Berlin/Washington. US-Präsident Donald Trump hat (mal wieder) genug von seinem Nationalen Sicherheitsberater. Am Dienstag ist John Bolton zurückgetreten.

Dass dem dienstältesten „Falken“ im Weißen Haus beizeiten die Flügel gestutzt würden, lag seit Wochen in der Luft. John Bolton, grau-weißer Walrossschnauzer, meist grimmig blickend, war zu oft mit seinem Herrn und Meister Donald Trump, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, angeeckt.

Ob Nordkorea, Iran oder just am Wochenende die Kontroverse um einen in letzter Minute abgesagten Taliban-Afghanistan-Gipfel auf amerikanischem Boden – die Expertise des 70-Jährigen als oberster Sicherheitsberater der USA fand seit seiner Berufung im Frühjahr 2018 als Nachfolger von General H.R. McMaster immer seltener die Geschmacks-Synapsen Trumps.

Dienstagmittag machte der für impulsive Entscheidungen bekannte Commander-in-Chief kurzen Prozess. Via Twitter ließ Trump seine 62 Millionen Anhänger wissen: “Ich habe John Bolton gestern Abend darüber informiert, dass seine Dienste im Weißen Haus nicht mehr benötigt werden.”

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John Bolton antwortet Donald Trump auf Twitter

Begründung: Zahlreiche Vorstöße des bereits unter Präsident George W. Bush eingesetzten Politprofis seien bei ihm, Trump, und Kabinettsmitgliedern auf Widerstand getroffen. Details? Keine. Nur wenige Minuten später schlug Bolton, offenkundig indigniert, zurück.

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Ebenfalls via Twitter erklärte er, am Montagabend aus freien Stücken Trump seinen Rücktritt angeboten zu haben. Der Präsident habe ihm aber zu verstehen gegeben, ein Nacht darüber schlafen zu wollen. „Lass uns morgen darüber sprechen.“ Gegenüber dem TV-Sender Fox News, wo Bolton bis zu seiner Berufung regelmäßig als Gast auftrat, betonte der Republikaner: „Damit das klar ist, ich bin zurückgetreten.“ Gefeuert oder zurückgetreten – egal wie: der abrupte Abgang des weltweit als Bellizist und Scharfmacher bekannten Bolton markiert ein weiteres Beispiel für die Auflösungserscheinungen im Umfeld Trumps, der mit fortlaufender Amtszeit immer weniger Widerspruch duldet.

Davon hatte Bolton zu genüge im Angebot. Dass Trump offenbar ernsthaft plante, Vertreter der indirekt für die Terror-Anschläge vom 11. September 2001 verantwortlichen Taliban in den präsidialen Landsitz Camp David einzuladen, um einen dubiosen Friedensplan für Afghanistan zu besiegeln, der einen massiven US-Truppenabzug zur Folge hätte, behagte Bolton überhaupt nicht.

Trump sagt Treffen mit Taliban ab

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    Bolton hatte wohl so lange intern gegen ein Treffen mit den Taliban gearbeitet, bis dieses tatsächlich abgesagt wurde. So getrieben zu werden, missfällt Trump über alle Maßen. Darum der Rausschmiss? Aus Regierungskreisen hieß es am Dienstag: „Da hat sich einfach sehr viel aufgestaut.“ Wichtigstes Indiz: der Iran. Bolton, seit jeher Advokat einer konfrontativen US-Außenpolitik, der bereits früher militärischen Interventionen im Iran (“Bombardiert den Iran, um Irans Bombe zu stoppen”) und in Nordkorea das Wort redete, erweckte zuletzt intern den Eindruck, Trump in einen Krieg mit Teheran ziehen zu wollen.

    Dabei weiß man, dass Trump seine Präsidentschaft unter anderem auf dem Versprechen aufgebaut hat, keine “dummen Kriege“ mehr zu führen und Auslandseinsätze generell zu reduzieren. Gleichwohl war es Bolton, der die Entsendung eines US-Flugzeugträgers und einer Bomberstaffel in die Nahost-Region zuletzt mit der Note flankierte: Die USA werden jeden „Angriff“ des Iran mit „unerbittlicher Kraft“ beantworten.

    Wenig später berichteten US-Medien, dass John Bolton zudem die Entsendung von 120.000 US-Soldaten nach Nahost befürworte, sollte es iranische Angriffe auf US-Truppen geben. Donald Trump persönlich dementierte den Zeitungsbericht als „Fake-News“ und überzog seinen Sicherheitsberater im Fernsehen mit Spott. „John Bolton ist absolut ein Falke“, sagte der Präsident bei NBC, „wenn es nach ihm ginge, würde er gegen die ganze Welt ziehen.” Daraus wird nun definitiv nichts mehr.

    Mit seinem letzten Arbeitstag im Weißen Haus endet die exekutive Karriere des Sohnes eines Feuerwehrmanns und einer Hausfrau aus Baltimore, der es mit harter Arbeit an die Eliteuniversität Yale schaffte. Insider rechnen damit, dass der wegen seiner Raubeinigkeit in diplomatischen Kreisen weltweit wenig gelittene Ex-UN-Botschafter nach einer „Zeit im Abklingbecken“ wieder bei Fox News auftaucht. Dann mutmaßlich als Kritiker der Trump’schen Außenpolitik, die ihm zu wenig entschlossen und konsequent erscheint. Wer sein Nachfolger im Weißen Haus wird – und damit bereits der vierte Nationale Sicherheitsberater Trumps seit Januar 2017 – wurde bereits am Dienstag bekannt.

    Donald Trump hat Charles Kupperman zum kommissarischen Nationalen Sicherheitsberater ernannt. Ein Regierungssprecher bestätigte am Dienstag nach der überraschenden Entlassung John Boltons Journalisten in Washington, dass Kupperman die Geschäfte vorübergehend übernehmen werde. Seit Anfang des Jahres war Kupperman Boltons Stellvertreter im Weißen Haus.