Berlin. Eine Studie zur Mobilität der Deutschen zeigt: Das Auto bleibt wichtigstes Verkehrsmittel, aber Räder werden immer häufiger genutzt.

Diese Zahl hat selbst die Experten vom ADAC beeindruckt: Alle Staus, die es am vergangenen Freitag auf deutschen Straßen gab, bildeten zusammen eine rekordverdächtige Länge von mehr als 10.000 Kilometern. Das ist die Entfernung von Berlin nach Kapstadt in Südafrika. Einer der Gründe dafür war nach Einschätzung des Autoclubs, dass die Deutschen dieses Jahr weniger Fernreisen machen, sondern lieber in die Nachbarländer fahren – und das vor allem mit dem Auto.

Dass die Deutschen begeisterte Autofahrer sind, zeigt auch eine noch unveröffentlichte Studie im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums, die dieser Redaktion vorliegt. Danach ist das Auto nach wie vor Verkehrsmittel Nummer eins, auch wenn die Bedeutung des Fahrrads und des öffentlichen Verkehrs zunimmt. „Die Verkehrswende ist in Ansätzen erkennbar, erreicht aber nicht die oft erwartete Gesamtdynamik“, heißt es in der Studie. Mehr noch: Dass mehr Menschen auf Bus, Bahn und das Rad umsteigen, liege weniger an bewussten politischen Weichenstellungen, meinen die Studienautoren, sondern sei Ergebnis davon, dass mehr Menschen in Städten leben und es mehr Berufstätige gibt.

60 Prozent des Verkehrsaufkommens entfällt auf das Auto

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glaubt dennoch an grundlegende Veränderungen: „Wir werden bis 2030 eine Revolution der Mobilität erleben“, sagte der CSU-Politiker dieser Redaktion. Zwischen Fahrrad und Auto werde es „immer mehr Zwischenformen wie den Streetscooter geben“, meint Scheuer. Und: Die Mobilität werde bald stärker mit digitaler Unterstützung gestaltet.

Der Studie zufolge, die 2017 vom Institut Infas durchgeführt wurde und für die mehr als 300.000 Personen befragt wurden, gibt es in deutschen Haushalten inzwischen die Rekordzahl von 43 Millionen Pkw. Das bedeutet nicht nur, dass es in jedem fünften Haushalt zwei Autos gibt und vier Prozent der Haushalte sogar drei Autos haben. Es bedeutet auch, dass nach wie vor knapp 60 Prozent des Verkehrsaufkommens auf das Auto entfällt, in ländlichen Regionen ist es sogar tendenziell mehr.

Vier Millionen Räder gibt es mit Elektro-Unterstützung

In den Städten entscheiden sich vor allem jüngere Menschen für andere Formen der Fortbewegung, das zeigt die leicht sinkende Zahl von Führerscheinen bei unter 30-Jährigen. Die Zahl der autofahrenden Senioren steigt dagegen, vor allem der Anteil älterer Frauen hinterm Steuer steigt.

Verkehrsmittel Nummer zwei ist das Fahrrad, es wird allerdings deutlich seltener benutzt: Der Anteil der mit dem Rad zurückgelegten Wege liegt bei nur elf Prozent. Immerhin ist dieser Wert gegenüber dem Jahr 2002, als die Studie das erste Mal durchgeführt wurde, um zwei Prozentpunkte gestiegen. „Es wird nicht nur öfter, sondern auch weiter Rad gefahren“, heißt es in der Studie. Inzwischen gibt es in Deutschland 72 Millionen Fahrräder, das sind fünf Millionen mehr als noch vor 15 Jahren. Vier Millionen Räder haben inzwischen Elektro-Unterstützung.

Nur wenige Menschen nutzen den Fernbus oder Carsharing

Nur zehn Prozent der Wege legen die Deutschen mit öffentlichen Bussen und Bahnen zurück (2002 waren es acht Prozent). Beides sind zugleich die Verkehrsmittel, die von den Befragten am wenigsten gern genutzt werden. Dazu passt, dass mehr als 90 Prozent der Deutschen sagen, für Strecken von mehr als 100 Kilometer selten oder nie

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zu benutzen.

nutzt nur eine verschwindend geringe Minderheit von einem Prozent regelmäßig.

Das gleiche gilt für

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oder Mietfahrräder, die nur in Metropolen angeboten und genutzt werden. Diese neuen Mobilitätsformen seien aber dennoch „längst in unserem Alltag angekommen“, findet Minister Scheuer. Bemerkenswert hoch ist der Anteil der Wege, die zu Fuß zurückgelegt werden: Seit Jahren liegt er bei mehr als 20 Prozent, allerdings mit sinkender Tendenz.

Die Deutschen fahren 16 Kilometer zur Arbeit

Insgesamt sind die Deutschen jeden Tag gut 3,2 Milliarden Kilometer unterwegs. Heruntergerechnet auf die einzelne Person sind dies täglich 39 Kilometer, wobei allein der Weg zur Arbeit durchschnittlich 16 Kilometer lang ist und eine knappe halbe Stunde dauert. Während sich die gesamte Wegstrecke in den vergangenen Jahren kaum geändert hat, gibt es Unterschiede bei den Gründen, weshalb sich jemand auf den Weg macht.

So sind seit 2002, dem Jahr der ersten Studie, mehr Menschen auf dem Weg zur Arbeit oder auch während der Arbeit unterwegs. Das liegt daran, dass es bei etwa gleichbleibender Bevölkerungszahl mehr Beschäftigte gibt. Gleichzeitig wächst der Lieferverkehr. Und: Offenbar ändert sich das Einkaufsverhalten; es werden weniger Kilometer zu diesem Zweck zurückgelegt. Ob das am Online-Handel liegt, ist noch unerforscht.