Kriminalität

Betrüger mit Chef-Masche auf Beutezug im Norden

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Die Betrüger melden sich per E-Mail

Die Betrüger melden sich per E-Mail

Foto: imago stock&people

Einige Firmen in Niedersachsen und Hamburg sind innerhalb weniger Tage um mehrere Millionen Euro betrogen worden.

Hannover/Hamburg. Niedersächsische und Hamburger Unternehmen stehen zunehmend im Visier von weltweit vernetzten Betrügern. Das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen stellte 2016 etwa 50 Fälle der sogenannten Chef-Masche fest. Im Jahr davor seien es knapp zehn Fälle gewesen, teilte das LKA mit.

„Norddeutschland ist im Moment offensichtlich das Ziel einer größeren Betrugswelle“, sagte Herbert Blank von der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg. Einige Betriebe in Niedersachsen und Hamburg seien vor kurzem innerhalb weniger Tage um mehrere Millionen Euro betrogen worden.

Internetkriminalität wird Massenphänomen

Bei der Chef-Masche („CEO-Fraud“) verschaffen sich Kriminelle im Internet detaillierte Informationen über Unternehmen. Sie geben sich dann als Vorstand oder Geschäftsführer aus und weisen Mitarbeiter der Finanzabteilung per Mail an, für angeblich vertrauliche Geschäfte hohe Geldbeträge auf Konten in Asien oder Osteuropa zu überweisen.

„Mittlerweile ist Internetkriminalität zum Massenphänomen geworden und kleine, mittlere wie große Unternehmen sind nahezu täglich davon betroffen“, sagte Hauptgeschäftsführer Volker Müller von den Unternehmerverbänden Niedersachsen (UVN).

Viele Fälle scheitern

Die UVN und die Handelskammern haben wiederholt vor der Masche gewarnt. Viele der bekannten Fälle seien daher gescheitert, sagte LKA-Sprecherin Stephanie Weiß: „Nach unserem Kenntnisstand war davon nur ein Delikt vollendet, mit einem Schaden von etwa 980.000 Euro.“

Die Dunkelziffer gilt allerdings als weitaus höher, da viele Unternehmen neben dem materiellen Schaden einen Imageschaden bei Bekanntwerden eines Betrugsfalls befürchten.

Der Hacking-Markt mit Lösegeldern und dem Verkauf von Soft- und Hardwareschwachstellen habe sich zu zu einer regelrechten Wachstumsbranche mit Milliardenumsätzen entwickelt, ergänzte Müller.

Eintrittsmöglichkeiten für Spionage

„Unverständlich und mehr als fahrlässig ist allerdings, dass das Umweltministerium unsere niedersächsischen Unternehmen per rechtswidrigem Erlass dazu zwingt, ihre Antragsunterlagen im Internet zu veröffentlichen und damit sämtliche Eintrittsmöglichkeiten für Spionage offenzulegen“, sagte er. Das Umweltministerium in Hannover bestreitet das und verweist auf das Bundes-Immissionsschutzgesetz, das für Errichtung und Betrieb bestimmter Anlagen seit Jahrzehnten das öffentliche Auslegen der Genehmigunganträge vorsieht.

„Seit dem Jahr 2013 sieht das geltende Recht nach Auffassung des Umweltministeriums zudem eine grundsätzliche Pflicht zur Veröffentlichung der Antragsunterlagen auch im Internet vor“, so eine Sprecherin. Von der Veröffentlichung ausgenommen seien aber Unterlagen, die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse enthalten.

Handlungsbedarf bei der Cyber-Sicherheit

Das Ministerium stehe im Dialog mit den Firmen über künftige rechtliche Anforderungen. Es sieht beim Thema Cyber-Sicherheit aber ebenfalls Handlungsbedarf und verweist auf eine Studie der Hochschule Hannover.

Sie belege, dass verschlüsselte Verbindungen nur bei der Hälfte von 1800 überprüften Unternehmen genutzt werden; zudem würde bei einer Vielzahl veraltete Software mit Schwachstellen eingesetzt. „Dies ist ein wesentliches Einfallstor für Industriespionage und Sabotage“, so die Sprecherin. Betriebe wie auch der öffentliche Sektor müssten ihre Schutzmaßnahmen dringend an die veränderte Bedrohungslage anpassen.

( dpa )

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