der Champions League vertreten waren. Außerdem gab es Unruhe in der Mannschaft, der Zusammenhalt hat nicht gepasst. Dann kann es in die andere Richtung gehen.

Kommen wir zur aktuellen Situation in Leverkusen. Wie sehen Sie die Rolle Ihrer Mannschaft?

Kevin Volland: Die Vorbereitung war sehr gut. Wir haben von der Intensität her noch mal eine Schippe draufgelegt. Ich bin für die Saison guter Dinge.

Einige Ihrer Kollegen sprechen vom Titelkampf. Und Sie?

Kevin Volland: Ehrgeizige Ziele kann und sollte man sich setzen, jeder will mal einen Pokal in die Luft stemmen. Wir haben die Qualität dazu, Titel zu gewinnen. Aber ich habe mit Sven Bender darüber geredet, der Meister und Pokalsieger mit dem BVB wurde. Er sagt, dass vom Anfang bis zum Ende alles passen muss.

Was sind Ihre Ziele?

Kevin Volland: Wir wollen auf jeden Fall in die Champions League kommen. Das ist schwer genug. Zumal wir in drei Wettbewerben vertreten sind. Die Deutsche Meisterschaft ist sehr schwer zu gewinnen, der DFB-Pokal ist möglich, in der Europa League wollen wir zeigen, dass der deutsche Fußball da auch ein Ausrufezeichen setzen kann.

Die Leistungsträger haben alle ihren Vertrag verlängert. Zahlt Bayer so hohe Gehälter – oder warum bleiben alle Spieler?

Kevin Volland: Wir haben eine coole Truppe, es macht auch neben dem Platz Spaß. Man kann sich hier weiterentwickeln. Natürlich haben wir auch Spieler, die Angebote aus dem Ausland haben, die dort sicherlich mehr verdienen könnten. Aber es gibt auch andere Dinge, die wichtig sind. Das Gesamtpaket muss passen. Das passt hier. Ich finde, man sollte erstmal konstant zwei, drei Jahre auf einem Level spielen, dann kann man über den nächsten Schritt nachdenken.

Was wollen Sie persönlich erreichen?

Kevin Volland: Ich will versuchen, an die gute letzte Saison anzuknüpfen. Möglichst wieder zweistellig zu treffen.

Sie haben in der vergangenen Saison noch mal einen Leistungssprung gemacht. Wie hat Ihnen Trainer Heiko Herrlich dabei geholfen?

Kevin Volland: Er hat mir viel Vertrauen geschenkt. Auch in den Phasen, in denen ich nicht jeden Ball reingehauen habe. (grinst) Zudem trainieren wir viel Torschuss, aber auch die Abläufe in Ballbesitz. Das ist noch mal etwas Neues für mich gewesen, weil ich vorher fast nur Pressing gespielt habe.

Was zeichnet Herrlich aus?

Kevin Volland: Er bleibt sich selbst treu. Er setzt auf ein gutes Klima in der Mannschaft. Er war selber Spieler, er weiß, wie viele Dinge ablaufen. Und er gibt uns auf dem Platz viele Lösungen an die Hand.

Was schätzen Sie an Leverkusen?

Kevin Volland: Ich bin das dritte Jahr hier und es gibt hier optimale Bedingungen. Wir können uns als Mannschaft sehr auf uns und unser Spiel konzentrieren.

Weil das Umfeld nicht so aufgeregt ist?

Kevin Volland: Es kommt darauf an. Wir haben vor zwei Jahren im Kampf um den Klassenerhalt gemerkt, dass auch hier ein rauer Wind wehen kann. Und das völlig zu Recht. Da gab es eine Aussprache mit den Fans am Zaun, da war es unruhig.

Wie haben Sie die Fanproteste erlebt?

Kevin Volland: Nicht nur wir als Mannschaft, auch die Fans entwickeln sich weiter. Ich habe den Eindruck, dass uns die schwierige Phase damals mehr zusammengeschweißt hat. Wir sind eine Ballbesitz-Mannschaft, spielen meist von hinten heraus und dabei den Ball auch mal nach hinten. Vor dem Hintergrund ist es förderlich, wenn die Fans den Weg mitgehen und nicht nach zehn Minuten schon die ersten Pfiffe kommen.

In der vergangenen Saison hat BVB-Torwart Roman Bürki ähnliches bemängelt und wurde dafür hart kritisiert. Finden Sie, Fußballspieler können offen über solche Probleme diskutieren?

