Berlin. Der Bundestag hat ein Gesetzespaket zu Einwanderung, Asyl und Abschiebungen verabschiedet. Wie sehen die Neuregelungen im Detail aus?

Der Bundestag hat am Freitag die Migrationsgesetze der Koalition verabschiedet. Es handelt sich dabei um insgesamt sieben Einzelgesetze. Die Einwanderung für Fachkräfte soll mit den neuen Gesetzen erleichtert werden. Im Gegenzug wird das Asyl- und Abschieberecht verschärft.

Bei der abschließenden Beratung im Bundestag lieferten sich Regierung und Opposition eine emotionale Debatte mit einem heftigen Schlagabtausch.

Mit den Stimmen der Koalition und der AfD verabschiedete der Bundestag schließlich verschärfte Regelungen für mehr Abschiebungen. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, über das im zweiten Schritt abgestimmt wurde, erhielt keine Zustimmung aus der Opposition. FDP, Grünen und der Linken geht es nicht weit genug.

Migrationspakt: Grüne sprechen von einer „Farce“

Die AfD lehnt eine weitere Öffnung des Arbeitsmarkts für Zuwanderer ab. Union und SPD verteidigten die verschärften Regelungen für Abschiebungen und lobten ihr Einwanderungsgesetz für Fachkräfte als Zäsur in der Migrationspolitik.

Grüne und Linksfraktion warfen Union und SPD vor, mit einer übereilten Verabschiedung der Gesetze vor allem die Handlungsfähigkeit der großen Koalition demonstrieren zu wollen. Von einer seriösen Beratung des umfangreichen Pakets könne keine Rede sein. Die Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, sprach von einer „Farce“.

Im Vorfeld schon viel Kritik an Migrationsgesetzen

Grüne und Linke waren im Bundestag zuvor mit dem Versuch gescheitert, das umfangreiche Migrationspaket der großen Koalition im letzten Moment von der Tagesordnung zu streichen.

Bereits im Vorfeld hat der Innenminister für Wirbel gesorgt.

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Doch was hat es mit den Gesetzen genau auf sich? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was ändert sich für Asylbewerber?

Einige von ihnen erhalten etwas mehr Geld, weil die Lebenshaltungskosten seit der letzten Anpassung gestiegen sind. Alleinstehende oder Alleinerziehende sollen künftig statt 135 Euro pro Monat 150 Euro erhalten. Die Anhebung soll aber „kostenneutral“ umgesetzt werden.

Das funktioniert, indem Geflüchtete, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, künftig so behandelt werden, als lebten sie in einer Partnerschaft. Das heißt, für sie gilt der niedrigere Regelsatz von demnächst dann 136 Euro pro Monat.

Außerdem sollen alleinstehende Erwachsene länger in Erstaufnahmeeinrichtungen wohnen – im Regelfall bis zu 18 Monate. Bisher werden sie grundsätzlich nach einem halben Jahr auf die Kommunen verteilt. Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsländern und „Identitätstäuscher“ sollen noch länger in den großen Einrichtungen bleiben. Für Familien gelten kürzere Fristen.

Werden demnächst mehr Ausländer abgeschoben?

Das ist zumindest die Hoffnung der Bundesregierung. Vor allem die Union sieht hier großen Handlungsbedarf, nachdem 2018 mehr als jede zweite Abschiebungen gescheitert war. Dass deutlich mehr abgelehnte Asylbewerber ohne Duldung abgeschoben werden, ist allerdings eher unwahrscheinlich.

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Dass die Hürden für Ausreisegewahrsam gesenkt werden, kann zwar in einigen Fällen verhindern, dass jemand kurz vor dem geplanten Flug abtaucht. An der Tatsache, dass sich einige Herkunftsländer bei der Identifizierung und Rücknahme ihrer Staatsbürger wenig kooperativ zeigen, wird sich durch das Vorhaben nichts ändern. Die Regierung nennt es „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“. Pro Asyl spricht vom „Hau-ab-Gesetz“.

Für wen wird der Zugang nach Deutschland leichter?

