Nach Medienberichten, wurden die Änderungen bereits bei der ersten Lesung des Regierungsentwurfs im Bundestag am 26. April öffentlich.

Berlin. Die heftig kritisierten Änderungen beim Meldegesetz waren der Koalition wohl schon gut zwei Monate vor der Verabschiedung bekannt. Wie der „Spiegel“ berichtete, legte das Innenministerium Anfang April auf Wunsch der Regierungsfraktionen Formulierungshilfen vor. Darin war demnach erstmals die Widerspruchslösung festgeschrieben, nach der Meldeämter personenbezogene Daten grundsätzlich herausgeben dürfen. Nach dem ursprünglichen Entwurf war eine Einwilligung der Bürger nötig gewesen. In der CSU sorgt das Gesetz mächtig für Ärger.

Wie der „Spiegel“ berichtete, wurden die Änderungen bereits bei der ersten Lesung des Regierungsentwurfs im Bundestag am 26. April öffentlich. Der CDU-Abgeordnete Helmut Brandt habe in seiner unbeachteten Rede den fraglichen Abschnitt des Meldegesetzes erwähnt, obwohl dieser noch gar nicht im Gesetzestext gestanden habe, sondern nur Teil der unter der Hand vereinbarten Änderungen gewesen sei.

Kritik an Seehofer

In der CSU kracht es mächtig wegen des Gesetzes. Der Innenpolitiker Hans-Peter Uhl wehrte sich in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ gegen Kritik des Parteivorsitzenden Horst Seehofer, der den parlamentarischen Umgang mit dem Gesetzestext als „dicken Fehler“ bezeichnet hatte. „Man muss die Vor- und Nachteile einer Widerspruchslösung mit den Fachleuten diskutieren, bevor man von dicken Fehlern spricht“, sagte Uhl. Der Zeitung zufolge hat Seehofers Kritik auch bei den Kollegen Uhls in der Berliner CSU-Landesgruppe zu großer Verärgerung geführt.

Seehofer verteidigte sein Vorgehen. Die Bundesregierung habe einen Gesetzentwurf eingebracht, „mit dem wir voll einverstanden waren“, sagte er im ARD-„Sommerinterview“. Er sei „seit jeher der Meinung, dass man private Daten nur mit Zustimmung der betroffenen Person weitergeben darf.“ So sei das Gesetz ins Parlament gegangen, und dann sei im Bundestag „etwas verändert worden“. Er habe lediglich gesagt, dass er wieder zum Ursprungstext zurückwolle, erklärte Seehofer. Nicht er sei deshalb der Böse, „sondern diejenigen, die etwas verändert haben, ohne das ein Parteivorsitzender es zum Beispiel wusste“.

Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz verteidigte die Gesetzesänderung. Das Datenschutzniveau im jetzt vom Bundestag beschlossenen Gesetz sei besser als das bislang bestehende, sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Weitere Verbesserungen würden aber jedenfalls nicht an der FDP scheitern. Auch der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestages, der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach, nannte es unverständlich, warum man die Verbesserung der Datenschutzlage durch das verabschiedete Gesetz als Verschlechterung verkaufe.

Der Bundestag hatte die Novelle am 28. Juni mit den Stimmen von Schwarz-Gelb verabschiedet, als nur wenige Abgeordnete im Plenum saßen. Eine mündliche Diskussion gab es nicht, die Reden wurden zu Protokoll gegeben. Zu dem Zeitpunkt hatte gerade das EM-Halbfinalspiel Deutschland gegen Italien begonnen.

(dapd-bay)