Kreis Segeberg. Wer eine Schusswaffe besitzt. Muss jederzeit mit einer Kontrolle rechnen: Werden Waffen und Munition richtig aufbewahrt? Das verlangt der schleswig-holsteinische Innenminister. In der Praxis sieht es bisher anders aus: Zu wenig Mitarbeiter in der Segeberger Waffenbehörde – Kontrollen sind nahezu unmöglich. Das soll im nächsten Jahr anders werden: Der Kreis fordert zwei neue Stellen für die Waffenbehörde. Wenn die Politik zustimmt, wird demnächst wieder kontrolliert.
Die Wahrscheinlichkeit einer anlasslosen Waffenkontrolle ist in Schleswig-Holstein während der vergangenen Jahre drastisch zurückgegangen. 2021 gab es landesweit gerade einmal 349 solcher Kontrollen, wie das Innenministerium auf Anfrage mitteilt.
Waffenkontrollen – schlechtes Zeugnis für den Kreis Segeberg
Die Landesregierung stellt dem Kreis Segeberg ein besonders schlechtes Zeugnis aus: Während 2021 im Kreis Rendsburg-Eckernförde 150 Waffenbesitzer anlasslos kontrolliert wurden, gab es in den Kreisen Segeberg, Herzogtum Lauenburg und Plön sowie den kreisfreien Städten Lübeck, Flensburg und Neumünster nicht eine einzige Kontrolle ohne Anlass. Bemerkenswert auch: Die Zahl des unerlaubten Schusswaffengebrauchs ist nach Angaben der Landesregierung in mehreren Kreisen zuletzt überdurchschnittlich angestiegen.
Nach Angaben des Innenministeriums sind regelmäßige Vor-Ort-Kontrollen der sicheren Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Schusswaffen und Munition bei Waffenbesitzerinnen und Waffenbesitzern ein wichtiger Beitrag für die öffentliche Sicherheit. „Die Landesregierung setzt sich dafür ein, die Durchführung von Aufbewahrungskontrollen auszuweiten und auf ein einheitliches Niveau im Land zu bringen.“ Dazu habe es 2022 Gespräche mit Vertretenden der Waffenbehörden gegeben.
Der Waffenbehörde des Kreises fehlt es an Personal
Zehn Prozent aller Waffenbesitzer sollen einmal im Jahr kontrolliert werden. Das bedeutet: Etwa alle zehn Jahre müssen Waffenbesitzer damit rechnen, dass ein Mitarbeiter der Kreisverwaltung vor der Tür steht, um zu kontrollieren, ob Waffen im Haushalt sicher aufbewahrt werden. Die Waffenbehörde im Kreis Segeberg kann ihrer Aufgabe nicht nachkommen, da es an Personal fehlt. 350 Kontrollen pro Jahr oder mindestens eine Kontrolle am Tag – das ist nach Angaben der Kreisverwaltung mit dem jetzigen Personalbestand nicht zu schaffen.
Exakt besitzen im Kreis Segeberg 3428 Menschen eine Waffe. Insgesamt gibt es 18.199 registrierte Waffen. Die Experten gehen davon aus, dass außerdem viele illegale Pistolen und Gewehre im Umlauf sind. Wer eine Waffe besitzen will, muss das 18. Lebensjahr muss vollendet haben und die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung nachweisen. Zudem muss die notwendige Sachkunde und das Bedürfnis für den Umgang mit Waffen – zum Beispiel als Jägerin oder Sportschütze – nachgewiesen werden. Laut Waffenbehörde müssen junge Erwachsene unter 25 Jahren ein fachpsychologisches Zeugnis über ihre geistige Eignung vorlegen, um eine Waffe erwerben zu dürfen.
Waffen müssen in Schränken oder Tresoren aufbewahrt werden
Das alleine aber reicht noch nicht, um sich offiziell eine Waffe anzuschaffen. Die Waffen müssen nach Angaben der Kreisverwaltung in Schränken oder Tresoren aufbewahrt werden, die einen hohen Widerstandsgrad aufweisen. Nur die Wassenbesitzer dürfen Zugang haben, niemand sonst. Und das muss mittels Selbstauskunft, Kaufbelegen und Fotos nachgewiesen werden.
Die Hürden sind also hoch. Wer im Besitz einer Waffe ist, musste bisher zumindest im Kreis Segeberg kaum damit rechnen, dass eine Kontrolleurin oder ein Kontrolleur der Kreisverwaltung vor der Tür steht, um nachzuprüfen, ob auch alle Vorschriften für eine Waffenhaltung eingehalten werden. Dieser Missstand war Anlass genommen, die Organisation der Waffenbehörde auf den Prüfstand zu stellen.
Sportschützen und Jäger besitzen die meiste Waffen
Das Ergebnis: Dieser Behördenzweig ist eklatant untersetzt. Nach Auffassung der Verwaltung sind zwei weitere Vollzeitstellen nötig, um die vom Innenministerium geforderte Mindestanforderung bei der Durchführung der Aufbewahrungskontrollen angemessen zu erfüllen. Der Kreistag entscheidet darüber am Donnerstag, 7. Dezember.
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Bekommt der Antrag der Kreisverwaltung eine Mehrheit, dann müssen auch die Sportschützen und Jäger im Kreis Segeberg künftig jederzeit mit Kontrollen rechnen. Sie machen die größten Gruppen der Waffenbesitzer im Kreis Segeberg aus. Unter den 3428 Menschen mit Waffen sind 1954 Jäger, 994 Sportschützen, 30 Waffensammler und 450 Personen, die aus Sicherheitsgründen im Besitz einer Waffe sind.
Nach Angaben des Innenministeriums gab es in Schleswig-Holsein im vergangenen Jahr 270 Straftaten mit Schusswaffen. Tendenz steigend: 2021 hatte es 189 und 2019 150 Fälle gegeben. In 182 Fällen wurde 2022 mit einer Schusswaffe gedroht.
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