Neueröffnung in Wildeshausen

"Private Dinner Club": Flusskrebse für Fremde

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abendblatt.de

Die Stewardess Verena Kleffner aus Wildeshausen hat einen „Private Dinner Club" eröffnet. Es ist das erste private Restaurant in Niedersachsen.

Wildeshausen. Verkehrte Welt in Wildeshausen: Hier führt die Stewardess das Kommando und der Flugkapitän reicht die Getränke. Im Wintergarten ihres Privathauses im Landkreis Oldenburg betreibt Verena Kleffner den ersten offiziell angemeldeten „Private Dinner Club“ Niedersachsens. Die 44-Jährige bekocht Gäste mit Speisen aus aller Welt. Wenn es die Zeit erlaubt, lässt Ehemann und Pilot Timo Kleffner seine Boeing 737 im Hangar stehen und greift seiner Frau als Weinkellner unter die Arme.

Dubai, Bangkok, Dallas – die Liste von Verena Kleffners Flugzielen ist lang. „Überall habe ich in die Kochtöpfe geschaut und Kochkurse belegt“, sagt sie. Die Leidenschaft gehe sogar so weit, dass sie abends mit einem Kochbuch ins Bett gehe und morgens mit neuen Rezeptideen wieder aufwache.

+++ Ein Restaurant geht zwölf Tage lang auf Reisen +++

Im Sommer hat ihr Mann sie auf die Idee gebracht, ein Privat-Restaurant aufzumachen. Was folgte, war ein Behörden-Marathon. „Ich habe viele Klinken geputzt, aber alles andere ist Guerilla-Cooking“, erinnert sich die Hobby-Köchin. Am Ende der Ämter-Tour sprang die Gaststätten-Lizenz heraus.

Eingebettet in das Alltagsleben der Kleffners werden seit Juli Gäste bewirtet, die die Gastgeberin nicht kennt und die sich nicht kennen. Sie alle vereint die Lust auf gutes Essen und gepflegte Unterhaltung.

Bis zu zehn Personen finden an dem festlich gedeckten Tisch im Wintergarten Platz. An diesem Abend haben sich drei Pärchen aus dem Nachbarort Dötlingen sowie aus Bad Bramstedt und Neumünster in Schleswig-Holstein zum „Märchenhaften März-Menü“ angemeldet.

Verena Kleffner eröffnet das Sechs-Gang-Menü nicht mit einem „Gruß aus der Küche“, sondern mit einem „Gruß in der Küche“, denn Arbeitsplatz und Esszimmer sind ein Raum. „Das sieht ja schon lecker aus“, sagt der 29-jährige Eike Bothe beim Blick in die Kochtöpfe.

+++ Essen & Trinken +++

Der Küchengruß besteht aus Belugalinsensalat mit Riesengarnele im Kartoffelmantel. Während die ersten Gabeln zum Mund geführt werden, beginnt auch die Konversation. „Das Essen ist ihr Weihnachtsgeschenk“, sagt Landmaschinenverkäufer Bothe und deutet auf seine 29-jährige Frau Nadja. Auch der 59-jährige Bereitschaftspolizist Ernst Jantosch hat das „Private Dinner“ seiner Frau Julia geschenkt – zum Geburtstag.

Während Jantosch von seinem letzten Einsatz bei einem Fußballspiel im Bremer Weserstadion erzählt und Bothe sagt, dass er eigentlich lieber Hubschrauberpilot geworden wäre, serviert das Ehepaar Kleffner Gang zwei: Antipastivariationen wie Artischockensalat mit Pistazien, Thunfischcreme und grüner Spargel.

Ab Gang drei, Schaumsuppe von jungen Erbsen mit Flusskrebsen und Minze, wird es vertrauter in der bunt zusammengewürfelten Ess-Gemeinschaft. Steuerberater Karl-Heinz Reiber beklagt sich über die doppelte Arbeit, die ihm die Finanzbehörden mit der Umstellung der Datenübermittlung von Papier auf Online gemacht haben.

Julia Jantosch berichtet darüber, dass sie 35 Jahre lang eine Boutique besessen hat und schließen musste, nachdem ein großes Einkaufszentrum in der Nachbarschaft öffnete. Nach Gang vier - pochiertes Kalbsfilet im Kräutermantel auf getrüffeltem Kartoffelpüree und Pilzrahm – gesellt sich auch die Gastgeberin mit Reiseerinnerungen an Dubai dazu.

Käsevariationen als Gang fünf und ein Dessert-Potpourri aus Kokos-Panna Cotta mit Passionsfruchtsalsa, Früchtegazpacho mit Orangeneis und einer schokolierten Riesenerdbeere bilden den Abschluss. Hungrig bleibt nur die Gastgeberin, die nicht zum Essen gekommen ist. „Ich hole mir gleich noch einen Burger“, kündigt sie an. Ehemann Timo macht derweil ohne Zicken den Abwasch. „Und wenn es mir doch zu viel wird, gehe ich halt fliegen“, sagt der 42-Jährige.

Mit Material von dapd