Berlin/Stuttgart. Weiter mit Grün-Schwarz regieren oder doch zur Ampel schwenken? Die Wahl in Baden-Württemberg lässt dem Ministerpräsidenten die Wahl.
Der Favorit zeigt sich bescheiden: „Man spekuliert am Wahltag nicht rum“, erklärt Winfried Kretschmann, Grünen-Chef im Ländle, knapp, als er am Sonntagvormittag nach einer Einschätzung gefragt wird, wie der Wahltag in Baden-Württemberg wohl ausgehen wird.
Die Umfragen sehen ihn seit Wochen klar vorn, aber Kretschmann weiß: Prognosen sind schwierig, dieses Mal mehr noch als sonst. In den Wahllokalen gab es am Sonntag Desinfektionsmittel und Plastikbarrieren, Abstand und Maskenpflicht. Trotzdem hatten sich viele Menschen entschieden, ihre Stimme per Post abzugeben. Wie sie sich entschieden haben, lässt sich deshalb nicht mit den klassischen Nachwahlbefragungen an den Wahllokalen feststellen.
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Grüne mit Rekordergebnis, vernichtende Niederlage für die CDU
Viele der Briefwählerinnen und Briefwähler haben schon vor Tagen oder Wochen gewählt – worüber vor allem die CDU froh sein dürfte, die in den letzten Tagen vor der Wahl auf Bundesebene von der „Masken-Affäre“ schwer erschüttert worden war. Lesen Sie auch: Corona sorgt für Briefwähler-Boom bei den Landtagswahlen
Am frühen Sonntagabend sah es allerdings so aus, als würde das auch CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann nicht vor einer vernichtenden Niederlage retten: Die ersten Prognosen sahen die Grünen noch ein wenig stärker als bei ihrem Rekordergebnis vor fünf Jahren – auch wenn es vor der Wahl Umfragen mit noch besseren Werten gab.
Die CDU dagegen, die mit Kretschmann die letzten fünf Jahre regiert hat, lag in den Prognosen deutlich abgeschlagen. Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann steht damit wohl vor dem politischen Aus – selbst um ihr Direktmandat musste die 56-Jährige bangen.
Wie sich Kretschmann entscheidet, hat Signalwirkung
Kretschmann, so sah es am frühen Sonntagabend aus, hat damit die Wahl: Er könnte die bisherige Koalition mit der CDU neu auflegen. Er könnte aber auch ein für Baden-Württemberg neues Bündnis wagen und eine sogenannte Ampelkoalition mit FDP und SPD anführen.
Eine Neuauflage der grün-roten Koalition, wie es sie in Kretschmanns erster Amtszeit gegeben hatte, war nach den ersten Prognosen nicht wahrscheinlich. Knapp hinter der AfD lagen die Sozialdemokraten nur auf Platz vier. Auch eine Regierung aus Grünen und FDP rückte mit den ersten Zahlen weg.
Was Kretschmann will, hat Signalwirkung auch für die Bundesebene, wo die Grünen-Führung Optionen für eine Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl im Herbst durchspielt.
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Landtagswahl in Baden-Württemberg: Ernüchternd für die AfD
Einen ernüchternden Wahltag erlebte die AfD: Früh zeichnete sich ab, dass die Partei deutlich Stimmen einbüßen würde. 2016 hatte die AfD in Baden-Württemberg mit 15 Prozent ihr bestes Ergebnis in einem westdeutschen Bundesland geholt.
Mit Jörg Meuthen und Alice Weidel gehören zwar gleich zwei der prominentesten Gesichter der Partei dem Landesverband Baden-Württemberg an. Doch den Wahlkämpfern der zerstrittenen Partei war damit offenbar nicht geholfen. Bitter war der Tag auch für die Linke: Als einzige im Bundestag vertretene Partei scheitert sie in Baden-Württemberg immer wieder an der Fünfprozenthürde.
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