Berlin. Die Ampel-Koalition will die Wende hin zu klimaneutralen Heizungen. Was bald gelten soll, was schon geht und welche Kosten anfallen.

  • Im Zentrum der Wärmewende: Verbraucher konfrontiert mit einer schwierigen Entscheidung: Eine Vielzahl innovativer Heizsysteme sind verfügbar
  • Wie beeinflussen diese Entscheidungen Umwelt und Kosten für die Verbraucher?
  • Hier erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher eine detaillierte Erklärung von verschiedenen Heizungsvarianten unterschiedlicher Preisklassen und deren Einfluss auf den Klimaschutz

Über kaum ein anderes Thema hat die Ampel-Koalition in den vergangenen Wochen so massiv gestritten wie über die Wärmewende. Hintergrund war das von Wirtschaftsminister Robert Habeck ins Spiel gebrachte schrittweise Verbot von Gas- und Ölheizungen ab 2024. Mittlerweile hat sich die Bundesregierung auf einen Kabinettsentwurf geeinigt – das Gas- und Ölheizungsverbot soll in einer Lightversion kommen. Wie die Entscheidungen einzuordnen sind und was auf die Verbraucher im neuen Heizungsgesetz zukommen könnte:

Gas- und Ölheizung ab 2024: Ampel-Regierung einigt sich – was gelten soll

Die Ampel-Koalition hat sich am Freitag zum umstrittenen Gebäudeenergiegesetz mit dem Verbot des Einbaus neuer Gas- und Ölheizungen geeinigt. Dabei bleibt es laut Bundeswirtschaftsministerium im Kern dabei, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Es soll aber Ausnahmen, Übergangsfristen und eine umfassende Förderung geben. Aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums hieß es am Freitagabend, dass es mehr Möglichkeiten geben soll, die 65-Prozent-Anforderung zu erfüllen.

Unter anderem Gasheizungen, die „H2-ready“ sind, also auf 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar, möglich sein – allerdings nur, wenn es konkrete Pläne für ein entsprechendes Wasserstoffnetz gibt. Für den Betrieb sollen grüner und blauer Wasserstoff möglich sein, blauer aber nur, wenn er strengen Anforderungen genügt. Gleichzeitig sollen mehr Ausnahmen und Härtefallregelungen geschaffen werden auch beim Einbau von neuen Heizungen: Über-80-Jährige zum Beispiel, die im eigenen Haus wohnen, können eine irreparabel kaputte Gasheizung auch mit einer neuen Gasheizung ersetzen.

Erst wenn deren Haus vererbt oder verkauft wird, greift das neue Recht - mit einer Übergangsfrist von zwei Jahren. Grundsätzlich gilt wie im ersten Entwurf: Spätestens am 31. Dezember 2044 müssen die fossilen Öfen wirklich aus sein. Denn 2045 soll Deutschland klimaneutral sein.

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Welche klimafreundlichen Optionen gibt es für Gas- und Ölheizungen?

Für Einfamilienhäuser oder Doppelhaushälften sind Wärmepumpen in der Regel gut geeignet – selbst in ungedämmten Häusern. Bei einem Gipfeltreffen im Wirtschaftsministerium sagten Unternehmensvertreter zu, ab 2024 pro Jahr rund 500.000 neue Wärmepumpen zu installieren. Um Öl- und Gas-Heizungen zu ersetzen, müsste laut Wirtschaftsminister Habeck die Zahl von derzeit gut einer Million auf vier bis sechs Millionen innerhalb von sieben Jahren steigen.

Bezeichnung der FörderungZuschuss in Prozent
Grundförderung ("Basis-Zuschuss")30
Geschwindigkeitsbonus20 (ab 2024 – sinkt über die Jahre)
Bonus für WP mit natürlichem Kältemittel5
Bonus für Haushalte mit Einkommen unter 40.000 Euro30

In Summe sind theoretisch 85 Prozent Förderung möglich. Der Gesetzgeber hat die maximal Fördersumme aber auf 70 Prozent gedeckelt. Die maximale Fördersumme liegt bei 30.000 Euro. Bei 70 Prozent Deckelung ist somit maximal ein Zuschuss von 21.000 Euro möglich.

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Wenn der Einbau einer Wärmepumpe nicht möglich ist – zum Beispiel in dicht bebauten Stadtvierteln, greifen Kommunen heute schon teilweise auf Wärmenetze zurück. 14 Prozent der Haushalte in Deutschland werden so versorgt. Allerdings wird die Wärme in den Netzen heute noch überwiegend aus fossilen Energieträgern erzeugt. In Zukunft sollen die Netze überwiegend aus erneuerbaren Wärmequellen und industrieller Abwärme gespeist werden, zum Beispiel aus Tiefengeothermie, Solarthermie oder dem Abwasser.

In kleinen bis sehr kleinen Mengen kommen auch Biogas und Wasserstoff als Beimischung in den Netzen zum Einsatz. Biogas wird aus Biomasse wie Dung oder Pflanzenabfällen hergestellt und in Biogasanlagen zersetzt. Wasserstoff kann klimaneutral per Elektrolyse mit erneuerbarem Strom hergestellt werden – grüner Wasserstoff. Blauer Wasserstoff wird durch Dampfreformierung aus Erdgas gewonnen, wobei entstehendes CO2 abgeschieden und gespeichert wird. Er ist nicht vollständig klimaneutral.

