Berlin. Die Einigung auf „Transitzentren“ hat den Streit in der Union beendet. Wie sie genau funktionieren sollen, ist allerdings noch unklar.

Die Ruhe währt nur kurz. CDU und CSU feierten sich für ihren

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, der mögliche Bruch der Union und ein wahrscheinliches Ende der Regierung war in einer letzten Krisensitzung verhindert worden. Die Parteichefs, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU), saßen beisammen, notierten Ideen zu „Zurückweisungen“ von Flüchtlingen. Den Frieden brachte am Ende ein Wort: „Transitzentren“. Dieses Wort war die Lösung – doch es ist nun auch Auslöser einer neuen Debatte.

Jetzt streiten nicht mehr die Unionsfraktionen, sondern SPD und Union, aber auch Opposition und Regierung. „Transitzentren“ – der Begriff polarisiert. Sind es nur „Zentren“? Sind es „Lager“? Sperrt Deutschland Schutzsuchende in

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So genau weiß niemand, wie die

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am Ende aussehen sollen.

Hitzige Debatte zwischen Regierung und Opposition

Klar ist nur: Die Union will Sammellager für Flüchtlinge in Bayern aufbauen, die bereits in einem anderen EU-Staat als Asylbewerber registriert sind oder dort sogar bereits ein Asylverfahren laufen haben. Deutsche Polizisten erkennen das, wenn sie die Fingerabdrücke einer Person in die EU-Asyldatenbank

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eingeben.

Erscheint ein Treffer im System, soll eine Person nicht mehr direkt zurück nach Österreich geschickt werden (wie von der CSU in den vergangenen Wochen gefordert), sondern in das „Transitzentrum“ kommen. Und von dort möglichst schnell zurück in das EU-Land, das für das Asylverfahren laut der sogenannten Dublin-Verordnung zuständig ist. Meist Griechenland, Spanien oder Italien, weil dort die Flüchtlinge zuerst in Europa ankommen.

„Transitzentren“ sind rechtlich umstritten

Bisher sind die „Transitzentren“ nur unmittelbar nahe der deutsch-österreichischen Grenze geplant. Rechtlich umstritten ist: Die Lager liegen auf deutschem Staatsgebiet, zählen aber offiziell nicht zu Deutschland. So wollen CDU und CSU verhindern, dass bereits in der EU registrierte Flüchtlinge offiziell nach Deutschland einreisen und dann die reguläre Dublin-Prüfung durchlaufen, nach derer die Menschen dann zurückgeschickt werden können in den EU-Staat, in dem das Asylverfahren läuft.

Diese Prüfungen dauern in der Praxis derzeit oftmals lange, häufig funktioniert die Übernahme durch andere Länder nicht. Viele Schutzsuchende bleiben hier – und damit landet auch ihr Asylverfahren in Deutschland. Mit den „Transitzentren“, so der Plan der Union, werden Flüchtlinge nicht an der Grenze nach Österreich zurückgewiesen – sie reisen aber auch nicht nach Deutschland ein.

Asyleinigung der Union hängt an SPD

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    Der Plan ist: In kurzer Zeit soll geklärt werden, in welchem Staat das Asylverfahren eines Flüchtlings läuft. Innenminister Seehofer will nun Abkommen mit anderen EU-Ländern schließen. Sie dienen als rechtliche Grundlage dafür, dass die Menschen direkt aus den „Zentren“ in den jeweiligen Staat abgeschoben werden. Das Recht auf ein Asylverfahren in Deutschland haben sie nicht.

    Und die Polizei soll die „Transitzentren“ überwachen, ein Abtauchen von Flüchtlingen verhindern. Es ist der Punkt in dem Plan, der am stärksten umstritten ist. Sperrt Deutschland Flüchtlinge ein? Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt hatte die „Zentren“ als „Haftlager im Niemandsland“ bezeichnet. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil und die stellvertretenden Parteivorsitzenden Malu Dreyer und Ralf Stegner

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    „Wir wollen keine Flüchtlingsfamilien hinter bewachten Zäunen“, twitterte Stegner.

