Leichtathletik

Ahrensburg holt Weltklasse-Zehnkämpfer

| Lesedauer: 4 Minuten
Henrik Bagdassarian

Der Amerikaner Michael Morrison trainiert beim ATSV. Sein Ziel: die Weltmeisterschaft 2013. Bei den US-Trials tritt er im Trikot der Stormarner an.

Ahrensburg. Es ist ein Coup der Sonderklasse, auf den die Leichtathletiksparte des Ahrensburger TSV anstoßen kann und der ein weiteres Kapitel ihrer bislang erfolgreichen Leichtathletik-Historie einläutet: "Wir konnten mit Michael Morrison einen Zehnkämpfer mit absolutem Weltklasseniveau gewinnen", so Spartenleiter Michael Brackenwagen. Der Amerikaner wurde vergangenes Jahr auf dem dritten Platz der US-Rangliste geführt.

Ihm zur Seite steht mit Christopher Hallmann ein im Zehnkampf sehr erfahrener Trainer. Brackenwagen: "Zu seiner aktiven Zeit war Christopher ebenfalls ein absoluter Top-Athlet, der in seinen letzten beiden aktiven Jahren das Trikot des ATSV trug." Nun werde er seine Karriere in Ahrensburg offiziell als Trainer fortsetzen.

Bis Mitte Juni 2013 fokussieren sich alle Beteiligten auf ein Ziel: Bei den US-Trials in Des Moines im US-Bundesstaat Iowa will Morrison die Qualifikation für die Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Moskau (2013) schaffen.

Warum der kühle Norden Deutschlands und nicht das sonnige Kalifornien? Wie schon so oft in der Geschichte hielt wieder ein weibliches Wesen die Schicksalsfäden in den Händen. "Meine Freundin Herdis bekam nach der Universität eine Anstellung bei einem zurzeit sehr angesagten amerikanischen Textilunternehmen - allerdings nicht in den USA, sondern im fernen Hamburg", erzählt Morrison. Für den 24-Jährigen aus Norfolk/Virginia stand sofort fest: Alleine lässt er die hübsche Isländerin nicht nach "good old Germany" ziehen.

Kennengelernt haben sich beide auf der University of California, Berkeley. Herdis studierte Wirtschaft, Michael Politikwissenschaften und internationale Beziehungen. "Ich war über Deutschlands hervorragende Tradition im Zehnkampf bestens informiert, also kontaktierte ich einen alten Bekannten aus der Szene. Er empfahl mir Christopher Hallmann als den für mich optimalen Trainer", so Morrison.

Für den 29 Jahre alten Hamburger ergab sich somit die Chance seines Lebens. Als Athletiktrainer der Bundesliga-Hockeyspieler vom Hamburger Club an der Alster sowie diverser Hockey-Nationalspielerinnen vor den Olympischen Spielen in London weiß er genau, auf was er sich da einlässt. "Mit einem Mann wie Michael zusammen zu arbeiten ist eine einmalige Chance, auf die mancher Trainer ein Leben lang wartet", sagt Hallmann. Zudem habe die Chemie zwischen den beiden vom ersten Moment an gestimmt.

8118 Punkte: so die bisherige Bestleistung von Morrison. Nur acht Punkte weniger als der deutsche Zehnkämpfer Pascal Behrenbruch, Zehnter bei den diesjährigen Olympischen Spielen. "Speziell in den Wurfdisziplinen Diskus, Kugel und Speer ist bei Michael noch viel Luft nach oben", sagt Hallmann. "Das sind schon eher große Schrauben, an denen wir noch drehen können." 8200 Punkte peilt Hallmann für die US-Trials an - eine Punktezahl, die für das WM-Ticket reichen sollte.

Morrison lebt im Hamburger Stadtteil Winterhude, wird sich voll und ganz auf das Training konzentrieren. "Zweimal am Tag, fünf bis sechsmal die Woche trainiere ich mit Christopher", erzählt der Amerikaner, der das erste Mal in Deutschland ist. Ein Land, das ihm im Übrigen sehr gut gefalle, besonders die ruhigen Sonntage, an denen man ohne die übliche Hektik durch die Straßen bummeln könne.

"Wenn ein Weltklassemann bei den US-Trials in einem Ahrensburger Trikot aufläuft, werden wir natürlich sehr stolz sein", sagt Spartenleiter Brackenwagen. "Es ist schön zu sehen, dass für große Athleten nicht nur große Vereinsnamen zählen, sondern auch das Engagement, das bei kleineren Vereinen geleistet wird." Ein Projekt dieser Größenordnung koste natürlich Geld.

Der Etat der Leichathletiksparte wurde aber nicht angefasst. "Bisher wurde alles von Privatpersonen und Firmen finanziert und damit vorerst eine Basis geschaffen", so Brackenwagen weiter. "Wir benötigen aber dringend weitere Sponsoren, die sich für unser Projekt einsetzen möchten."

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Sport