Von September an gelten in Hamburg einige Neuregelungen, die Bauherren und Eigentümer kennen sollten

Die Hamburgische Bauordnung (HBauO) wurde in Teilen geändert. Peter Oberthür, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus der Kanzlei O & P Oberthür & Partner, erläutert die wichtigsten Neuerungen. Sie gelten für Vorhaben, für die nach dem 1. September ein Bauantrag eingereicht wurde, oder für sogenannte "erweiterte verfahrensfreie Vorhaben", sofern mit deren Ausführung jetzt begonnen wird.

Sonderbauten (§ 2 Abs. 4)

Als "Sonderbau" gelten zukünftig auch "Wohngebäude für behinderte und alte Menschen", sodass auch für solche Gebäude zusätzliche Anforderungen nach §51 HBauO gestellt werden können.

Abstandsflächen (§ 6)

Grundsätzlich muss jedes Gebäude Abstandsflächen einhalten. Ausnahmen gelten für so genannte "privilegierte Vorhaben", die ohne Beachtung von Abstandsflächen sowohl auf der Nachbargrenze als auch in einem beliebigen Abstand zur Nachbargrenze errichtet werden dürfen (eingeschossige Garagen sowie Geräte- und Abstellräume). "Durchbrochene" Einfriedigungen dürfen jetzt nur noch bis zu zwei Meter hoch sein, wenn für sie die Privilegierung der Abstandsflächenregelung gelten soll. Zusätzlich dürfen jetzt auch wieder Garagen, Geräte- und Abstellräume in Vorgärten realisiert werden, allerdings mit Einschränkung. So darf nach §9 Abs. 2 Gestaltung im Vorgarten nicht stark beeinträchtigt werden.

Kinderspielflächen (§ 10)

Neu ist, dass Spielflächen "mit geeigneter Ausstattung für Kinder" jetzt auch auf einem Grundstück in unmittelbarer Nähe entstehen dürfen.

Umbau von Stellplätzen (§ 48)

Für Parkhäuser oder sonstige bauliche Anlagen zum Abstellen von Autos oder Fahrrädern, die nicht ausgelastet sind, sind Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen zulässig.

Verfahrensgrundsätze (§ 59)

Der erstmalig mit der HBauO-Novelle 2006 eingeführte "private" Prüfsachverständige wird abgeschafft.

Vereinf. Genehmigungsverfahren (§ 61)

Da es den "privaten" Prüfsachverständigen nicht mehr gibt - seine Aufgaben übernehmen wieder die Bauaufsichtsämter - wurde praktisch die bisherige Bearbeitungsfrist von einem Monat für Wohngebäude abgeschafft. Die Monatsfrist gilt künftig nur noch für Gebäude, wenn die bautechnischen Nachweise "keiner bauaufsichtlichen Prüfung" unterliegen. Um den Bauherren den Wegfall dieser Bearbeitungsfrist etwas zu versüßen, wurde in §61 Abs.3 HBauO bestimmt, dass der Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht mehr nur "auf Antrag des Bauherrn" zu bestätigen ist, sondern "automatisch" von der Bauaufsichtsbehörde erfolgt. Dass dies in der Praxis so umgesetzt wird, muss bezweifelt werden. Denn jeder Bauprüfer würde durch die Bestätigung des Eintritts der Genehmigungsfiktion "von Amts wegen" dokumentieren, dass er "zu langsam" gearbeitet hat.

Baugenehmigungsverfahren (§ 62)

Zukünftig wird wieder die Bauaufsichtsbehörde den Schall-, Wärme- und Erschütterungsschutz im "konzentrierten" Genehmigungsverfahren prüfen.

Prüfung bautechn. Nachweise (§ 68)

Die Bauaufsichtsbehörden werden nunmehr wieder sowohl im vereinfachten als auch im "konzentrierten" Baugenehmigungsverfahren die Standsicherheit prüfen ebenso wie den Wärme-, Schall-, Erschütterungs- und Brandschutz. Dazu gehört auch die Einhaltung der klimaschutzrechtlichen Anforderungen an Wärmeschutz und Energieeinsparung. Dass dies zu einer Verlängerung der Bearbeitungszeiten führen wird, liegt auf der Hand.

Bauantrag, Bauvorlagen; Beteiligung anderer Stellen (§ 70)

In Zukunft können bautechnische Nachweise erst später im Baugenehmigungsverfahren eingereicht werden, um sie dann mittels eines Ergänzungsbescheides in einem "zweiten Schritt" genehmigen zu lassen. Bauherren wird empfohlen, dieses Vorgehen in einem Schreiben der Bauaufsichtsbehörde bereits anzukündigen, um Missverständnissen vorzugreifen.

Baugenehmigung (§ 72)

Korrespondierend mit der neuen Regelung in §70 ist ein Vorbehalt bezüglich noch ausstehender Genehmigungen in die Baugenehmigung aufzunehmen, ohne dass dadurch die Bearbeitungszeit verlängert wird. Bevor diese Ergänzungsbescheide nicht vorliegen, darf der Bau nicht begonnen werden.

Geltungsdauer des Vorbescheids (§ 73)

Bisher galt in Hamburg ein Vorbescheid lediglich ein Jahr, von nun an gilt er für zwei Jahre, wobei er bis zu einem Jahr verlängert werden kann.

Verfahrensfreie Vorhaben (§ 60)

Bisher hieß es, dass "eingeschossige Gebäude ohne Aufenthaltsräume bis 30 Kubikmeter umbauten Raum je zugehörigen Hauptgebäude" verfahrensfrei sind. Nunmehr wird klargestellt, dass nur "ein" eingeschossiges Gebäude pro Hauptgebäude verfahrensfrei ist und nicht etwa mehrere. Auch hieß es bisher, dass Garagen mit einer Wandhöhe bis zu drei Metern und einer Bruttogeschossfläche bis zu 50 m² "je Grundstück" verfahrensfrei sind. Folglich mussten mehrere Garagen bei ideell geteilten Grundstücken genehmigt werden. Nunmehr bezieht sich die Verfahrensfreistellung von Garagen nicht auf das Grundstück, sondern auf das dazu gehörige Hauptgebäude. Allerdings sind Flächen von überdachten Stellplätzen anzurechnen. Auch wird in Nr. 1.7 nunmehr geregelt, dass Überdachungen von Dachterrassen nicht verfahrensfrei gestellt sind, sondern nur ebenerdige Terrassen. Dachterrassen müssen folglich genehmigt und statisch geprüft werden. Wärmedämmverbundsysteme sind nunmehr ausdrücklich bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 ebenso wie Verblendungen und Außenwandverkleidungen verfahrensfrei. Auch überdachte Stellplätze mit einer Fläche bis zu 50 Quadratmetern einschließlich deren Zufahrten sind nunmehr pro "Hauptgebäude" und nicht mehr pro "Grundstück" verfahrensfrei.