Wedel. Wer Barbara Behrend nach ihrem Lieblingsplatz in Wedel fragt, bekommt zur Antwort: "Der Garten am Reepschlägerhaus". Dabei führt ihre Tour zumeist gar nicht in dieses Kleinod an der Schauenburgerstraße. Barbara Behrend ist Wedels Stadtführerin, und das schon in der achten Saison. Bei ihren Streifzügen durch Altstadt und Geschichte der Rolandstadt bleibt häufig keine Zeit für einen Abstecher in das historische Reepschlägerhaus. 1758 als Handwerkerhaus für Seiler, die Taue für Großsegler herstellten, erbaut, wurde es bis 1964 für diese Zwecke genutzt. Nachdem der letzte Bewohner gestorben war, verfiel das Haus zusehends. Die Stadt Wedel als Eigentümerin wollte das unter Denkmalschutz stehende Gebäude abreißen lassen oder verkaufen.
Seit 1971 setzte sich eine Initiative für den Erhalt des Hauses ein
Seit 1971 kämpfte eine Bürgerinitiative für den Erhalt des Hauses. Mit Erfolg. Heute befindet sich eine Teestube in dem historischen Gebäudes. Und ein Bronzerelief am Eingang macht die Umrisse des Gebäudes auch für Blinde und Sehbehinderte fühl- und vorstellbar. Die Schilder wurden an vielen historischen Gebäuden Wedels angebracht, weiß Barbara Behrend. Die Reliefs gehen auf eine Initiative des blinden Ingenieurs Volker König zurück.
Große Führungen dauern zwei Stunden, üblicherweise wird Barbara Behrend aber für die einstündige Führung gebucht. Sie beginnt am Roland, über dessen Geschichte die Stadtführerin ausführlich berichtet, führt entlang des Stadtmuseums, vorbei an der Kirche und dem Pastorat - hier gibt es noch Wissenswertes zum Thema Johann Rist. Weitere Stationen sind das Barlach-Museum, die Wassermühle, der Mühlenteich, vorbei an Alt-Wedels ältestem Gebäude, dem Brauhaus, durch die Schulstraße und den Jungfernstieg, an dessen Ende die Führung gegenüber der "Batavia" endet. Dort erzählt Barbara Behrend noch etwas über das Theaterschiff und schwärmt von den schönen Sonnenuntergängen im Sommer. Auf Wunsch bringt die Stadtführerin ihre Gruppe dann aber noch zum Reepschlägerhaus. Auf jeden Fall empfiehlt sie aber den Teilnehmern, dort hinzugehen und sich den Garten mit dem verträumten Pavillon anzusehen.
Zu ihrem Job als Stadtführerin ist Barbara Behrend gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Im Rahmen des Hafenfestes 2004 hatten die Organisatoren von Wedel Marketing kleine Busse in Betrieb, die am Hafen losfuhren und den interessierten Mitfahrern eine Dreiviertelstunde die Sehenswürdigkeiten der Rolandstadt präsentierten.
Mit an Bord waren zwei professionelle Stadtführerinnen aus Hamburg, aber es fehlte noch eine Person. Und so sprach Martin Schumacher von Wedel Marketing seine alte Bekannte Behrend an, ob sie vielleicht Lust habe einzuspringen. Sie hatte. Und weil es im Nachhinein immer mal Anfragen bei der Stadt gab, wurde Barbara Behrend zur offiziellen Stadtführerin.
Oft wird sie lange im Voraus gebucht, zum Beispiel von Vereinen, Firmen, die zu Tagungen in Wedel sind, Seniorengruppen und Kegelclubs. Den Tourismusverein Bayreuth hat sie ebenso durch die Rolandstadt geführt wie Teilnehmer eines Abi-Treffens und zweimal im Jahr die Auszubildenden der Wedeler Verwaltung. 50 Euro kostet die kleine Runde, egal wie groß die Gruppe ist. Aber Barbara Behrend ist eine großzügige Frau: Wenn es in Strömen gießt, darf eine Führung auch noch am selben Morgen abgesagt werden, ohne dass Kosten anfallen. Die gebürtige Hamburgerin, die seit 32 Jahren in Wedel lebt, hat von Mai bis Oktober Saison, aber: "Ich bin auch schon im Dezember losgegangen, wenn die Leute es wollten", erzählt sie.
Touren durch die Rolandstadt sind auch in englischer Sprache möglich
Die Tour hat sie sich selbst ausgearbeitet und pro Station Wissenswertes auf Karteikarten geschrieben. Weil Barbara Behrend eine besondere Verbindung nach England hat und auch Verwandte von ihr auf der Insel leben, beherrscht sie die Sprache recht gut. Deshalb ist es möglich, die Führungen auch in Englisch anzubieten. Wer eine Führung buchen möchte, kann 04103/14 535 anrufen.
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