Bad Bramstedt. Einer wie Jan Schröter kennt sich aus. Fürs "Großstadtrevier" muss er wissen, wie die Meile zwischen Fischbrötchenbuden an den Landungsbrücken und den schnieken Glaswürfeln der Hafencity aussieht und wo Jan Fedder in seiner Endlos-Rolle als Polizist Dirk Matthies am schnittigsten mit seinem Peterwagen um die Ecke jagen kann. Ganz anders beim "Traumschiff" mit seinen Geschichten von Liebe zwischen Captain's Dinner und gut gelaunten Eingeborenen: Wer auf dem weißen Pott nicht weiß, wo beim großen Finale das Küchengeschwader mit den Wunderkerzen auf dem Fürst-Pückler-Eis seine Runden dreht, hat schon verloren. Schröter gehört zu denen, die den Grundstoff liefern, aus denen Schauspieler, ein Regisseur und eine riesige Crew unterhaltsame Fernsehserien produzieren. Der 51-jährige Bramstedter schreibt die Drehbücher.
Demnächst wird sich auch zeigen, wie gut er sich in seiner Wahlheimat auskennt. Schröter schreibt ein Buch, das irgendwo in Bad Bramstedt zwischen Roland, Kurgebiet und Autobahn 7 spielt. Mehr wird nicht verraten. Ein großer Verlag hat angebissen, Überraschung muss sein.
Vor zwölf Jahren ist Schröter mit seiner Familie aus einem Altbau in der Hamburger "Schanze" in ein Reihenhaus am Rand der Kurstadt gezogen und erfindet hier seine Geschichten für ein Millionen-Publikum am Fernsehgerät. In jüngster Zeit ist außerdem ein kleiner Kreis von Lesern hinzugekommen: Schröter schreibt nämlich auch Bücher und liest daraus.
Doch der Reihe nach. "Buch-affin" sei er schon als Kind und Jugendlicher gewesen, erzählt der Vielschreiber mit der großen kantigen Brille. Der Vater liebte die Literatur, zu Hause gab es kein Fernsehgerät. "Ich habe das nie vermisst", sagt Schröter. "Außer wenn es Fußball gab." Der Lebensweg führte Schröter über drei Semester Jura, viele Reisen zunächst zum Studium der Sonderpädagogik. Nach dem Examen wusste er: "Das ist es wohl doch nicht", aber immerhin lernte er an der Uni seine spätere Frau kennen.
"Fernweh - Reisebücher" hieß die Buchhandlung in Eppendorf, die das Paar 1986 gründete. "Das hat auch nichts gebracht, hat aber viel Spaß gemacht", sagt Schröter heute über den Verkauf von Reiseführern und Landkarten. Dass Schröter sich auskannte, entdeckte eine Kundin vom Fach. Die Reiseredakteurin einer großen Sonntagszeitung bat den jungen Buchhändler, Reiseführer zu rezensieren. Eine Initialzündung für seine Karriere: Schröter begann zu schreiben, nebenbei moderierte er ein Reisemagazin bei einem Radiosender. Den Buchladen gab er auf, wurde Vater, gab erste Reiseführer heraus. "Bedarfsschreiberei" nennt er heute diese Arbeit, die gerade so viel abwarf, dass die Familie bescheiden leben konnte und Schröter auch vor dem Verfassen von Horoskopen nicht zurückschrecken durfte.
Der nächste Schritt folgte: Schröter veröffentlichte Kurzkrimis für Fernsehzeitschriften. "Eine gute Übung, um Geschichten zu entwickeln", sagt er. 1995 war es dann endlich soweit: Jan Schröter schrieb sein erstes Drehbuch, und Uwe Ochsenknecht spielte die Hauptrolle. "Bodyguard - das Leben in meiner Hand" hieß der RTL-Krimi. Dann folgten Aufträge fürs "Großstadtrevier", "Traumschiff", "Alpha-Team" und andere leicht bekömmliche Fernsehereignisse. Schröter hat die große bunte Fernsehwelt in den vergangenen Jahren kennengelernt, beeindruckt hat sie ihn offensichtlich nicht. Promi-Talk, Blitzlichtgewitter auf rotem Teppich, wilde Partys? "Ich feiere nicht so gern", sagt Schröter.
Inzwischen hat er ein eigenes Fernsehgerät, der Vater immer noch nicht. Dafür liest der Senior die Bücher des Sohnemanns und spart nicht mit Lob.
"Willst du nicht mal einen Krimi schreiben?" Der Bremer Verleger Horst Temmen sprach 2007 nicht von einem Drehbuch, auch nicht von einem neuen Reiseführer, sondern von einer handfesten Story, die in seinem Verlag "Edition Temmen" erscheinen sollte. Ein verlockendes Angebot für einen Autor, der ein wenig "Fernsehmüdigkeit" eingestehen musste und sich auf eines freute: "Ich kann machen, was ich will, und Spaß haben." Kein Regisseur, der die Handlung verbiegt. Kein Schauspieler, der lieber sich selbst als die Rolle spielt, sondern eine Geschichte, in der alles nach dem Willen des Schöpfers läuft. "Das ist die reinste Therapie", sagt Schröter.
2008 kam der "Rikschamann" in die Buchläden. Im vergangenen Jahr erschien der Thriller "Freundschaftsdienste". In den Geschichten mit viel Hamburger Lokalkolorit geht es spannend und heiter zu. Das sehen auch die Kritiker so. "Ein Verwirrspiel quer durch Hamburgs Straßen und Gesellschaften. Spannender, witziger Hamburg-Thriller", schrieb zum Beispiel das Hamburger Abendblatt über den "Rikschamann".
Und wie kommt man auf derlei Geschichten? "Ideen - das ist eine Frage der Disziplin", antwortet Schröter. "Und der Übung." Früher habe er gegen die nächste Miete und den leeren Brotkasten angeschrieben. Seitdem kann er darauf vertrauen, dass seine Fantasie funktioniert und seine Erzähltechniken ankommen. Will der Knüller fürs nächste Kapitel nicht im Arbeitszimmer entstehen, geht Schröter spazieren oder einkaufen. "Manchmal kommt die Idee dann an der Supermarktkasse."
Letzter Versuch: Worum geht es in dem neuen Buch? Schröter schweigt immer noch und freut sich auf die Überraschung für die Bramstedter. Wie gesagt: Einer wie er kennt sich aus.
Jan Schröter liest am Mittwoch, 28. April, 19.30 Uhr, in der Gemeindebücherei in Henstedt-Ulzburg aus seinem Kriminalroman "Freundschaftsdienste". der Eintritt kostet fünf Euro. Einen Tag später ist Schröter ab 19 Uhr in der Stadtbücherei in Quickborn zu Gast. Der Eintritt kostet ebenfalls fünf Euro.
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Norderstedt