Eine Abendblatt-Umfrage unter den Hamburger Abgeordneten zum Papstbesuch zeigt, welcher Parlamentarier der Rede fernbleibt und wer hingeht.

Hamburg. Die Frage erinnert an Goethes Faust: "Nun sag, wie hast du's mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon", lautet die Gretchenfrage. Und die stellt sich derzeit auch vielen Volksvertretern. Es ist die erste Rede eines Papstes im Bundestag, und annähernd 100 der 620 Abgeordneten wollen sie nicht hören. Ein Teil boykottiert den Auftritt von Benedikt XVI. am Donnerstag und nimmt an Demonstrationen teil, die von Papst-Gegnern organisiert werden. Andere sparen sich einfach den Weg ins Plenum.

Gespannt auf den Papst sind elf der 13 Hamburger Bundestagsabgeordneten. Zwei wollen seine Rede nicht verfolgen. Der Hamburger Linken-Abgeordnete Jan van Aken befindet sich auf einer Dienstreise. Er sagte auf Abendblatt-Anfrage, er finde den Dialog mit allen Gläubigen wichtig - nur eben nicht im Bundestag. Manuel Sarrazin (Grüne) fehlt ebenfalls. Er sagte schlicht, er habe anderes zu tun.

Das Oberhaupt der katholischen Kirche ist als Staatsoberhaupt des Vatikans ein Staatsgast - und hat deshalb Rederecht. Die SPD-Abgeordnete Aydan Özoguz, Muslima und Mitglied der Deutschen Islamkonferenz, will den Papst hören. Sie setzt auf einen Dialog der Glaubensrichtungen. Auch der CDU-Abgeordnete Jürgen Klimke erwartet viel vom Pontifex maximus: "Seine Rede ist für mich als Außen- und Menschenrechtspolitiker auch ein Signal bei zunehmender Christenverfolgung auf dieser Erde, dass Christen zusammenhlten. Noch konstruktiver wäre es jedoch gewesen, in einem Dialog über Erfolge und Verfehlungen der katholischen Kirche zu sprechen."

DIE STIMMEN DER HAMBURGER ABGEORDNETEN

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verteidigte den Papst-Auftritt. Der Papst sei nicht nur ein religiöser Führer, sondern auch ein Staatsoberhaupt eines Landes, mit dem Deutschland diplomatische Beziehungen pflege. "Ich werde im Bundestag sein, wenn er dort redet."

Als Joseph Ratzinger war der Papst bereits im Bundestag. Im November 2000 nahm Ratzinger an einer privaten Führung mit Staatssekretär Hans-Joachim Stelzl teil. Ein Pförtner kündigte Stelzl den Besucher mit den Worten an: "Da ist so ein Kardinal aus Rom."

Von seiner Ankunft am Donnerstag in Berlin bis zum Abflug nach Rom am Sonntag feiert Papst Benedikt XVI. eine öffentliche Messe in Berlin (Olympiastadion, Donnerstag, 18.30 Uhr), eine Vesper im thüringischen Etzelsbach (Freitag, 17.45 Uhr), eine Eucharistiefeier in Erfurt (Sonnabend, 9 Uhr) und eine Messe in Freiburg (Sonntag, 10 Uhr).

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