Häftlinge des SED-Regimes sollen als Zwangsarbeiter Möbel produziert haben. Hilfe der Opferverbände bei Aufklärung zunächst abgelehnt.

Berlin. Die deutsche Niederlassung des Möbelherstellers Ikea will offenbar nun doch den Einsatz von DDR-Häftlingen als Zwangsarbeiter untersuchen lassen. Zugleich erklärte das Unternehmen dem Nachrichtenportal "Welt Online", es sei ein bedauerlicher Fehler gewesen, dass man zuvor einen Vorschlag der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) für ein Forschungsprojekt abgelehnt habe. "Wir sind im Gespräch mit der UOKG und legen darauf auch großen Wert", sagte eine Unternehmenssprecherin.

Erst am Montag wurde ein Brief bekannt, aus dem hervorgeht, dass Ikea den Vorstoß der UOKG zunächst abgelehnt hatte. "Doch leider müssen auch wir Prioritäten setzen", heißt es unter Verweis auf soziale Aktivitäten des Unternehmens in dem Schreiben der Ikea-Abteilung für Public Relations vom 10. August. "Es gäbe vieles zu unterstützen, doch alles ist selbst uns nicht möglich." Nach Medienberichten erklärte eine Sprecherin den ablehnenden Brief damit, dass das Schreiben des Opferverbandes in der Urlaubszeit untergegangen und seine Bedeutung nicht erkannt worden sei.

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Der UOKG erklärte gestern, der Verband nehme die Erklärung und Entschuldigung von Ikea an. Dessen Bundesvorsitzender Rainer Wagner sagte, er betrachte die Erklärung als glaubwürdig. Zugleich äußerte er den Wunsch auf eine zukünftige konstruktive Zusammenarbeit. Ikea habe sich im Gegensatz zu anderen Unternehmen und Institutionen sehr früh bereit erklärt, die Verwicklungen in das Zwangsarbeitssystem der DDR zu erforschen und aufzuarbeiten. In einem Telefonat bat Wagner Ikea, den Projektvorschlag zur DDR-Zwangsarbeit noch einmal wohlwollend zu prüfen.

Unterdessen kritisierten weitere Experten den Umgang von Ikea mit den Opferverbänden. "Mit einem solchen Formbrief zu antworten zeigt, dass es Ikea nicht ernst ist mit der Aufarbeitung der Vorwürfe", kritisierte der Leiter des Berliner Stasi-Museums, Jörg Drieselmann. "Die UOKG ist nicht irgendein Verband, sie vertritt sehr viele Betroffene. Sie haben sich angeboten, bei der Aufklärung behilflich zu sein. Ich hätte erwartet, dass Ikea cleverer reagiert."

Zwangsarbeit gehörte zum System des Strafvollzugs in der DDR. In der Regel mussten alle Gefangenen, egal ob kriminell oder politisch verfolgt, für Betriebe im In- und Ausland arbeiten. Wie viele Menschen Zwangsarbeit leisten mussten, ist nicht bekant. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 100 000 politische Gefangene betroffen waren. Viele von ihnen kämpfen um eine Entschädigung für die in der Haft geleistete Arbeit. Die Arbeitsbedingungen waren in der Regel schlecht. Mangelhafte Verpflegung sowie unzureichende Hygiene- und Sicherheitsstandards waren an der Tagesordnung.