Fünf Fragen: Peter-Mario Kubsch, Geschäftsführer von Studiosus, im Kurzinterview

"Kneipen sind so wichtig wie Kunstschätze"

| Lesedauer: 3 Minuten

Was macht heute eine gute Studienreise aus? Und warum ist das auch etwas für Familien?

Abendblatt:

Studienreisende sollen Ihrer Philosophie zufolge im alten Rom, im Heiligen Land, aber auch in Usbekistan oder in Äthiopien "dem Leben begegnen, sich auf Neues, Fremdes einlassen ..." Wie sieht das vor Ort aus?

Peter-Mario Kubsch:

Wir wollen unseren Gästen Land und Leute im Hier und Heute näherbringen. Da sind uns Kneipen so wichtig wie Kunstschätze, Märkte so aufschlussreich wie Museen. Und in vielen Ländern sind Naturwunder so bedeutend wie andernorts Kathedralen, der Grand Canyon oder die Wüste Gobi so eindrucksvoll wie der Petersdom - oder auch umgekehrt: Besuche in den Townships von Kapstadt so spannend wie die Victoria-Fälle.



Abendblatt:

Aus der klassischen "Bildungsreise" sind längst fröhliche Wander-, Fahrrad-, Kreuzfahrten geworden. Auch Angebote, die sich an Familien wenden, werden immer umfangreicher. Haben Kinder an Rom oder dem alten Griechenland wirklich Spaß?

Kubsch:

Und ob. Wenn wir im Circus Maximus Wettrennen veranstalten oder die Kinder auf Asterix' Spuren durch Rom schicken oder in England mit Harry Potter in die Zauberschule Hogwarts. Kein Segment wächst bei uns so stark wie die Familien-Studienreisen.



Abendblatt:

Der Reiseleiter, eigentlich ja Spezialist für Länder und Kulturen, ist immer auch ein bisschen Seelsorger und Psychologe - nun auch noch Animateur?

Kubsch:

Er oder sie wird auch künftig keine Pappnase tragen, wohl aber viel stärker als früher Motivation verbreiten und ein Gespür für Stimmungen in der Gruppe mitbringen. Jeder unserer über 600 Reiseleiter besucht mindestens einmal im Jahr ein hochkarätiges Seminar, wo auch Methodik, Didaktik, ja sogar Körpersprache trainiert wird.



Abendblatt:

Manche Programme lesen sich anstrengend. Da wird selbst nach Überseeflügen gleich nach der Ankunft ins Programm gesprungen. Und auch lange Busfahrten sind keine Ausnahme. Geht es nicht etwas entspannter?

Kubsch:

Auf Fernreisen wollen wir unsere Gäste möglichst schnellan den neuen Tagesrhythmusgewöhnen. Auf kulturelle und klimatische Anpassung wird dabei aber sehr wohl geachtet. Und wenn es vom Programm hermöglich ist, unterstützen wir auch individuelle "Alleingänge".



Abendblatt:

Reagieren Studienreisende sensibler auf politische, soziale oder ökologische Probleme vor Ort als Badetouristen?

Kubsch:

Ja, das hat gerade wieder eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung bewiesen. Wir engagieren uns deshalb schon lange in vielen Ländern bei Projekten für die Umwelt und für bessere Lebens- und Bildungsmöglichkeiten.



Peter-Mario Kubsch, 1956 in München geboren, leitet seit 1992 das von seinem Vater gegründete Unternehmen Studiosus. Als Chef von Europas größtem Spezialveranstalter für Studienreisen, aber auch als Gründungsmitglied des Studienkreises für Tourismus und Entwicklung engagiert er sich in Fragen des sozial verantwortlichen Reisens.

( Interview: Bernd Schiller )

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