Obama musste sich mit einer „kleinen Lösung“ zufriedengeben. Statt eines Treffens mit Mandela nur ein Gespräch mit der Familie. Er habe keine Foto-Gelegenheit gewollt, sagt Obama. Glaubt man ihm das?

Pretoria. Bilder und Gesten haben großen Einfluss in der Politik. Kaum jemand weiß das besser als Barack Obama. Doch den „historischen“ Besuch des US-Präsidenten am Krankenbett von Nelson Mandela gibt es jetzt doch nicht. Der erste schwarze Präsident der Weltmacht USA beim ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas – die Begegnung der beiden Friedensnobelpreisträger hätte wahrlich Symbolcharakter gehabt.

Tagelang wurde spekuliert und gemutmaßt. Ob der Zustand des 94-jährigen Greises einen Besuch zulässt oder ob nicht. Immerhin: In Pretoria verlautete, es gehe dem Patienten ein bisschen besser. Eine ganze Reihe von Leuten hätte ihm die Aufwartung gemacht.

Doch letztlich traf Obama nur die Mandela-Familie zu einem strikt privaten Besuch. Er habe keine „Foto-Gelegenheit“ mit der Ikone des Freiheitskampfes gesucht, winkte der Mann aus dem Weißen Haus ab. Das klingt nach vornehmer Zurückhaltung und Bescheidenheit – doch kann man dem „Medienmann“ Obama so viel Edelmut abnehmen?

Dürr und nichtssagend fiel die Verlautbarung über das Treffen mit dem Clan aus. Zwei Töchter und sechs Enkelkinder seien dabei gewesen, so das Weiße Haus. Er hoffe, dass Mandela durch das Zusammensein mit seinen Angehörigen im Krankenhaus Frieden finde. Dann würdigt Obama noch einmal das, was der alte Mann durch seinen Kampf für Südafrika und die Welt getan hat. Sonderlich bewegend oder einfühlsam waren die Worte Obamas nicht. Er kann anders. Aber was hätte er auch sagen sollen?

Kaum eine halbe Stunde später tauchte Obama dann vor jungen Leuten an der Universität in Soweto auf. Hier war Jubelstimmung angesagt. „Hallo Südafrika, es fühlt sich gut an, wieder hier zu sein.“ Die jungen Studenten rasten vor Begeisterung.

Kein Zweifel: Die erste größere Afrika-Reise Obamas stand ganz im Zeichen des maladen Helden. Südafrikas Präsident Jacob Zuma bemühte sich sogar kaum verhohlen, mit dem Todkranken für sich und seine Regierungspartei ANC zu werben. Geschickt flocht er bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Obama ein Zitat ein, das Mandela „erst kürzlich“ gesagt habe. „Wenn ich mich schlafen lege, werde ich glücklich sein, weil ich weiß, dass ich Südafrika verlasse, während es sich vorwärtsbewegt“, soll Mandela gesagt haben. Neun Monate vor den Wahlen machen sich solche Worte immer gut.

Unterdessen gehen die hässlichen Querelen innerhalb der Mandela- Familie weiter. 16 Mitglieder der Familie konnten sich am Freitag erst mit Hilfe einer richterlichen Verfügung gegen Mandela-Enkel Mandla Mandela durchsetzen. Der hatte eigenmächtig drei verstorbene Kinder Nelson Mandelas in dessen Heimatdorf Qunu exhumieren und in Mandelas Geburtsort Mvezo beisetzen lassen. Nun wurde die Rückführung der sterblichen Überreste verfügt.

Das hat vor allem deswegen eine überragende Bedeutung, weil Mandla mit seinem Manöver offensichtlich beabsichtigte, Familie und Staat zu zwingen, Nelson Mandelas Grab nach Mvezo zu legen – dabei hat der Friedensnobelpreisträger schon vor Jahren bestimmt, in Qunu beigesetzt zu werden, wo sich die letzte Ruhestätte vieler anderer Angehöriger befindet. Die Familienfehde gibt eine Vorgeschmack auf das, was geschieht, wenn der große alte Mann Südafrikas einmal wirklich tot ist.

Das Medi-Clinic-Heart-Hospital war auch am Samstag Wallfahrtsort von zahlreichen Mandela-Bewunderern, die Blumen, Bilder, Grußkarten und Stofftiere an den Absperrungen niederlegten. Inzwischen kommen auch immer mehr ausländische Besucher, Touristen aus Japan oder Repräsentanten der griechisch-orthodoxen Kirche, die in Johannesburg zu einem Arbeitsbesuch waren.