Bad Bramstedt. Daniel Broszios Augen leuchten, wenn er von seiner Nasa-Mission erzählt. Normalerweise führt der Lehrer ein geruhsames Leben, unterrichtet Mathematik, Physik und Philosophie an der Jürgen-Fuhlendorf-Schule in Bad Bramstedt. Doch als er von der Möglichkeit erfuhr, einmal nach den Sternen greifen zu können, war es vorbei mit der Ruhe. Anfang des Jahres reiste er nach Kalifornien zur US-Raumfahrtbehörde Nasa, um am Forschungsflug des Stratosphären Observatorium für Infrarot Astronomie (Sofia) teilzunehmen.
Jedes Jahr können sich Astronomielehrer für einen Flug mit der weltweit einzigen fliegenden Sternwarte mit Infrarot-Teleskop bewerben. Um angenommen zu werden, muss ein sehr gutes Unterrichtskonzept zum Thema Infrarot-Astronomie beim Deutschen Sofia Institut (DSI) eingereicht werden. Mithilfe von Infrarot-Strahlung macht ein solches Teleskop Regionen des Weltraums sichtbar, aus denen kein normales Licht dringt; so können zum Beispiel Sterngeburten beobachtet werden. Da Wasserdampf die Infrarot-Strahlung absorbieren würde, kann das Teleskop nicht einfach auf der Erde aufgestellt werden, sondern muss mindestens in 13 Kilometer Höhe beobachten, wo der Wasserstoffanteil deutlich geringer ist.
Da Daniel Broszio keinen Astronomieunterricht gab, konnte er sich eigentlich gar nicht für das Projekt bewerben. Doch der Physiklehrer wollte sich diese einmalige Chance nicht entgehen lassen. Deshalb habe er seine Schule solange „angebettelt“, bis er einen eigenen Astronomiekursus bekam, sagt er. Als er die Voraussetzungen erfüllen konnte, arbeite er die ganzen Sommerferien an seiner Bewerbung – mit Erfolg: Anfang des Jahres ging es nach Kalifornien. Die Sofia-Flüge werden mit einer älteren Spezialanfertigung der Boeing 747 durchgeführt, die leichter und kürzer ist und deshalb zwei Kilometer höher als ein normales Flugzeug fliegen kann.
Für eine Woche tauchte der deutschen Lehrer in das Sofia-Projekt ein. Er erhielt ein ausführliches Sichertraining, um im Notfall richtig reagieren zu können. „Bei einem Problem fallen keine Sauerstoffmasken nach unten, man ist auf sich allein gestellt“, sagt er. Für den nächsten Tag war bereits der Start der Maschine anberaumt, der aufgrund eines technischen Problems abgebrochen werden musste. „Da habe ich bemerkt, wie wichtig das Zusammenspiel zwischen Flugzeug, Wissenschaftlern und Piloten ist. Wenn nur ein Teil ausfällt, steht alles still. Das führt dazu, dass die Meinung jedes Einzelnen wertgeschätzt wird. Die letzte Entscheidung trifft der Pilot, allerdings nicht über die Köpfe seines Teams hinweg.“
Schließlich konnte das Flugzeug starten. Während das 30-köpfige Team seinen Blick fokussiert in die Weiten des Kosmos richtete, hatte der Weltraumtourist aus Bad Bramstedt die Möglichkeit, seinen Blick auf die Erde zu richten. „Es gab so viele Momente, die mich in großes Stauen versetzt haben, allein dem Funkverkehr hätte ich stundenlang lauschen können“, erinnert sich Lehrer Broszio. Letztendlich ist die gegenseitige Wertschätzung der Teammitglieder für ihn die eindrucksvollste Erfahrung der Exkursion. „Hier kommt es nicht auf Hautfarbe, Alter oder Geschlecht an, sondern nur auf die Leistung. Ich bin mit Astronomiebegeisterung hingegangen und einer Begeisterung für die Menschlichkeit zurückgekommen.“
Für Broszio ist es nach eigenen Worten eine große Ehre, dass er sich eine Woche als Mitglied der Mission fühlen durfte. „Es gab da diesen einen Augenblick, als ich bei einem Briefing mit allen wichtigen Personen der Mission an einem Tisch saß. Als dann mein Name aufgerufen wurde, habe ich mich wie ein richtiges Mitglied der Nasa gefühlt.“ Nicht ohne Stolz sagt er, dass es sich um das einzige Weltraumprojekt handele, das ausschließlich in deutsch-amerikanischer Kooperation durchgeführt und auch mit deutschen Steuergeldern finanziert wird.
Die Mission
Quasi als Gegenleistung für die Teilnahme soll der Lehrer Akzeptanz für das Projekt in der deutschen Gesellschaft schaffen. „Airborne Astronomy Ambassador“ (übersetzt Luftfahrt Botschafter) steht auf seiner Jacke, die er behalten durfte. Und in der Tat dürfte es schwierig sein, einen anderen Botschafter zu finden, der eine so große Begeisterung für das Projekt versprüht wie Broszio. „Was ich erlebt habe, kann man nur als Lehrer erleben, aber für kein Geld der Welt kaufen.“
Es besteht wohl kaum Zweifel daran, dass Daniel Broszio es schaffen wird, seine Begeisterung im kommenden Schuljahr auch auf die Schüler zu übertragen, die an seinem Schulprojekt zur Infrarot-Astronomie teilnehmen.
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