Der Mensch hat sich evolutionsgeschichtlich über Jahrtausende an seine natürliche Umgebung angepasst. Jetzt muss er in einer technisierten Welt, für die er nicht geschaffen ist, mit Kunstlicht zurechtkommen. "Der natürliche Rhythmus des Menschen wird in der modernen Arbeitswelt immer weiter in den Hintergrund gedrängt", sagt Bernd Glaser, Pressereferent bei Philips. Ständiges, statisches Kunstlicht, wie es jahrzehntelang den Büroalltag beherrscht hat, führt schnell zu Ermüdungserscheinungen und Konzentrationsschwäche. Mit einer dynamischen Beleuchtung, die sich an der Natur orientiere, könne man dagegen auf den natürlichen Biorhythmus des Menschen eingehen. Noch seien aber rund drei Viertel der deutschen Büros mit veralteten Leuchtsystemen ausgerüstet.
"Ein 20 Quadratmeter großes Büro mit einer Decken- und zwei Schreibtischleuchten auszustatten, das ist buchstäblich aus dem letzten Jahrhundert", sagt der Hamburger Lichtplaner Peter Andres. Helles natürliches Licht sei aber ein Muss am Arbeitsplatz. Wenn Andres von Architekten in der Entwurfsphase eines Bürogebäudes zu Rate gezogen wird, macht er Vorschläge, wie Fenster und Grundrisse anzuordnen sind, um auch bei verdichtetem Bauen möglichst viel Licht ins Haus dringen zu lassen. "Zusätzlich erstellen wir anhand von Daten des Deutschen Wetterdienstes eine Tageslichtanalyse, um in Erfahrung zu bringen, welche Räume wir zu welcher Jahres- und Tageszeit zusätzlich mit einer künstlichen Lichtergänzung erhellen müssen." Damit der architektonische Entwurf und die Innenausstattung sich harmonisch ergänzen, bieten Architekten oft ihre Hilfe als Designer an, um eine individuelle Beleuchtung für ein Gebäude zu entwickeln. "Wir haben für die Firmenzentrale von Kühne + Nagel in der HafenCity gemeinsam mit der Firma Siteco auch eine Stehlampe entwickelt, die für die Beleuchtungssituation dieses Gebäudes ideal ist", sagt Architekt Martin Murphy, Partner bei Jan Störmer Partner.
Inzwischen haben Mediziner entdeckt, dass das menschliche Auge Licht nicht nur über Zäpfchen (Farberkennung) und Stäbchen (Schwarzweiß-Sehen bei Dunkelheit) verarbeitet, sondern auch über Rezeptoren hinter der Netzhaut. "Sie werden vom kurzwelligen Bereich, also von den blauen Anteilen im Licht beeinflusst und lösen chemische Reaktionen aus, die über die Nervenverbindungen an die biologische Uhr im Gehirn gesendet werden", sagt Myla Störtebek, Expertin für Lichtlösungen bei Philips.
Die biologische Uhr steuert den Biorhythmus des Menschen. "Die Tageslichtdynamik hat Einfluss auf die Leistungskurve des Menschen", so Störtebek. Reguliert und kombiniert man die Lichtstärke und die Farbanteile im Licht richtig, fühlt sich der Mitarbeiter am Schreibtisch wohler und leistungsfähiger als bei einer konventionellen Lichtanlage.
"Bei einem dynamischen Beleuchtungssystem wird beispielsweise am Vormittag, wenn der Mensch sehr leistungsbereit ist, der Blauanteil im Licht verstärkt, was nachweislich einen aktivierenden Effekt hat", sagt Störtebek. Gegen Mittag, wenn die natürliche Leistungskurve des Menschen sich nach unten neigt, wird auch der Anteil des blauen Lichtes ebenfalls automatisch gedrosselt und durch wärmeres Licht ersetzt. Nach der Mittagspause wird der blaue Anteil wieder heraufgefahren. "Mit einer modernen Bürobeleuchtung trägt man eindeutig zum Wohlbefinden der Mitarbeiter bei, denn falsches Licht macht müde", sagt Störtebek.
Moderne Bürobeleuchtungssysteme mit kombinierter Tageslicht- und Bewegungssensorik helfen auch, Energiekosten zu sparen. "Die Tageslichtsensoren dimmen das Licht herab, wenn mehr Tageslicht von außen eindringt", so Störtebek. Das spare 45 Prozent der Kosten ein. Mit zusätzlichen Bewegungssensoren, die das Licht ausschalten, wenn 15 Minuten lang keine Bewegung registriert würde, ließen sich bis zu 75 Prozent einsparen. "Man glaubt nicht, wie viele Menschen das Büro verlassen, ohne das Licht auszuschalten."
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