Fünf Fragen: Ulrike von Albedyll

Wie gehen Hoteliers mit Online-Kritik um?

| Lesedauer: 4 Minuten

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Schlechter Service, muffige Zimmer, Essen versalzen? Immer mehr Leute studieren im Internet die Erfahrungen anderer Gäste.

Abendblatt:

Immer mehr Hotelgäste - Urlauber wie Geschäftsleute - informieren sich vor der Buchung in einem der zahlreichen Bewertungsportale im Internet. Wie ernst nehmen Hoteliers und Gastronomen diese neue, sehr direkte Form der Kritik und des Lobes?

Ulrike von Albedyll:

Die Bedeutung dieser Portale hat auch für die Hotellerie und Gastronomie in den letzten Jahren zugenommen. Bewertungen sind zwar immer nur eine Momentaufnahme, aber viele Momentaufnahmen ergeben ein Spiegelbild, im positiven wie im negativen Sinne. Davon können Hotellerie und Gastronomie profitieren. Lob führt zu erhöhter Motivation, konstruktive Kritik muss ernst genommen werden, beides kann zu zufriedeneren Gästen führen. Wichtig ist aber - sowohl für den potenziellen Gast als auch für den Hotelier - die Seriosität eines Bewertungsportals. Prinzipien wie Vorbeugung von Manipulation, keine anonymen Bewertungen und redaktionelle Kontrolle sollten unbedingt eingehalten werden.

Abendblatt:

Haben die alten "Bibeln" und "Vorkoster", der seriöse "Michelin", der fröhliche "Gault Millau", der dröge "Varta" oder der arrogante Altmeister Siebeck ihre - im engsten Sinne des Wortes - Führungsrolle an die neuen Medien abgeben müssen? Können zehn oder auch nur fünf Verrisse bei Tripadvisor oder einem der anderen großen Online-Portale eine gut begründete gute Note in den klassischen Restaurant- und Hotelführern überflüssig machen?

von Albedyll:

Nein. Die Bewertungsportale sind eine gute Ergänzung zu den "Klassikern". Die Beurteilungen in den Führern werden von Branchenkennern geschrieben. Sie haben in der Regel einen guten Überblick über die Hotel- und Restaurantlandschaft. Bei den Portalen ist das eher nicht der Fall. Dafür sind die Bewertungen in den Portalen in der Regel aktueller, da die "Klassiker" nur einmal im Jahr erscheinen.

Abendblatt:

Wer sind denn aus Ihrer Sicht die kompetenten "Fachleute" - die abgebrühten Profis aus den Verlagen oder die Kunden vor Ort, auf die es doch letztendlich bei einer Bewertung ankommen sollte?

von Albedyll:

Weder die einen, noch die anderen. Bewertungen können eine Entscheidung immer nur erleichtern. Wenn einem die Meinung Dritter wichtig ist, sollte man sich die Bewertungen sowohl in den klassischen Führern als auch in den Bewertungsportalen anschauen. Ob die Bewertungen letztlich dem entsprechen, was der Gast vor Ort vorfindet, ist eine andere Frage. Letztlich sind die Blickwinkel und Geschmäcker aller "Bewerter" immer subjektiv. Was dem einen gefällt, sagt dem anderen nicht zu.

Abendblatt:

Können sich Hoteliers und Köche gegen allzu derbe Kritik, die sie wohl meistens eher als geschäftsschädigend denn als konstruktiv empfinden, überhaupt wehren?

von Albedyll:

Grundsätzlich gilt Meinungsfreiheit. Diese hat aber ihre Grenzen, wenn unrichtige Tatsachen behauptet werden oder es sich um herabwürdigende Schmähkritik handelt. Der Gastronom oder Hotelier hat in solchen Fällen die Möglichkeit, Schadensersatz zu fordern.

Abendblatt:

Die letzte Frage gehört nicht mittelbar zum Thema, hat aber auch mit dem Image der Branche zu tun: Warum wollen so wenige Hoteliers den unerwarteten Geldsegen aus der niedrigeren Mehrwertsteuer nicht wenigstens teilweise zu Preissenkungen nutzen?

von Albedyll:

Die Aussage kann ich so nicht bestätigen. Ich habe von vielen Hoteliers gehört, dass sie die Preise gesenkt haben. Genaueres werden wir durch eine Umfrage erfahren, die wir demnächst durchführen. Bei gewerblichen Kunden, die vor dem 1. September 2009 Nettopreisabsprachen mit dem Hotel getroffen haben, muss ohnehin nach Paragraf 29 des Umsatzsteuergesetzes eine Anpassung an den reduzierten Mehrwertsteuersatz erfolgen.

( Interview: Bernd Schiller )

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