Stuttgart. Das Milliardenprojekt Stuttgart 21 wird nach Angaben der Bahn erst Ende 2020 in Betrieb gehen - ein Jahr später als geplant. Das Grundwassermanagement könne nicht wie ursprünglich vorgenommen in der zweiten Jahreshälfte starten, sondern voraussichtlich erst im Januar 2013, erläuterte Bahn-Technikvorstand Volker Kefer nach der Sitzung des Lenkungskreises zum Bahnprojekt am Freitagabend in Stuttgart. Das Grundwassermanagement ist Voraussetzung für die geplanten Tiefbauten. Vorbereitende Arbeiten wie Baulogistik, der Querbahnsteig im Hauptbahnhof sowie ein Aushub des Tiefbahnhofs bis zum Grundwasserspiegel seien schon in diesem Jahr möglich.
Der Kämmerer der Stadt Stuttgart, Michael Föll (CDU), zeigte sich enttäuscht aufgrund der Verzögerung: „Darüber sind wir nicht glücklich.“ Die Belastungen für die Bürger müssten so gering wie möglich gehalten werden. Vor und während der ersten Sitzung des Lenkungskreises nach der Volksabstimmung über Stuttgart 21 protestierten zeitweise etwa 500 Projektgegner und meldeten Zweifel an der Kostenkalkulation und der Leistungsfähigkeit des neuen Tiefbahnhofs an. Die Limousine des Bahnvorstandes wurde von aggressiv auftretenden Gegnern am Wegfahren gehindert. Polizisten trugen einige Menschen weg, die sich dem Wagen in den Weg gesetzt hatten.
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Größter Streitpunkt in der Diskussion war nach Darstellung Kefers und Verkehrsministers Winfried Hermann (Grüne) die Finanzierung der Kosten aus der Schlichtung, darunter eine bessere Westanbindung des geplanten Flughafenbahnhofs und zusätzliche Signaltechnik. Die Bahn will eine gesonderte Finanzierungsvereinbarung für die insgesamt erforderlichen 80 Millionen Euro. Die übrigen Projektpartner sehen die Summe als Bestandteil der bisherigen Projektkalkulation.
Deshalb sind sich die Bahn auf der einen sowie Land, Stadt und Region Stuttgart auf der anderen Seite auch bei der Angabe der aktuellen Kosten des Vorhabens nicht einig. Die Bahn sieht die Summe nach den wichtigen Vergaben von Tiefbahnhof samt unterirdischen Zuführungen bei 4,3 Milliarden Euro. Das entspreche auch der Prognose vor der Volksabstimmung. Die übrigen Finanziers tendieren aber zu 4,4 Milliarden Euro, schließen also die 80 Millionen Euro in den Preis ein.
Die Projektpartner wollen den Konflikt nach dem Ende des geplanten Filderdialogs aus der Welt schaffen. Kefer: „Wir wollen das Thema nicht ad infinitum vor uns hertragen.“ Beim voraussichtlich im Mai beginnenden Filderdialog diskutieren Projektpartner mit Vertretern der betroffenen Bürger im Bereich des Flughafens über Korrekturen.
Hermann stellte klar, dass für Neuplanungen zur Anbindung des neuen Flughafenbahnhofs auf den Fildern „Freiheit im Denken“ gelten müsse, allerdings nur Vorschläge innerhalb des Kostenrahmens akzeptabel seien. Er betrachte die neue immer näher an den Kostendeckel heranreichende Summe „mit Sorge“: „Wer schon heute bei 4,3 Milliarden Euro ist und den Kostendeckel nicht reißen will, muss schon jetzt anfangen zu sparen.“
Kefer kündigte ein striktes Kostenmanagement an, damit das Limit auch eingehalten werden könnte. Er verspüre den „sportlichen Ehrgeiz für eine gute Projektperformance“.
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