Washington. Richard Grenells Berufung zum Geheimdienstchef kam überraschend. Donald Trump soll damit aber auf brisante Erkenntnisse reagiert haben.

Die umstrittene Berufung des US-Botschafters in Berlin, Richard Grenell, zum neuen Interims-Koordinator aller 17 US-Geheimdienste durch Donald Trump hat offenbar einen brisanten politischen Hintergrund.

Wie der frühere CIA-Chef John Brennan am Donnerstag andeutete, will der Präsident mit der Einsetzung des als bedingungslosem Trump-Fan bekannten Diplomaten Grenell verhindern, dass russische Einmischungsversuche in die US-Wahlen im kommenden November zugunsten Trumps vom Kongress in Washington untersucht und verfolgt werden.

Brennan und weitere Experten der Geheimdienst-Community in Washington stützten ihre Sorge auf übereinstimmende Medien-Berichte, die Mittwochabend in Washington hohe Wellen schlugen.

US-Wahlen: Wie Russland Trumps Wiederwahl befördern will

Danach hat eine hohe Beamtin des noch amtierenden Geheimdienst-Koordinators Robert Maguire dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses vor wenigen Tagen in nicht-öffentlicher Sitzung mitgeteilt, dass Moskau – wie schon 2016 – die Präsidentenwahl am 3. November mit Desinformations-Kampagnen stören will, um Trumps Wiederwahl zu befördern.

Welche Details Shelby Pierson dabei vorlegte, ist bisher nicht bekannt. Klar sei nur laut “New York Times”, “Washington Post” und anderen Medien, dass die Beamtin nicht ihre Meinung, sondern die Expertise aus 17 US-Geheimdiensten vorgestellt habe. Republikanische Abgeordnete, die Trump nahestehen, sollen die kolportierten Erkenntnisse von CIA, NSA und anderen Geheimdiensten massiv angezweifelt haben.

Warum sich Trump beim Geheimdienst-Direktor beschwerte

Als Trump von der Unterrichtung der Parlamentarier im Nachhinein erfuhr, gab es nach Berichten von Augenzeugen, die sich der “Washington Post” offenbarten, einen Eklat. Trump beschwerte sich lautstark bei Geheimdienst-Direktor Maguire über die Informationsweitergabe an die Volksvertreter. Die an der Sitzung beteiligten Demokraten würden die erlangten Informationen nun zu einer “Waffe” gegen ihn machen und analog zu 2016 mutmaßlich seine Legitimation in Zweifel ziehen, sollte er die Wiederwahl schaffen.

Hintergrund: Als Eckpfeiler der Untersuchungen von Sonder-Ermittler Robert Mueller in der Russland-Affäre steht die von Trump geleugnete Erkenntnis der amerikanischen Geheimdienste, dass mit Prokura des Kreml russische Stellen 2016 gegen die Demokratin Hillary Clinton und für Trump gearbeitet haben.

Grenell soll offenbar als Schleusenwärter agieren

Dass Robert Maguire es zuließ, dass die Parlamentarier gebrieft wurden, empfand Trump dem Vernehmen nach als Affront. Kurz darauf kündigte er die Ablösung Maguires durch Deutschlands US-Botschafter Gretel an, der im Geheimdienst-Sektor als völlig unbeleckt gilt - aber als hundertprozentig loyal zu Trump.

Für den renommierten Sicherheitsexperten Matthew Miller liegt der Verdacht nahe, dass Richard Grenell in seiner neuen Funktion, die offenbar auf wenige Monate befristet sein soll, als eine Art Schleusenwärter agiert. Um für Trump potenziell schädliche Informationen aus der Geheimdienst-Community so gut es geht vor dem Kongress zu “verbergen”, und das in einem Wahljahr, “in dem Russland Trump wieder hilft”.

Dass der Präsident eine vorgeschriebene und übliche Unterrichtung des Kongresses in sensiblen Fragen der Sicherheit von Wahlen derart torpediert, hat bei den oppositionellen Demokraten Empörung ausgelöst. Trump untergrabe einmal mehr die “Integrität unserer Demokratie”, erklärte die Präsidentschaftskandidaten Elizabeth Warren. Es dürfe nicht sein, dass Russland sich “wieder in unsere Wahlen einmischt, damit Trump gewählt wird”.

Donald Trump und US-Politik – mehr zum Thema:

Bei der TV-Debatte der demokratischen Präsidentschaftskandidaten in Las Vegas kriegt Michael Bloomberg es von allen Seiten ab. Und kann nicht immer gut kontern. US-Botschafter Richard Grenell kehrt zurück in die USA und wird neuer Geheimdienstchef. Aber Donald Trumps Wahl stößt auf viel Kritik. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama hatte via Twitter die florierende US-Wirtschaft kommentiert – das gefiel seinem Nachfolger Donald Trump gar nicht.