In vielen Branchen herrscht Personalmangel. Installateure, Programmierer, Pflegekräfte - die Liste der ausgebildeten Fachkräfte, die fehlen, ist lang. EU-Bürger dürfen zwar jetzt schon in Deutschland arbeiten und tun das auch in großer Zahl. Doch sie alleine werden das Fachkräfteproblem wohl nicht lösen.

Deshalb sollen die Einreisebestimmungen für qualifizierte Arbeitskräfte aus anderen Staaten etwas gelockert werden. Die bisher geltende Beschränkung auf Mangelberufe entfällt. Außerdem muss der Arbeitgeber nicht mehr nachweisen, dass er keinen Deutschen und auch keinen EU-Bürger gefunden hat, der den Job machen könnte.

Seehofer will schneller abschieben

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    Und weil IT-Spezialisten heiß begehrt sind, gibt es für sie eine Sonderregelung. Sie dürfen auch ohne Ausbildung einreisen – vorausgesetzt sie können nachweisen, dass sie im Ausland schon mehrere Jahre in der Branche gearbeitet haben.

    Außerdem können qualifizierte Arbeitsmigranten für eine kurze Zeit nach Deutschland kommen, um sich einen Job zu suchen. Bisher war ein Arbeitsvertrag Voraussetzung für die Einreise.

    Was ist mit abgelehnten Asylbewerbern, die Arbeit gefunden haben?

    Diejenigen von ihnen, die einen festen Job haben, ihren Lebensunterhalt über einen längeren Zeitraum selbst bestreiten und Deutsch sprechen, sollen eine „Duldung“ erhalten. Damit dürfen sie dann erst einmal bleiben. Damit diese Regelung nicht als Einladung für unqualifizierte Migranten aus aller Welt verstanden wird, bleibt sie auf Altfälle beschränkt. Nur wer vor dem 1. August 2018 eingereist ist, kann die „Beschäftigungsduldung“ erhalten.

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    Eine verlässliche Bleibeperspektive erhalten außerdem Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis, die eine Ausbildung angefangen haben. Das ist zwar nicht ganz neu. Die „Ausbildungsduldung“ wird jetzt aber auf bestimmte Helferberufe ausgeweitet.

    Ist damit jetzt alles durch?

    Nein. Eine achte Reform steht noch aus. Über Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht soll am Monatsende abgestimmt werden. Hier geht es darum, Doppelstaatlern, die sich einer Terrormiliz anschließen, den deutschen Pass wegzunehmen. Wer in einer Mehrehe lebt, darf nicht eingebürgert werden. Stellt sich in den ersten zehn Jahren nach der Einbürgerung heraus, dass der Neubürger über seine Identität gelogen hat, wird der Verwaltungsakt rückgängig gemacht. Das geht bisher nur fünf Jahre lang.

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      Könnten einige dieser Gesetzentwürfe im Bundesrat gestoppt werden?

      Die umstrittenen Regelungen zur Abschiebung und zur Duldung für abgelehnte Asylbewerber mit festem Job kann die Länderkammer nicht aufhalten. Zustimmungspflichtig sind lediglich die neuen Regelsätze für Asylbewerber und neue Vorgaben für den Austausch von Daten aus dem Ausländerzentralregister zwischen verschiedenen Behörden.

      Hier geht es vor allem darum, dass die Nummer, mit der ein Ausländer in dem Register gespeichert ist, übermittelt werden darf. Das soll unter anderem verhindern, dass Zuwanderer wegen unklarer Schreibweise unter verschiedenen Namen registriert werden. Datenschützer halten die geplante Regelung für bedenklich. (les/dpa/epd)

