Berlin. Wer seine Immobilie schon zu Lebzeiten abgibt, kann seine Kinder bei der Erbschaftsteuer entlasten. So sollten Familien dabei vorgehen.

Viele Immobilienbesitzerinnen und -besitzer wünschen sich, dass Haus oder Wohnung in der Familie bleiben. Doch bei den aktuell hohen Preisen kann Erben teuer sein. Allerdings gibt es einen Weg aus der Steuerfalle: eine Schenkung zu Lebzeiten. Denn der Steuerfreibetrag für Schenkungen lässt sich alle zehn Jahre nutzen – statt nur einmal wie beim Erbe.

Immobilie verschenken statt vererben – in fünf Schritten

Jedes Kind kann von jedem Elternteil steuerfrei 400.000 Euro erben. Alles, was darüber hinausgeht, ist steuerpflichtig. Bei hohen Haus- und Wohnungspreisen kann da schnell eine bedeutende Summe zusammenkommen. Der Geldratgeber Finanztip empfiehlt daher, sich frühzeitig mit dem Thema Immobilienschenkung auseinanderzusetzen.

Schritt 1: In der Familie besprechen

Über den Tod eines Angehörigen zu sprechen, dürfte den meisten Familien schwerfallen. Doch wer Streit und Geldsorgen in der Familie verhindern möchte, sollte so früh wie möglich wichtige Fragen klären.

Vielleicht möchte eines der Kinder selbst in die Immobilie der Eltern einziehen? Oder gibt es eine andere Person in der Familie, die daran Interesse hat? Unter Umständen hat der Nachwuchs angesichts der hohen Immobilienpreise und steigender Bauzinsen ohnehin nicht die finanziellen Mittel, sich selbst eine Immobilie zu kaufen.

Hauseigentümer können ihre Immobilie an jede beliebige Person verschenken, auch an Neffen, Nichten oder Geschwister. Dann wird aber in der Regel Schenkungsteuer fällig, weil der Freibetrag für solche Verwandte nur 20.000 Euro beträgt.

Auch den eigenen Lebensabend sollten Hauseigentümer mit Weitsicht planen: Bei der Schenkung können sie ein lebenslanges Wohnrecht vereinbaren. Mit einem sogenannten Nießbrauch darf die Immobilie später auch vermietet werden. So lässt sich beispielsweise eine Unterkunft in einem Pflegeheim finanzieren.

Schritt 2: Verkehrswert ermitteln

Bevor Familien eine Schenkung angehen, sollten sie am besten ein Wertgutachten einholen. Das müssen die Beschenkten unter Umständen später beim Finanzamt vorlegen, wenn es um die Festsetzung der Schenkungsteuer geht.

Das Finanzamt erkennt das Gutachten nur an, sofern es von einem öffentlich bestellten und vereidigten Immobiliensachverständigen stammt – das ist eine geschützte Bezeichnung, und nur solche Gutachten gelten als unabhängig und unparteiisch.

Schritt 3: Die Schenkung planen

Sobald der Wert der Immobilie feststeht, können Hauseigentümer die Schenkung vorbereiten. Eine Notarin oder ein Notar plant diese im Detail. Die Kosten für Notarin oder Notar liegen bei etwa einem Prozent des Immobilienwerts.

Für Schenkungen gelten die gleichen Freibeträge wie beim Erben: Pro Elternteil lassen sich 400.000 Euro steuerfrei an jedes Kind verschenken. Der Fall ist einfach, wenn Vater und Mutter ein Haus im Wert von 800.000 Euro zu gleichen Teilen gehört. Jeder verschenkt seine Hälfte steuerfrei an das gemeinsame Kind.

Würde sich die Familie ausschließlich auf die gesetzliche Erbfolge verlassen, müsste die Tochter später Erbschaftsteuer zahlen. Denn bei Ableben eines Ehepartners würden erst der letztüberlebende Ehegatte und die Tochter je zur Hälfte erben, beide also 200.000 Euro. Stirbt dann auch die Mutter, erbt die Tochter insgesamt 600.000 Euro. Damit würde sie 200.000 Euro über ihrem Freibetrag liegen. Auf diesen Betrag müsste sie elf Prozent Steuern zahlen, also 22.000 Euro.

Wer Alleineigentümer ist, kann die Immobilie auch stufenweise übertragen: Zuerst bekommt das Kind die eine Hälfte geschenkt und dann zehn Jahre später die andere – alles steuerfrei. Der Freibetrag kann nämlich alle zehn Jahre ausgeschöpft werden. Bei der Immobilie im Wert von 800.000 Euro spart das Kind so 60.000 Euro Erbschaftsteuer.

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Schritt 4: Der Notar vollzieht die Schenkung

Eine Immobilie lässt sich nur mit einem vom Notar beurkundeten Vertrag verschenken. Dort kann auch ein lebenslanges Wohnrecht oder Nießbrauch für die Eltern verankert werden. Das ist auch eine weitere Möglichkeit, Schenkungs- und Erbschaftsteuer zu sparen: Denn ein Wohnrecht mindert den Wert der Immobilie.

Eltern sollten auch für Gerechtigkeit unter den Kindern sorgen, falls das Haus nicht allen gemeinsam geschenkt werden soll. Vertraglich können Familien vereinbaren, dass das beschenkte Kind später weniger erbt als die anderen. Ebenso ist es möglich, eine Abfindung für die Geschwister zu vereinbaren.

In jedem Fall sollten die leer ausgehenden Kinder eine Erklärung unterschreiben, dass sie auf Ansprüche auf das Haus verzichten. Andernfalls könnten sie einen Ausgleich einfordern, sofern die Eltern früher als zehn Jahre nach der Schenkung sterben.

Finanztip rät den schenkenden Eltern, auch an die eigene finanzielle Absicherung zu denken: Mit einem vertraglich verankerten Rückforderungsrecht kann eine Schenkung zur Not wieder rückgängig gemacht werden – etwa wenn die Eltern unvorhergesehen in eine finanzielle Schieflage geraten. Dann werden sie wieder zu Eigentümern und können das Haus bei der Bank beleihen oder sogar verkaufen.

Schritt 5: Den Steuerbescheid prüfen

Ist die Schenkung unter Dach und Fach, meldet die Notarin dies dem Finanzamt. Anschließend bekommt der Beschenkte einen Steuerbescheid. Ist alles richtig gelaufen, sollte die Schenkungssteuer bei 0 Euro liegen.

Manchmal setzt das Finanzamt aber den Wert der Immobilie zu hoch an. Laut Steuerbescheid würde dann doch Schenkungssteuer anfallen. In diesem Fall sollte der Beschenkte Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen. Finanztip rät, das Gutachten des Immobiliensachverständigen beizulegen – das Finanzamt muss dieses Wertgutachten anerkennen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf abendblatt.de.