Bereits der Prototyp des Elektro-Kleinwagens Ego Life beeindruckte. Jetzt wird das Modell in einer eigens dafür gebauten Fabrik produziert

    Mit dem Elektro-Kleinwagen Ego ­Life fordert ein kleines Start-up-Unternehmen aus dem Umfeld der Aachener Universität die Branchengrößen heraus. Die Fabrik für das ehrgeizige Projekt wurde jetzt eröffnet, und das vielversprechende Mobil stand uns für erste Testeindrücke zur Verfügung. Was kann man von dem Mini-Stromer aus Nordrhein-Westfalen erwarten?

    Ambitionierte Elektroauto-Projekte gibt es fast so häufig wie Schilder am Straßenrand. Meistens kommen sie aus dem Entwurfsstadium nicht heraus, wie der E-Trabi. Oder sie fallen in der Produktion zu schlecht und viel zu teuer aus, wie der Minibus Mia des französischen Zulieferers Heuliez. Der Ego Life hat die erste große Hürde zur Produktion geschafft. Knapp 27 Millionen Euro wurden in das in Rekordzeit von 15 Monaten errichtete Werk investiert.

    Bereits die Prototypen gefielen durch einen überraschend hohen Reifegrad. Die jetzt verfügbaren ersten Vorserienmodelle haben noch einmal einen erheblichen Sprung nach vorn gemacht. Die ersten 1000 Exemplare werden noch in diesem Jahr ausgeliefert, 2019 sollen es bereits 10.000 sein.

    Auf glattem Belag zeigt der Ego sportliche Ambitionen

    Noch sind die Fahrzeuge nicht mit der später serienmäßigen Servolenkung bestückt, die Lenkung ist entsprechend schwergängig. Auch musste Ego kurzfristig den Zulieferer für Lenksäule und Pedalerie wechseln. Der ursprüngliche Partner wurde aufgekauft, sagt der hinter dem Ego-Projekt stehende Günther Schuh (59). Der auf Fahrzeugbau spezialisierte Professor an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen wurde mit der Entwicklung des Streetscooter bekannt. Der kleine gelbe Elektro-Kastenwagen prägt inzwischen überall da das innerstädtische Straßenbild mit, wo er im Lieferverkehr der Post eingesetzt wird.

    Wegen des Zuliefererwechsels für die wichtigen Bauteile, die jetzt von PSA kommen, ist das Lenkverhalten des Ego Life noch nicht zu beurteilen und das Gefühl im Bremspedal spürbar unausgereift. Bei 3,35 Meter „Kürze“ darf vom Federungskomfort nicht zu viel erwartet werden. Der Federweg fällt mit über 15 Zentimetern großzügig aus. Die Ego-Macher setzen jedoch aus ­optischen Gründen auf eine große Radgröße ab 16 Zoll Felgendurchmesser, was dem ­Abrollkomfort der Reifen enge Grenzen setzt.

    Erster Fahreindruck: Auf glattem Untergrund zeigt der heckgetriebene Ego sportliche Ambitionen, Schlaglöcher dürften ihn an die Grenze bringen. Das neue Gestühl macht bei der ersten Sitzprobe einen sehr guten Eindruck: straff, aber bequem, mit ausreichendem Seitenhalt. Die Sitzposition in dem 1,70 Meter breiten und fast 1,60 Meter hohen Ego Life ist gut, das Raumgefühl großzügig. Anmutung und Qualitätseindruck sind gut und weit weg von der Plastikwüste eines Dacia.

    Auf den beiden hinteren Einzelsitzen haben die „Ego-isten“ aus Aachen alles herausgeholt. Der Zugang durch die großen Türen ist gut, der Knieraum erstaunlich groß, jedoch die Sitzposition tief. Preis dafür ist ein minimaler Restraum hinter den Sitzen bis zur Glasklappe. Von Kofferraum kann hier keine Rede sein. Wer einkaufen fahren will, muss die Rücksitze umklappen. Dann liegt das maximale Ladevolumen bei 680 Litern.

    Professor Schuh verspricht, mit dem Ego Life den billigsten E-Pkw und nach Betriebskosten „den günstigsten Neuwagen überhaupt“ auf die Räder zu stellen. Nicht mehr als 15 Cent pro Kilometer soll der Elektro-Spaß kosten. Die wichtigsten Maßnahmen dafür sind ein Rahmen aus standardisierten Aluminium-Profilen sowie eine Außenhaut aus Kunststoff ohne Lackierung.

    Mit einer echten Reichweite von 100 Kilometern ist der Ego Life für den Stadtverkehr ausgelegt. So kommt der Wagen mit einer kleineren Batterie aus. Die Kapazität liegt bei 14,4 Kilowattstunden (kWh), beim Renault Zoe als dem 2017 meistverkauften Elektroauto in Deutschland sind es 22 bis 41 kWh. Die sich sonst ständig nach oben drehende Gewichtsspirale wird umgekehrt. Kleinere Batterie sowie Alu-Chassis und Kunststoffkarosserie zusammen senken das Fahrzeuggewicht auf rund 900 Kilogramm (zum Vergleich Elektro-Smart: 1000 Kilogramm) und damit wiederum den Verbrauch sowie die Ladezeit: maximal 5,5 Stunden an einer normalen Haushaltssteckdose. Schnellladung ist nicht vorgesehen.

    Der Ego Life wird mit 20, 40 und 60 Kilowatt Leistung (27 bis 80 PS) für 15.900, 17.400 bzw 19.900 Euro angeboten. Die Klimaanlage kostet 1700 Euro, Infotainment 1200 Euro, LED-Licht 650 Euro, Alufelgen 600 Euro. Bereits mit 40 Kilowatt zieht das Auto energisch nach vorn. Die Topversion kann veredelt bis zu 35.000 Euro kosten.