      Das ist das Bundeskabinett

      Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am 14. März 2018 zum vierten Mal zur Regierungschefin gewählt worden. Auch ihr Bundeskabinett aus SPD-, CDU- und CSU-Ministern wurde vereidigt. Wir stellen das Kabinett vor.
      Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am 14. März 2018 zum vierten Mal zur Regierungschefin gewählt worden. Auch ihr Bundeskabinett aus SPD-, CDU- und CSU-Ministern wurde vereidigt. Wir stellen das Kabinett vor. © dpa | Gregor Fischer
      Nach der Wahl im Bundestag wurde Merkel von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Bundeskanzlerin ernannt.
      Nach der Wahl im Bundestag wurde Merkel von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) zur Bundeskanzlerin ernannt. © Getty Images | Michele Tantussi
      Ursula von der Leyen (CDU) bleibt Bundesverteidigungsministerin. Sie ist eine von drei Frauen aus der sechsköpfigen CDU-Ministerriege.
      Ursula von der Leyen (CDU) bleibt Bundesverteidigungsministerin. Sie ist eine von drei Frauen aus der sechsköpfigen CDU-Ministerriege. © dpa | Wolfgang Kumm
      Peter Altmaier (CDU) ist Wirtschaftsminister. Zuvor war der Merkel-Vertraute Bundesminister für besondere Aufgaben – der offizielle Name für den Posten, der kurz Kanzleramtsminister genannt wird.
      Peter Altmaier (CDU) ist Wirtschaftsminister. Zuvor war der Merkel-Vertraute Bundesminister für besondere Aufgaben – der offizielle Name für den Posten, der kurz Kanzleramtsminister genannt wird. © imago/Metodi Popow | M. Popow
      Anja Karliczek (CDU) ist Ministerin für Bildung und Forschung. Vor ihrer Vereidigung war sie Bundestagsabgeordente aus NRW.
      Anja Karliczek (CDU) ist Ministerin für Bildung und Forschung. Vor ihrer Vereidigung war sie Bundestagsabgeordente aus NRW. © imago/photothek | Florian Gaertner/photothek.net
      Jens Spahn (CDU) ist Gesundheitsminister. Zuvor war er parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium.
      Jens Spahn (CDU) ist Gesundheitsminister. Zuvor war er parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium. © dpa | Kay Nietfeld
      Julia Klöckner ist Landwirtschaftsministerin und gleichzeitig CDU-Vize sowie Mitglied im CDU-Bundesvorstand.
      Julia Klöckner ist Landwirtschaftsministerin und gleichzeitig CDU-Vize sowie Mitglied im CDU-Bundesvorstand. © dpa | Andreas Arnold
      Der CDU-Politiker Helge Braun, Jahrgang 1972, ist neuer Kanzleramtsminister.
      Der CDU-Politiker Helge Braun, Jahrgang 1972, ist neuer Kanzleramtsminister. © imago/photothek | Inga Kjer/photothek.net
      CSU-Chef Horst Seehofer, als bayerischer Ministerpräsident von seiner Partei nicht mehr gewollt, ist Innenminister. Die CSU handelte indes aus, dass das Innenministerium um die Bereiche Heimat und Bauen erweitert wird.
      CSU-Chef Horst Seehofer, als bayerischer Ministerpräsident von seiner Partei nicht mehr gewollt, ist Innenminister. Die CSU handelte indes aus, dass das Innenministerium um die Bereiche Heimat und Bauen erweitert wird. © imago/IPON | Stefan Boness/Ipon
      Die CSU stellt insgesamt drei Minister, darunter auch Andreas Scheuer, zuvor Generalsekretär seiner Partei: Der Politiker Jahrgang 1974 ist Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur.
      Die CSU stellt insgesamt drei Minister, darunter auch Andreas Scheuer, zuvor Generalsekretär seiner Partei: Der Politiker Jahrgang 1974 ist Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. © dpa | Kay Nietfeld
      Gerd Müller (CSU) bekam seine Ernennungsurkunde als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Müller hatte das Amt auch schon im vorhergehenden Merkel-Kabinett inne.
      Gerd Müller (CSU) bekam seine Ernennungsurkunde als Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ebenfalls von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Müller hatte das Amt auch schon im vorhergehenden Merkel-Kabinett inne. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
      Die SPD stellt insgesamt sechs Minister in der dritten großen Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel. Olaf Scholz ist Finanzminister und der Vizekanzler. Der SPD-Politiker war zuvor Hamburgs Erster Bürgermeister und von 2002 bis 2004 SPD-Generalsekretär.