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    Hitzige Debatte auch im Bundestag

    Innenminister Seehofer sieht das anders: „Es ist weder eine Haft, noch ist da von Stacheldraht oder ähnlichem die Rede. Das ist ein Aufenthalt, der längstens 48 Stunden dauern kann nach unserem Grundgesetz“, sagt er bei n-tv. Ein anderer Unionspolitiker sagt dieser Redaktion, dass die „Transitzentren“ nicht geschlossen seien. Es gebe einen Ausgang – „den Richtung Österreich“. Wenn ein Schutzsuchender dorthin zurück wolle, müsse die Polizei ihn aus dem bewachten Lager entlassen und zur Grenze des Nachbarstaates transportieren.

    Auch im Bundestag verlief die Debatte hitzig. Anton Hofreiter war es, der die Union frontal angriff. „Wenn Sie in Deutschland Inhaftierungslager zulassen, dann hat das mit europäischen Werten nichts zu tun“, rief der Chef der Grünen-Bundestagsfraktion den Abgeordneten von CDU und CSU zu. „Das ist ein Dammbruch der Unmenschlichkeit, was Sie da organisieren!“

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      Merkel: „Es muss mehr Ordnung in alle Arten der Migration“

      Große Empörung in den Reihen der Union. Deren Fraktionschef Volker Kauder (CDU) warf Hofreiter „üble Verleumdungen“ vor. Es handele sich bei den „Transitzentren“ um „Unterkünfte“. Kanzlerin Merkel hob in ihrer Rede hervor: „Es muss mehr Ordnung in alle Arten der Migration kommen, damit Menschen den Eindruck haben, Recht und Ordnung wird durchgesetzt.“

      Auch die CSU verteidigt den Plan. „Transitzentren sind keine Gefängnisse. In den Zentren kann sich jeder frei bewegen, raus darf aber niemand“, sagte der Staatssekretär im Innenministerium, Stephan Meyer, der „Bild“. Die Integrationsbeauftragte des Bundes, Annette Widmann-Mauz (CDU), sprach sich ebenfalls für die Einrichtungen aus, forderte jedoch, dass „der Schutz gerade von Kindern und Frauen sichergestellt sein“ müsse. Seehofer solle zudem „mit Staaten wie Österreich und Italien humanitäre Lösungen finden“, sagte Widmann-Mauz dieser Redaktion.

      Vorbild sind die Transitzonen an Flughäfen

      Die „Transitzentren“ – sind sie Recht oder Unrecht? Darüber ist nicht nur ein Streit unter Politikern entbrannt, sondern auch unter Juristen. Vorbild für die grenznahen Einrichtungen soll laut CDU und CSU rechtlich ein Verfahren sein, das bereits seit den 1990er-Jahren an deutschen Flughäfen gilt. Dort existieren sogenannte Transitzonen – ebenfalls Bereiche eines Terminals, die noch vor den Grenzkontrollen der deutschen Beamten liegen und damit offiziell nicht zu Deutschland zählen.

      „Für die Transitzonen an Flughäfen gilt eine maximale Aufenthaltsdauer von 19 Tagen“, sagt der Göttinger Europarechtler Roman Lehner „Spiegel Online“. Sei eine Abschiebung bis dahin nicht möglich, müsse dem Asylsuchenden die Einreise ins Bundesgebiet erlaubt werden. Während der Zeit der Prüfung der Person und der Vorbereitung einer möglichen Rückführung ist der illegal Eingereiste an Flughäfen wie München oder Düsseldorf meist in einfachen Containern untergebracht.

      Koalitionsausschuss trifft sich am Donnerstag

      Doch andere Experten halten die „Transitzentren“ für rechtswidrig. Bei den exterritorialen Zonen an Flughäfen handele es sich offiziell um eine Außengrenze der EU. An der deutsch-österreichischen Grenze gehe es hingegen um eine binneneuropäische Grenze. Laut EU-Dublin-Verordnung dürfe ein Asylsuchender nicht einfach in einen anderen Staat der Schengen-Gemeinschaft abgeschoben werden. Zumal wenn Österreich dem nicht zustimmt.

      Viele Fragen – rechtliche und praktische – sind auch nach ersten Debatten unklar. Am Donnerstag wollen die Spitzen von Union und SPD erneut im Koalitionsausschuss darüber verhandeln – Ausgang offen. Sicher ist nur, dass die tagelange Diskussion um ein Vielfaches größer ist als das eigentliche Problem: Pro Tag werden an der bayerischen Grenze zu Österreich – und nur um diesen Teil der deutschen Außengrenze geht es der CSU –

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      die schon in einem anderen EU-Land Asyl beantragt haben. Es sind Zahlen aus dem Innenministerium von Horst Seehofer.