Kiel (dpa/lno). Schleswig-Holstein hat das Haushaltsjahr 2022 nach vorläufigen Zahlen mit einem strukturellen Überschuss von 920 Millionen Euro abgeschlossen. Wie Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) am Freitag mitteilte, flossen 1,3 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen als erwartet in die Landeskasse. Der positive Abschluss ermögliche es, die Inanspruchnahme des Corona-Notkredits um rund 3,2 Milliarden Euro zu verringern. Den Notkredit hatte der Landtag 2020 in Höhe von 5,5 Milliarden Euro bewilligt.
„Der Jahresabschluss ist eine Mischung aus sparsamem Wirtschaften und guten Steuereinnahmen“, kommentierte Heinold in einer Mitteilung. Solide Haushaltspolitik zahle sich aus. „Wir machen weniger Schulden, die Kommunen erhalten mehr Geld, die Reserven für Bevölkerungsschutz und Baukostensteigerungen konnten weiter gestärkt werden.“ So gehe gute Haushaltspolitik in schwierigen Zeiten, äußerte die Finanzministerin. Heinold plant für dieses Jahr mit Einnahmen von fast 15,24 Milliarden Euro und Ausgaben von 16,02 Milliarden. Damit bleibt ein Finanzierungssaldo von 784 Millionen Euro.
Von einem finanzpolitischen Offenbarungseid sprach die SPD-Finanzpolitikerin Beate Raudies. Erst im Dezember sei der vierte Nachtragsetat beschlossen worden. „Wenn Heinold plötzlich 1,3 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen aus dem Hut zaubert, müssen wir uns fragen, ob sie das Parlament im Dezember absichtlich über das tatsächliche Staatsbudget getäuscht hat oder die Finanzministerin wirklich keine Ahnung vom Ausmaß der eigenen Einnahmen hatte.“ Die aktuellen Zahlen hätten nichts mit Haushaltswahrheit zu tun. Und wenn 210 Millionen Euro bei Investitionen nicht verausgabt würden, existiere die von der Koalition hochgelobte Investitionsquote von über zehn Prozent nur auf dem Papier. „Dann bekommt es die Landesregierung schlicht nicht hin, das Geld, was sie zur Verfügung hat, vernünftig auszugeben“, meinte Raudies.
„Der Ukraine-Notkredit war nicht notwendig“, schlussfolgerte die FDP-Finanzpolitikerin Annabell Krämer. Das mache der große Haushaltsüberschuss mehr als deutlich. „Trotzdem hat sich die Koalition noch im Dezember großzügig mit einer weiteren Milliarde Euro Ukraine-Notkredit einen Puffer zugelegt, um Koalitionswünsche wie Klimaprogramme zu finanzieren.“ Das sei an Dreistigkeit nicht zu überbieten. „Ich bin mehr als entsetzt über dieses finanzpolitische Gebaren der schwarz-grünen Koalition, zumal für eine auskömmliche Finanzierung unserer Krankenhäuser angeblich kein Geld da ist.“
Von den Steuermehreinnahmen erhalten die Kommunen Heinold zufolge über den kommunalen Finanzausgleich rund 210 Millionen Euro. Zudem seien in den Steuermehreinnahmen rund 120 Millionen Euro enthalten, die vom Bund für die Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine zur Verfügung gestellt wurden. Rund 500 Millionen Euro seien Teil der vom Landtag beschlossenen Sondertilgung des Corona-Notkredits im Umfang von 2,3 Milliarden Euro. Die verbleibenden nicht zweckgebundenen Steuermehreinnahmen würden zur weiteren Tilgung eingesetzt.
Zudem hat das Land laut Heinold 2022 im Haushaltsvollzug 170 Millionen Euro erwirtschaftet, die in das Sondervermögen „Impuls“ für Investitionen überführt worden seien. Diese Mittel würden eingesetzt, um Baukostensteigerungen, energetische Sanierungsmaßnahmen, die Reduzierung von Büroflächen des Landes und Digitalisierungsvorhaben zu finanzieren. Darüber hinaus seien rund 16 Millionen Euro im Haushaltsvollzug einer Rücklage für Bevölkerungsschutz zugeführt worden. Der endgültige Jahresabschluss wird voraussichtlich im März vorliegen.
„Der Einsatz des strukturellen Jahresüberschusses in Höhe von 920 Millionen Euro zur Rückführung des Corona-Notkredites ist die größte Schuldentilgung in Schleswig-Holstein aller Zeiten“, kommentierte CDU-Fraktionschef Tobias Koch. Die finanziellen Folgen der Pandemie seien weitaus niedriger als im Jahr 2020 befürchtet. Die Bereitschaft des Landes und aller Fraktionen zu Beginn der Pandemie, mit dem Rettungsschirm des Notkredites für maximale Sicherheit zu sorgen, habe sich als absolut richtig erwiesen. „Die gute Konjunkturentwicklung und die daraus heute resultierenden hohen Steuereinnahmen sind das Ergebnis kluger Politik, die nicht mitten in der Pandemie den Rotstift angesetzt hat und nicht versucht hat, gegen die Krise anzusparen.“
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