Sie wollten nie selbst Hand anlegen, jetzt haben sie ein eigenes Grundstück. Im Bautagebuch lässt uns ein Hamburger Paar an seinen Erlebnissen teilhaben.

Die klassische Dreifaltigkeit des Erwachsenseins - ein Haus gebaut, ein Kind gezeugt, einen Baum gepflanzt - hatten mein Mann Clint und ich lange nicht im Kopf. Konkret konnten wir mit Mitte 30 nur eine Mietwohnung in Winterhude und eine in der Schweiz sowie zwei Chihuahuas, Mini und Elmo, vorweisen. Clint ist als internationaler Marketing Manager eines Medizintechnik-Konzerns viel unterwegs und musste zeitweise auch immer mal wieder im Ausland arbeiten. So haben wir schon einige Jahre eine Fernbeziehung Stockholm-Hamburg hinter uns. Aktuell meistern wir die Distanz Aarau (Schweiz) und Hamburg.

Das hat uns allerdings nicht daran gehindert, vor einigen Jahren zu heiraten. Für mich standen ebenfalls ganz andere Dinge als ein Hauskauf im Vordergrund: 2005 gründete ich meine eigene PR-Agentur, und die Herausforderungen, die eine Selbstständigkeit mit sich bringt, hatten mich für die darauffolgenden Jahre fest im Griff. Doch irgendwann, ganz langsam und schleichend, kam er auf, der Wunsch nach einem eigenen Haus. Obwohl, oder vielleicht gerade weil wir so viel unterwegs waren, sehnten wir uns immer mehr nach einem gemeinsamen, uns gehörenden Lebensmittelpunkt.

Eine kurze Berechnung ergab, dass wir mit dem Kauf eines günstigen Hauses sogar sparen könnten. Zwar haben wir eine eher kleine und preiswerte Wohnung in Winterhude, aber schließlich müssen wir Monat für Monat für drei Garagen bezahlen. Als begeisterter Vespa- und Lambretta-Sammler und -Schrauber braucht Clint nämlich allein für seine sieben Roller und das große Motorrad schon eine Garage. Dazu haben wir zwei Autos, und wer die Parkplatzsituation in Winterhude kennt, weiß, dass eine Garage unbedingt nötig ist, möchte man nicht aus Parkfrust Abend für Abend ins Lenkrad beißen. Wir stellten also fest, dass man mit den diversen Mietausgaben auch wunderbar ein Haus abbezahlen könnte. Dabei war für uns aber klar: Bauen werden wir auf keinen Fall.

Infrage kam für uns nur der Hauskauf. Befeuert von Horror-Reportagen über Eigenheime, die ganze Familien ins Unglück stürzten, waren wir der Meinung, dass Bauen nur Stress bedeutet, Ärger bringt und vor allem sehr, sehr teuer wird. Nun, zwei Jahre später, haben wir einen Kredit aufgenommen und sind engagierte Bauherren.

Fernab vom schicken Winterhude wird östlich von Hamburg im beschaulichen und wunderschönen Kuddewörde am Rande des Sachsenwalds unser Traumhaus entstehen.

Der Weg dahin war jedoch lang. Eine kurze Recherche bei Immonet.de, dem Immobilienportal auch des Hamburger Abendblattes, ergab, dass wir uns innerhalb der Stadtgrenzen Hamburgs gerade einmal eine baufällige Ruine mit maximal 80 Quadratmeter Fläche und einem handtuchgroßen Garten leisten könnten. Selbst eher ländlich aufgewachsen, konnten wir uns aber beide schnell mit dem Gedanken anfreunden, uns außerhalb Hamburgs niederzulassen.

Da wir am Wochenende ständig Ausflüge mit unseren Hunden in den Sachsenwald unternehmen und die Gegend einfach wunderschön finden, beschlossen wir, dort einmal nach Häusern zu schauen. Natürlich gehören wir dann zu denen, die aus der Stadt ziehen. Aber von Kuddewörde brauche ich gerade einmal gut 20 Minuten, um ins Büro zu gelangen. Ein Katzensprung also, selbst wenn die Fahrtzeit manchmal auch etwas mehr betragen kann. Städter werden an dieser Stelle zugeben müssen, dass sie von ihrer Wohnung meist noch länger mit dem Auto oder dem Bus brauchen, um zur Arbeit zu gelangen.

Es dauerte jedenfalls nicht lange, und wir vereinbarten den ersten von zahlreichen Besichtigungsterminen. Woche um Woche wälzten wir uns durch die Immobilienangebote, dabei wurde uns alles Mögliche an Häusern angeboten: Einsturzgefährdete Bruchbuden, die wir kaum zu betreten wagten, auch wenn die Maklerin versicherte: "Da muss nur ein bisschen Farbe drauf!" Oder Mogelpackungen, wie das angeblich "sanierte Einfamilienhaus", das wir im Nachhinein Wasserschloss tauften. Bei der Besichtigung brachte unser Gutachter so viele gravierende Mängel zutage, wie etwa 40 Zentimeter Wasser im Mauerwerk, dass wir schon nach der ersten Stunde in eine Art Schockstarre verfielen. Aber auch ein echtes Schnäppchen war dabei. Sehr preisgünstig, ruhige und gute Lage, energetisch auf dem neuesten Stand, Lehmwände, tipptopp gepflegt und mit allem, was das Herz begehrt. Na ja, fast allem: Die Ökoausstattung mit rustikalen Holzdielen, Vollholz-Küche, Holztreppe und holzfarben gestrichenen Wänden war etwas zu viel Holz für meinen Mann Clint. Erbost stellte er nach der Besichtigung klar: "Das Haus kannst du vergessen, da ziehe ich nicht ein! Wenn wir in dem Haus ein Kind bekommen sollten, wie soll das dann heißen: Pinocchio oder was?!"

Das Pinocchio-Haus wurde es demnach auch nicht, genau wie zahllose weitere Objekte. Dann dachten wir, wir haben ES gefunden. Ein bezauberndes Schwedenhaus mit sehr netten Vorbesitzern, einem kleinen, jedoch hübschen Grundstück und tatsächlich ohne Baumängel, was eine echte Rarität bei unserer Immobiliensuche darstellte. Drei Tage vor dem vereinbarten Notartermin mussten die Verkäufer jedoch aus nachvollziehbaren Gründen den Verkauf absagen - für uns brach zunächst eine Welt zusammen. Doch wie sagt man so schön: Alles im Leben hat seinen Grund. Unser Grund liegt an der Sachsenwaldstraße und ließ von Anfang an unsere Herzen höher schlagen. Denn nur ein paar Tage später entdeckten wir in Kuddewörde ein schönes Grundstück, das zum Verkauf stand. Eingerahmt von alten Bäumen und Rhododendren, konnten wir uns das Wohnen in "unserem" Traumhaus sofort vorstellen. Und so mussten wir bei unserem Termin mit dem Makler nicht lange überlegen. Wir wussten sofort: Hier entsteht unser neues Zuhause.