Außerdem gibt es auch hybride Systeme, die etwa Wärmepumpe und Gaskessel kombinieren und die 65-Prozent-Anforderung ebenfalls erfüllen.

Alternative zu Heizöl und Gas: Wie realistisch ist Heizen mit Wasserstoff und Biogas?

Wasserstoff könnte schon jetzt ins Gasverteilernetz eingespeist werden, sagt Matthias Wagnitz, Referent für Energie- und Wärmetechnik beim Zentralverband Sanitär Heizung Klima – aber nur bis zu einem Anteil von zwanzig Prozent. Bei einer höheren H2-Einspeisung leiden laut Wagnitz Werksstoffe der Leitungen, wie etwa Dichtungen. Um Heizungen mit 100 Prozent Wasserstoff zu betreiben, müsste das komplette Rohrnetz nachgearbeitet werden.

Bisher wird eine H2-Einspeisung aber in Deutschland nicht gemacht, nur große Firmen haben sich zu Testzwecken oder in Form von Projekten selbst mit Wasserstoff versorgt. „Die Debatte um Heizen mit Wasserstoff suggeriert, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Gasheizung zu Hause weiter nutzen können. Anstelle von Methan würde sie mit Wasserstoff gespeist“, sagt deshalb Agora-Expertin Uta Weiß.

Das ist eine Wasserstoff-Heizung

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    Auch Verbraucherschützer warnen davor, Wasserstoffheizungen jetzt als breit einsetzbare Alternative zu bewerben: Die Diskussion über Gasheizungen, die H2-ready sein sollen, ist problematisch, weil es grünen Wasserstoff aktuell praktisch nicht gibt“, sagt Thomas Engelke, Energieexperte vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. „Es darf nicht passieren, dass Verbraucher jetzt noch eine Gasheizung kaufen im Glauben, die könnten sie bald mit Wasserstoff betreiben.“

    Biogas ist technisch unkomplizierter, aber ebenfalls knapp. Auf Anbauflächen stehen Pflanzen zur Produktion von Biogas zudem in Konkurrenz zu anderen Nutzungen wie etwa zur Nahrungsmittelproduktion.

    Was kostet ein Tausch der Gas- oder Ölheizung den Verbraucher?

    Nach Angaben der Verbraucherzentralen ist in einem Einfamilienhaus mit reinen Umrüstungskosten von mindestens 30.000 Euro zu rechnen, wenn eine bisherige Gasheizung durch eine Wärmepumpenheizung mit Luft-Wasserwärmepumpe ersetzt wird. Weitere 5.000 bis 15.000 Euro können dazukommen für Wärmepumpen, bei denen eine Wärmequelle im Erdreich oder Grundwasser erschlossen werden muss. Muss das Haus gedämmt werden, bedeutet auch das weitere Kosten.

    HeizungKosten in EUR
    Ölheizungab ca. 8.000
    Gasheizungab ca. 7.000
    Holz- oder Pelletheizungab ca. 10.000
    Nah- und Fernwärmeab ca. 5.000
    Wasserstoffheizungab ca. 30.000
    Solarthermieab ca. 10.000
    Luft-Wasser-Wärmepumpe8000 bis 16.000
    Erdwärmepumpe12.000 bis 15.000 (ohne Erschließung)
    Grundwasser-Wärmepumpe9000 bis 12.000 (ohne Erschließung)

    Zu beachten ist: Die Kosten in dieser Tabelle sind durchschnittliche Werte und können im individuellen Fall abweichen. Nicht beachtet werden zudem die Kosten für die Installation oder einen nötigen Umbau/Sanierung. Auch Förderungen werden nicht berücksichtigt.

    Gefördert werden derzeit bis zu 40 Prozent der Kosten, die Ampel hat weitere Unterstützung angekündigt, speziell für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Uta Weiß plädiert für mehr Modelle, bei denen Privatleute die Geräte nicht kaufen müssen: „Der Staat muss dafür sorgen, dass Miet- oder Finanzierungsmodelle für Wärmepumpen allen zugänglich gemacht werden“, sagt sie.

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    Noch sind Wärmepumpen außerdem knapp: „Wir haben Lieferzeiten von ein bis anderthalb Jahren und mehr für Wärmepumpen“, sagt Matthias Wagnitz. „Das macht sich leider in den Preisen auf allen Ebenen bemerkbar.“ Handwerker hätten mit stark gestiegenen Einkaufspreisen zu rechnen, etwa durch coronabedingte Lieferkettenengpässe.

    Bei Gasthermen, die als H2-ready bezeichnet werden, müsste bei der Umstellung auf reinen Wasserstoff in jedem Fall der Brenner durch einen Fachinstallateur ausgetauscht werden. Eine Wasserstoff-Heizung inklusive Zubehör und Einbau kostet laut Heizungsbauern zwischen 30.000 und 35.000 Euro. Verbraucherschützer Engelke betont aber, dass jeder Fall ein Einzelfall sei: „Verbraucherinnen und Verbraucher, die eine neue Heizung einbauen wollen, sollten unbedingt zur Energieberatung gehen.“