Kevin Volland: Mit unseren Fans kann man offen diskutieren. Wir Spieler müssen natürlich abliefern. Aber die Fans können eben auch dazu beitragen, dass wir erfolgreich sind. Dass es mal Unruhe gibt, dass es emotional wird, das ist völlig normal.

Sie haben Ihre Karriere bei dem Traditionsverein 1860 München begonnen. Reizt Sie noch mal so ein Verein?

Kevin Volland: Ich habe Hoffenheim und Leverkusen in erster Linie aus sportlichen Gründen ausgewählt. Außerdem hat auch Leverkusen in seiner Vereinsgeschichte schon viel erlebt.

Viele Spieler kommen aus der Jugend von 1860 München. Woran liegt das?

Kevin Volland: Ich hatte damals auch ein Probetraining beim FC Bayern. Man muss ja als 14-, 15-Jähriger realistisch einschätzen, bei welchem Verein man eher die Chance hat zu spielen. Ich habe damals eine größere Chance bei 1860 gesehen, weil sie auf ihre Jugendarbeit angewiesen waren.

Wie haben Sie Ihre Jugend erlebt?

Kevin Volland: Der Weg zum Profi ist verdammt schwer, das sehen viele nicht. Es gibt viele Spieler, die vom Talent her auf dem Niveau spielen können, die es dann aber vom Kopf nicht hinkriegen, von der Schnelligkeit, von der Disziplin. Ich musste auf sehr viel verzichten. Ich war im Internat, während meine Freundin zum ersten Mal auf Partys gegangen ist. Es gab Wochen, in denen ich kaum bei meiner Familie war. Das ist knackig. Und wenn man den Verein verlässt, kommen sofort neue Spieler.

Trotzdem sprechen viele von einer verwöhnten Fußball-Jugend. Einige wollen die Gehälter deckeln. Wie sehen Sie das?

Kevin Volland: Eine Gehaltsdeckelung ist juristisch fragwürdig, und daran müssten sich alle Vereine in ganz Europa halten. Da bin ich skeptisch. Grundsätzlich ist es so: Wenn ein junger Spieler aus der U19 ein lukratives Angebot hat, dann muss der junge Spieler schon mit 17, 18 Jahren eine wegweisende Entscheidung treffen. Er könnte schon ein Top-Gehalt verdienen, vielleicht spielt er aber bei dem Verein nicht. Dann aber den anderen Weg zu gehen, nicht den Topklub zu wählen, das ist auch schwer, weil man auf Geld verzichtet. Für sowas wäre eine Deckelung, eine Art Selbstverpflichtung der Clubs gar nicht schlecht.

Gibt es einen Kampf um Talente?

Kevin Volland: Jeder Verein muss heute schon sehr früh an den Talenten dran sein. Später müssen sehr hohe Summen gezahlt werden.

Zurück zu Leverkusen. Wer sind Ihre gefährlichsten Konkurrenten?

Kevin Volland: Im Kampf um die Champions-League-Plätze sind das Schalke, der BVB, Gladbach, Wolfsburg, Hoffenheim, Leipzig – und dann gibt es immer noch eine Überraschung.

Ist es eine Stärke der Bundesliga, dass sie so ausgeglichen ist?

Kevin Volland: Ich finde schon. Man darf keinen Gegner unterschätzen. Jedes Spiel ist schwierig. Bayern hat in den letzten Jahren in einer eigenen Liga gespielt, das muss man ganz klar anerkennen. Vielleicht gelingt es uns Konkurrenten dieses Jahr, dass wir die Bundesliga wieder spannender machen, dass wir wieder mit mehr Mut gegen den FC Bayern antreten. Das würde der Liga gut tun. Das kann gelingen, wir haben ja noch andere gute Mannschaften in der Bundesliga.

Reizt Sie in der Zukunft das Ausland?

Kevin Volland: Ich wäre vermutlich eher ein Typ für die Insel. Wobei Spanien auch eine coole Liga ist. Es gab schon mal Anfragen von der Insel – auch aus Spanien. Aber ich wollte immer in Deutschland bleiben. Ich weiß aber nicht, wie es in ein paar Jahren ist.

Was müsste passieren, dass Sie am Ende zufrieden mit der Saison sind?

Kevin Volland: Wir müssten die Champions-League-Qualifikation schaffen. Und es wäre super, wenn wir ein großes Spiel hätten. Ein Finale. Ein Spiel, auf das alle hinfiebern – vielleicht das DFB-Pokalfinale in Berlin. Das wäre schön.