      Die SPD stellt insgesamt sechs Minister in der dritten großen Koalition unter Bundeskanzlerin Merkel. Olaf Scholz ist Finanzminister und der Vizekanzler. Der SPD-Politiker war zuvor Hamburgs Erster Bürgermeister und von 2002 bis 2004 SPD-Generalsekretär. © imago/IPON | Stefan Boness/Ipon
      Heiko Maas (SPD) ist in Merkel Kabinett Außenminister. Im Kabinett Merkel III hatte er zuvor das Amt des Justizministers inne.
      Heiko Maas (SPD) ist in Merkel Kabinett Außenminister. Im Kabinett Merkel III hatte er zuvor das Amt des Justizministers inne. © dpa | Michael Kappeler
      Hubertus Heil, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, ist Arbeits- und Sozialminister und bekam die entsprechende Urkunde vom Bundespräsidenten.
      Hubertus Heil, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, ist Arbeits- und Sozialminister und bekam die entsprechende Urkunde vom Bundespräsidenten. © Getty Images | Michele Tantussi
      Franziska Giffey (SPD), zuvor Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln, ist die neue Familienministerin.
      Franziska Giffey (SPD), zuvor Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Neukölln, ist die neue Familienministerin. © dpa | Karlheinz Schindler
      Svenja Schulze (SPD), bisher Generalsekretärin der NRW-SPD, hat nun den Posten als Umweltministerin inne.
      Svenja Schulze (SPD), bisher Generalsekretärin der NRW-SPD, hat nun den Posten als Umweltministerin inne. © dpa | Rolf Vennenbernd
      Und das sind die Staatsminister: SPD-Politiker Michael Roth ist Staatsminister für Europaangelegenheiten im Auswärtigen Amt.
      Und das sind die Staatsminister: SPD-Politiker Michael Roth ist Staatsminister für Europaangelegenheiten im Auswärtigen Amt. © Getty Images | Carsten Koall
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      Die CSU-Politikerin Dorothee Bär ist Staatsministerin für Digitales und im Kanzleramt angesiedelt. © dpa | Karlheinz Schindler
      SPD-Politikerin Katarina Barley übernahm zunächst das Justizministerium. Nach der Europawahl wechselt sie allerdings nach Brüssel.
      SPD-Politikerin Katarina Barley übernahm zunächst das Justizministerium. Nach der Europawahl wechselt sie allerdings nach Brüssel. © imago/Reiner Zensen | Reiner Zensen
      Neue Bundesjustizministerin wird Christine Lambrecht (SPD). Sie war zuvor parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion.
      Neue Bundesjustizministerin wird Christine Lambrecht (SPD). Sie war zuvor parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. © imago/Metodi Popow | M. Popow
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      Monika Grütters (CDU) bleibt Kulturstaatsministerin. © Getty Images | Pascal Le Segretain
      Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering, Frau des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, ist Staatsministerin für internationale Kulturpolitik.
      Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering, Frau des früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, ist Staatsministerin für internationale Kulturpolitik. © dpa | Kay Nietfeld
      Feierlicher Termin am 14. März 2018 im Schloss Bellevue in Berlin (v.l.n.r.): Helge Braun (CDU), Gerd Müller (CSU), Anja Karliczek (CDU), Jens Spahn (CDU), Katarina Barley (SPD, inzwischen nach Brüssel gewechselt), Julia Klöckner (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Heiko Maas (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz (SPD), Horst Seehofer (CSU), Peter Altmaier (CDU), Hubertus Heil (SPD), Franziska Giffey (SPD), Andreas Scheuer (CSU) und Svenja Schulze (SPD).
      Feierlicher Termin am 14. März 2018 im Schloss Bellevue in Berlin (v.l.n.r.): Helge Braun (CDU), Gerd Müller (CSU), Anja Karliczek (CDU), Jens Spahn (CDU), Katarina Barley (SPD, inzwischen nach Brüssel gewechselt), Julia Klöckner (CDU), Ursula von der Leyen (CDU), Heiko Maas (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz (SPD), Horst Seehofer (CSU), Peter Altmaier (CDU), Hubertus Heil (SPD), Franziska Giffey (SPD), Andreas Scheuer (CSU) und Svenja Schulze (SPD). © dpa | Bernd von Jutrczenka
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