Glinde. Michael Weidemann feilt dieser Tage an einer Begrüßungsrede. Er wird vor großem Publikum sprechen am kommenden Freitag im Forum des Schulzentrums am Oher Weg. Dann ist Auftakt für die Feierlichkeiten zum 125. Geburtstag der Glinder Feuerwehr, an deren Spitze der 54-Jährige steht. 350 Gäste sind geladen von 16 bis 19 Uhr, darunter Kreispräsident Hans-Werner Harmuth sowie Vertreter der Partnerwehren aus Worthing (England), Otava (Finnland), Carquefou (Frankreich) und Bacharach (Rheinland-Pfalz). Auch die Öffentlichkeit kann partizipieren. Am Sonnabend, 30. September, ist in der Wache und auf dem Gelände Tag der offenen Tür mit einigen Attraktionen. Auf eine große Sause am Abend mit Zugang für jedermann und Alkoholausschank verzichten die Retter.
„Das Jubiläum ist in erster Linie für die Kameraden. Ich möchte sie nicht noch mehr beanspruchen, indem weitere Aufgaben übernommen werden. Wir fahren 350 Einsätze pro Jahr, geben Löschhilfe auch überörtlich. Das ist sehr viel Arbeit“, sagt Weidemann, der seit 18 Jahren Wehrführer und bis 2029 gewählt ist. Pressesprecher Tom Reher ist es wichtig zu betonen, dass die Wehr abseits ihrer eigentlichen Tätigkeiten regelmäßig aktiv ist. „Wir beteiligen uns an kulturellen Veranstaltungen wie dem Marktfest.“ Nicht zu vergessen das etablierte Weinfest immer im September in der Wache, bei dem bis zu 400 Gäste kommen. In diesem Jahr fällt es wegen der nun anstehenden Veranstaltung aus.
Für Gäste mit weiter Anreise wurde eine komplette Pension gemietet
Für das Jubiläum haben die Planungen schon 2022 begonnen. Es gibt viel zu berücksichtigen. So musste geklärt werden, wo die befreundeten Feuerwehrkräfte aus dem Ausland unterkommen. Für sie hat Weidemann mehrere Tage die komplette Pension Haidhus im Reinbeker Stadtteil Neuschönningstedt gemietet. Eigentlich sollten mehr als 27 Personen aus anderen Nationen in Glinde mitfeiern. „Die Partnerwehr aus Kaposvár hat leider abgesagt. Dafür haben wir aber Verständnis, weil sie in Libyen Hilfe leistet“, berichtet Reher. Dort gab es Tausende Tote bei einer Überschwemmungskatastrophe. Durch das Fernbleiben der Ungarn hat Weidemann die Buchung eines weiteren Hotels rückgängig gemacht.
Das Begehen des Jubiläums kostet rund 80.000 Euro. Je 25.000 steuern die Stadt sowie der Förderverein der Feuerwehr bei. Der Rest wird der Gemeinschaftskasse entnommen. In der Summe enthalten ist zum Beispiel die neue Chronik der am 4. Mai 1898 gegründeten Wehr. Sie wird kommende Woche offiziell präsentiert. Das alte Werk umfasst 143 Seiten, darin gibt es Wissenswertes zu lesen bis zum Jahr 2013. Unter der Federführung von Zugführerin Bianka Bohn hat eine Arbeitsgruppe das Buch fortgeschrieben.
Am Tag der offenen Tür ist eine Hüpfburg für Kinder aufgestellt
Das Ausrichten des Festes ist nicht gerade günstig, weil neben Dekoration, Zimmeranmietung und Verköstigung den Gästen ein buntes Programm geboten wird. So geht es zum Beispiel auf Sightseeing-Tour nach Lübeck und mit der Dampflokomotive von Glinde nach Hamburg. Dazu kommt das Familienfest der Wehr am Sonntag von 11 bis 17 Uhr in der Wache – eine interne Sache.
Vor allem aber trommelt die Feuerwehr für den Tag der offenen Tür. Darauf weist auch ein großes Banner auf dem Marktplatz hin. Beginn ist um 10 Uhr und die Dauer auf sechs Stunden festgelegt. Kulinarisch wird einiges geboten: Pilzpfanne, Fleisch vom Grill, Crêpes, Pommes und Kuchen sowie diverse Getränke. Die Jugendwehr ist für die Vorführungen zuständig. „Den Besuchern wird zum Beispiel gezeigt, wie bei einem Verkehrsunfall Schere und Hydraulikspreizer am Fahrzeug angesetzt werden“, sagt Weidemann. Für die Kleinen ist eine Hüpfburg aufgestellt. Gern hätte man auch für musikalische Unterhaltung gesorgt. „Ein DJ hat kurzfristig abgesagt, Feuerwehrkapellen waren nicht zu kriegen“, sagt Reher.
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Natürlich will die Wehr mit ihren derzeit rund 200 Mitgliedern am Tag der offenen Tür Werbung in eigener Sache machen und zumindest auf Sicht neue Mitstreiter gewinnen. Derzeit ist man personell gut aufgestellt. Das gilt auch für den Nachwuchs. Die Jugendwehr wurde jüngst vergrößert und zählt 55 Jungen und Mädchen, die Kinderabteilung für Fünf- bis Zehnjährige hat 27 Mitglieder. Für beide Gruppen wurde ein Aufnahmestopp verhängt. Auf der Warteliste stehen jeweils mehr als 30 Interessenten. Reher: „Manche Kinder werden schon kurz nach der Geburt auf die Warteliste gesetzt.“
Feuerwehr sieht Erweiterungsbedarf bei der Wache
Dass sich so viele junge Menschen in der Feuerwehr engagieren wollen, stimmt Ehrenwehrführer Peter Kind (82) zufrieden. Er stand 18 Jahre an der Spitze. Unter seiner Regie wurde der 100. Geburtstag gefeiert. „Wir haben es damals genauso gemacht wie heute“, sagt er. 1998 gab es ebenfalls ein umfangreiches Beiprogramm für die Gäste mit Hafenbesuch und Fahrt zur Ostsee, einen Tag der offenen Tür sowie den Kameradschaftsabend. Zu jener Zeit hatte die Wache am Oher Weg noch andere Ausmaße. Inzwischen ist der Altbau saniert und mit einem neuen Gebäude verbunden. Im Mai 2014 wurde das Gerätehaus eingeweiht. Das Projekt kostete 4,7 Millionen Euro. Der Komplex mit großer Fahrzeughalle ist 1210 Quadratmeter groß, hinzu kommt der ältere Teil mit Ausbildungs- und Versammlungsräumen. Das sind nochmal 740 Quadratmeter. Die Wache zählt laut Tom Reher immer noch zu den modernsten in Norddeutschland. Er sagt: „Insbesondere wegen der hohen Mitgliederzahlen bei Jugendlichen und Kindern bedarf es jedoch eines weiteren Anbaus.“
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